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Racheengel

Racheengel

Titel: Racheengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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dem Moment erkannte, wo man wieder wegsah. Details wie eine Scherbe von einem Spiegel und der Pass eines Mädchens.
    Er hörte leises Atmen an seinem Ohr, aber keine Begrüßung.
    »Hey, Schatz«, sagte er.
    »Hallo«, antwortete Ellen mit schlaftrunkener Stimme.
    »Wie geht es dir?«
    »Geht so.«
    »Nur geht so?«
    »Mm.«
    »Hast du mit Lucy gespielt?«
    »Mmm.«
    »Hast du schön geschlafen?«
    »Ging so. Ich hatte einen bösen Traum.«
    »Was denn für einen?«, fragte Lennon. Langweilig waren ihre Träume selten.
    »Mit einer Frau«, sagte Ellen. »Hinter der waren Hunde her. Sie hatten Finger statt Zähnen.«
    »Hört sich gruselig an.«
    »Mmm.«
    »Aber jetzt ist wieder alles gut, ja?«
    »Mmm. Wann kommst du nach Hause?«
    »Das dauert noch ein bisschen«, sagte Lennon.
    Ellen antwortete nicht.
    »Heute Nachmittag«, versprach er. »Vielleicht auch erst heute Abend.«
    »Okay«, sagte Ellen.
    Das Telefon machte klick, sie hatte aufgelegt.
    Lennon sah noch einen Moment sein Handy an, dann steckte er es wieder ein.
    Seine Gedanken kehrten zurück zu Tomas Strazdas und den weiteren Leichen, die in seinem Kielwasser zu schwimmen schienen. Soweit Lennon es beurteilen konnte, war Strazdas ein gewöhnlicher Ganove gewesen, genau wie die Mawhinney-Brüder. Keine Mistkerle von der Sorte, wegen der Bandenkriege ausbrachen. Irgendetwas anderes musste also hinter den Morden stecken, irgendein tieferer Grund. Lennon vermutete – nein, er hatte sogar das untrügliche Gefühl, dass das Mädchen, dessen Pass da vor ihm lag, etwas damit zu tun hatte.
    Es musste mehr hinter diesem Tomas stecken, als oberflächlich zu erkennen war. Und wenn man unter diese Oberfläche spähen wollte, dann gab es bei der Polizei nur eine Abteilung, mit der es sich zu reden lohnte. Lennon zögerte einen Moment, schließlich nahm er das Telefon vom Schreibtisch und tippte die Durchwahl des Geheimdienstes C3 ein.
    »DI Lennon, ich möchte DCI Hewitt sprechen«, sagte er.
    Während er sich irgendein Warteschleifen-Gedudel anhörte, schluckte er seinen Widerwillen herunter, dass er ausgerechnet Hewitt um Hilfe bat. Am meisten litt sein früherer Freund an seinem Verrat durch eine Kugel im Bein, die er einem Verrückten namens Gerry Fegan zu verdanken hatte.
    Jetzt war Fegan tot und eine Menge anderer Leute auch. Dan Hewitt hatte genauso viel Blut an den Händen wie die, gegen die er ermittelte, und dieses Wissen gab Lennon gegenüber seinem ehemaligen Freund ein Druckmittel in die Hand. Bisher hatte er es erst einmal eingesetzt, bei der Aufklärung der Geschehnisse, die Marie das Leben gekostet hatten. Eines Tages würde er Hewitt zur Rechenschaft ziehen, aber im Moment war er noch zu nützlich, sosehr es Lennon auch anwiderte, sich mit ihm abgeben zu müssen.
    Das Gedudel brach ab.
    »Was willst du?«, fragte Hewitt.
    »Wie geht’s, Dan?«
    »Leck mich doch«, sagte Hewitt. »Was willst du?«
    »Nur eine kleine Orientierungshilfe«, sagte Lennon. »Du bist doch sicher im Bilde über die Morde an Tomas Strazdas, Sam Mawhinney sowie einer weiteren, nicht identifizierten männlichen Person.«
    »Ja, wir haben ein Auge auf die Sache.«
    »Und jetzt noch ein Mord in Sydenham«, fuhr Lennon fort. »Mark Mawhinney. Du kannst mich ja für verrückt erklären, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass die alle miteinander zusammenhängen.«
    »Wir erwägen diese Möglichkeit«, räumte Hewitt ein. »Aber könnte es vielleicht sein, dass du ein bisschen zu weit vorpreschst? Sobald man offiziell von einer Verbindung zwischen diesen Morden ausgeht, wird man ein MIT mit der Sache betrauen. Im Moment ist der einzige Fall, der dich etwas angeht, Tomas Strazdas.«
    »Du hast ja wirklich alles im Blick, Dan?«
    »Gut informiert zu sein gehört zu meinen Aufgaben«, sagte Hewitt. »Ich weiß zum Beispiel, dass man den Mann, der zusammen mit Sam Mawhinney aufgefunden wurde, als Darius Banys identifizieren wird, einen Mitarbeiter unseres jungen Tomas. Oder besser gesagt, seinen Babysitter.«
    »Babysitter?«
    »Tomas hat ständig in irgendwelchen Schwierigkeiten gesteckt«, erklärte Hewitt. »Dieser Darius hatte hauptsächlich die Aufgabe, ihn im Auge zu behalten und zu verhindern, dass er sich selbst und anderen zu viel Schaden zufügte.«
    »In welcher Beziehung stand Tomas zu den beiden Brüdern?«
    Hewitt seufzte. »Warum ermittelst du nicht mal selbst ein bisschen, Jack?«
    »Weil du und deine Kumpel im C3 uns anderen immer einen Schritt voraus seid«,

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