Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Racheengel

Racheengel

Titel: Racheengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
Vom Netzwerk:
Wand.
    Auch massiv.
    Die Rückwand.
    Hohl.
    Galya klopfte weiter, untersuchte die gesamte Oberfläche und hörte dabei genau hin. Von links nach rechts arbeitete sie sich Zentimeter für Zentimeter vor. Bis zur Mitte hin klang jedes Klopfen hohl. Dann kam ein vielleicht vier Zentimeter breiter massiver Streifen, danach klang es wieder hohl.
    Galya stieg aus dem Schrank und hob die Schubladenblende vom Boden auf. Die Ecken waren von den Schlägen gegen die Scheibe schon stumpf, aber etwas anderes hatte sie nicht. Sie stieg wieder in den Schrank und hob das Schubladenteil in Schulterhöhe. Mit aller Kraft rammte sie es gegen die hölzerne Rückwand.
    Von irgendwo über ihr meldete sich wieder das Tiergeheul. Galya schloss die Augen und rief noch einmal Mamas Seele an.
    Sie schlug ein zweites Mal auf die Wand ein. Staub rieselte herab, und die Stimme schrie erneut.
    Noch ein Schlag mit voller Wucht, und ein Brocken vom Putz fiel herunter. Dahinter kamen schmale Holzlatten zum Vorschein.
    »Danke, Mama«, flüsterte Galya.

32
    Lennon fand Roscoe Patterson beim Billardspielen in einem Nachbarschaftsklub in der Sandy Row. Roscoe sah nicht auf, als Lennon eintrat. Er machte seinen Stoß, lochte die braune Halbe ein und nahm die nächste Kugel ins Visier.
    »Nur auf ein Wort«, sagte Lennon und klopfte sich den Schnee von den Schuhen.
    »Verpiss dich«, knurrte Roscoe. Er versenkte die gelbe Halbe.
    Sein Gegner funkelte ihn an. Aus den düsteren Ecken der Bar beobachtete sie ein halbes Dutzend Zecher.
    »Das ist aber nicht nett«, sagte Lennon im freundlichsten Tonfall, den er in dieser Umgebung zuwege brachte. »Komm schon, nur ganz kurz. Ich brauche nicht länger als eine Minute, danach kannst du weiter deinen Freund da fertigmachen.«
    Roscoe sah zu seinem Kumpel hoch, würdigte Lennon aber keines Blickes. Er legte das Queue auf den Tisch und marschierte mit vorgerecktem Kinn und abgewandtem Blick an Lennon vorbei zur Tür. Am Eingang nahm er einen Mantel vom Haken.
    Lennon folgte ihm über ein Stück Brachland, das als Parkplatz diente.
    »Du solltest eigentlich schlau genug sein, dich hier nicht blicken zu lassen«, knurrte Roscoe und fischte eine Packung Zigaretten aus seiner Manteltasche. »Wie kommst du auf die Idee, ich hätte dir irgendwas zu sagen? Du hast Glück, dass ich dir nicht dasHirn habe wegpusten lassen, als du das letzte Mal aufgekreuzt bist und Fragen gestellt hast.«
    »Wenn man verzweifelt ist, greift man nach jedem Strohhalm«, antwortete Lennon. Er zeigte auf Roscoes Zigaretten. »Hast du eine übrig?«
    »Nicht für dich«, sagte Roscoe. Er mache eine hohle Hand um das Feuerzeug, bis die Zigarette brannte.
    Lennon zog sie ihm aus dem Mund und steckte sie sich selbst zwischen die Lippen. Er inhalierte den heißen Rauch.
    »Du dreister Scheißkerl«, fluchte Roscoe und griff eine neue Zigarette aus dem Päckchen.
    »Reizend wie immer«, sagte Lennon. »Es wird nicht lange dauern. Wenn du mir hilfst, verziehe ich mich. Wenn nicht, komme ich zum Weihnachtsessen bei dir vorbei.«
    Roscoe zündete sich die Zigarette an und steckte das Päckchen ein. Schnee legte sich auf seinen kahlgeschorenen Kopf. Er zog seine Kapuze über.
    »Ach, du Scheiße, das schlag dir mal lieber aus dem Kopf. Meine Alte kann einen Truthahn nicht von einem Hundehaufen unterscheiden.« Er nahm kurz die Zigarette aus dem Mund und spuckte in den Schnee. »Also, was willst du?«
    »Sam und Mark Mawhinney.«
    Roscoe grinste. »Ach, die beiden. Das war doch mit Ansage. Zwei Mistkerle. Früher haben sie mal hier und da für mich gearbeitet, aber dann haben sie einmal zu oft lange Finger gemacht. Ich habe ihnen eine Abreibung verpasst und ihnen gesagt, sie sollen sich verpissen. Danach haben sie sich mit Rodney Croziers Leuten zusammengetan, da haben sie ja auch hingepasst.«
    »Als Zuhälter?«
    Roscoe grinste noch verächtlicher. »Das solltest du doch am besten wissen.«
    Lennon spürte, wie ihm trotz der eiskalten Brise eine heißeRöte ins Gesicht stieg. »Pass auf, was du sagst«, warnte er. Er konnte Roscoes Blick nicht standhalten. »Solche Sachen mache ich nicht mehr.«
    Früher hatten Lennon und Roscoe ein Arrangement gehabt. Lennon ließ sich in einigen der Wohnungen blicken, in denen Roscoe seine Mädchen anschaffen ließ, nahm deren Dienste kostenfrei in Anspruch, und als Gegenleistung gab es nie eine Razzia. Alle waren zufrieden. Roscoes Laden war sauber, jedenfalls so sauber, wie es in so einem Geschäft überhaupt ging,

Weitere Kostenlose Bücher