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Racheengel

Racheengel

Titel: Racheengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart Neville
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Fahrern herum. Vielleicht fällt ja jemandem was dazu ein. In Ordnung?«
    Herkus nickte.
    »Und sei du bloß vorsichtig mit der Waffe da«, sagte Maxwell. »Wenn sie dich mit den Patronen oder dem Koks erwischen, hast du das Zeug nicht von mir, klar?«
    »Klar«, sagte Herkus.
    Er stand auf, ging zur Tür und öffnete sie. Er war schon fast draußen, als Maxwell ihm nachrief: »Falls ich diesen Burschen auftreibe, was springt dabei dann für mich raus?«
    Herkus blieb stehen und wandte sich noch einmal zum Büro um. »Gutes Geld«, sagte er. »Dann kannst du dir endlich mal ein Hemd kaufen, das passt.«

31
    Mindestens eine Stunde lang hatte Galya sich seine Singerei angehört, bevor sie wieder einschlief. Die Wörter »Jesus«, »Erlöser« und »Allmächtiger« waren durch den Dielenboden gedrungen. Manchmal hatte ihn auch eine zweite, schräge Stimme begleitet, das Tiergeheul von oben.
    Galya war wieder ins Bett gekrochen, hatte sich in die Decken gewickelt und Mama angefleht. Und während sie noch die Silben ins Kissen hauchte, hatte der Schlaf sie übermannt.
    Ein Geräusch weckte sie, das Zuschlagen einer Tür. Sie setzte sich auf und lauschte. Jetzt das metallische Klicken eines Schlosses. Galya kniff die Augen zu und lauschte angestrengt. Da, vielleicht das Knattern eines anspringenden Motors, das sich anschließend in der Stille ringsum verlor.
    Das Geräusch war so schwach gewesen, dass sie sich nicht sicher sein konnte, ob sie überhaupt irgendetwas gehört hatte, seit die Tür verschlossen worden war. Vielleicht hatte sie sich in ihrem Halbschlaf auch nur etwas eingebildet. Das zugepinselte Fenster ließ nur winzige Lichtstrahlen ein, aber an den weitergewanderten Flecken konnte Galya erkennen, dass einige Zeit vergangen war. Ihre Schläfen pochten, und die trockene Zunge rieb über den Gaumen. Sie schob die Decken zurück, feuchtkalte Luft kroch über sie. Sie roch das verfaulende Blut auf ihren Kleidern, ein Geruch nach Metall und reifem Obst.
    Das Geheul über ihr hatte aufgehört. Eine tiefe Stille lastete auf dem Zimmer und der ganzen Welt. War sie allein im Haus? Hatte dieser Billy Crawford, falls das überhaupt sein richtiger Name war, sie hier zurückgelassen?
    Sie stieg aus dem Bett und stocherte in den Resten der Schublade herum, die sie zertrümmert hatte. Noch einmal legte sie das Ohr an die Tür und lauschte.
    Dann presste sie die Stirn auf den glatten Lack und zwang sich nachzudenken. Ohne in Panik zu verfallen wie eben, ohne aus lauter Angst zu weinen. Nur nachdenken, bis sie einen Ausweg gefunden hatte.
    Sie trat von der Tür weg und schaute sich im Zimmer um. Das Bett, die Kommode, in der hintersten Ecke ein Wandschrank, ein billiger Teppich. Sonst nichts. Galya ging an den Wänden entlang und klopfte jede mit den Fingerknöcheln ab. Alle waren massiv.
    Zu ihren Füßen lagen die Trümmer der Schublade. Galya ging auf die Knie und spähte unter das Bett. Staub geriet ihr in den Hals und in die Nase. Sie griff nach der Schubladenblende, an der sich noch der Griff befand. Er lag fest in ihrer Hand. Galya stand wieder auf und ließ die Blende auf das Bett fallen.
    Der Schrank besaß nur eine einzige lackierte Tür. Galya machte sie auf. Leer, bis auf die Spinnen und ihre Netze. Der Schrank war ungefähr sechzig Zentimeter breit und ebenso tief, am Boden lagen rohe Dielenbretter. Galya stieg hinein und spürte das raue Holz unter den Füßen.
    Hier drinnen gab es einen anderen Geruch. Irgendwie sauberer.
    Nein, nicht sauberer. Neuer. Galya roch Farbe, nicht mehr ganz frisch, aber trotzdem erst vor kurzer Zeit verstrichen.
    Sie fuhr mit den Fingerspitzen über die Seiten- und Rückwände, spürte die kaum merklichen Wellen, die der Pinsel hinterlassen hatte. Warum lackierte man das Innere eines Schranks, wenn der übrige Raum so alt und verwohnt war?
    Galya erkundete den Schrank weiter mit den Händen, tastete an den Wänden entlang und in die Dunkelheit hinauf. Bis an die Decke kam sie nicht, aber ihre Finger ertasteten etwas Hartes, Kaltes.
    Einen Haken.
    Sie reckte sich hoch, bis sie die Kette gefunden hatte, an der er hing, zog daran und stellte fest, dass sie an der Schrankdecke befestigt war. Stabil genug, um Galyas Gewicht auszuhalten. Ihre Zehen glitten über die Dielenbretter, dann schlugen ihre Knie mit einem hohlen Klang gegen die Rückwand.
    Hohl?
    Galya ließ den Haken los und sprang wieder hinunter. Sie klopfte mit dem Finger gegen die linke Wand.
    Massiv.
    Die rechte

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