Rachegott: Thriller
große Augen und blickten zu Trand. Der Einzelhandelskaufmann ließ den Kopf sinken. Er setzte sich auf einen Stuhl und äußerte beschämt: „Es gab vor einigen Wochen eine unglückliche Geschichte. Das ist leider wahr.“
„Eine ‚unglückliche Geschichte’?!“, wiederholte Hartig. „So nennst du das? Willst du mich auf den Arm nehmen?!“
Thomas sah ihn streng an. „Es wäre besser, wenn Sie uns für eine Weile alleine lassen würden, damit wir uns in Ruhe mit Herrn Trand unterhalten können.“
„Das könnte Ihnen so passen! Sie haben keine Ahnung, mit wem Sie es dort vorne zu tun haben! Dieser Kerl war mein bester Freund! Das dachte ich zumindest für dreißig Jahre! Aber eines Tages machte er sich im besoffenen Zustand an meine Frau heran! Der Kerl ist ein Falscher Fünfziger! Er würde Ihnen jetzt das Blaue vom Himmel herunterlügen, wenn ich nicht dabei bin! Diese Schlange ist der letzte Abschaum, der auf dieser Welt herumkriecht!“
„Jetzt ist es genug!“, sagte Thomas mit Nachdruck. „Verlassen Sie bitte die Küche. Sonst muss ich Sie hinausschaffen lassen.“
Hartig blickte den Kommissar wütend an. Er schien noch etwas sagen zu wollen, entschied sich jedoch kurzerhand anders. Pfeilschnell machte er kehrt und verließ mit großen Schritten den Raum. Dabei murmelte er einige unverständliche Flüche vor sich hin.
Nora stieß einen Pfiff aus. „Das war ziemlich starker Tobak. Was haben Sie dazu zu sagen, Herr Trand?“
„Was soll ich dazu schon zu sagen haben? Es ist wahr. Vor ungefähr sieben Wochen waren wir alle auf einer Party. Ich habe etwas zu tief ins Glas geschaut und mich daraufhin an Jutta herangemacht. Das war der größte Fehler meines Lebens. Ich kann mich jetzt nur noch dafür entschuldigen. Gott weiß, dass ich es ungeschehen machen würde, wenn ich es könnte. Aber unter Alkoholeinfluss machen Menschen nun einmal die dümmsten Sachen. Die Kunst liegt wohl darin, seine Grenzen zu kennen. Offensichtlich kannte ich meine nicht. Das bereue ich seit dem Vorfall an jedem einzelnen Tag.“
„Es spricht für Sie, diesen Punkt so offen zuzugeben. Aber wir fragen uns jetzt natürlich, wieso Sie das nicht schon vor fünf Minuten gemacht haben, als wir Sie nach Ihrem Verhältnis zu den Hartigs befragten. Offenbar wollten Sie das Ganze aus einem bestimmten Grund verheimlichen. Und das lässt Sie nicht gerade in einem positiven Licht erscheinen.“
„Wenn ich Sie nach einer Ihrer dunkelsten Stunden fragen würde, hätten Sie dann den Mut oder den Nerv, mir davon zu berichten? Ganz bestimmt nicht.“
„Es geht hier aber um einen Mord! Es wäre Ihre Pflicht gewesen, uns von diesem Zwischenfall zu erzählen. Auch wenn es Ihnen noch so unangenehm ist.“ Nora notierte sich die neue Information in ihrem Notizblock. Dann sah sie auf und sagte: „Berichten Sie uns jetzt wenigstens, was auf dieser Feier genau vorgefallen ist.“
„Da gibt es nichts zu berichten. Ich war blau, habe Jutta an den Hintern gefasst und eine von ihr geknallt bekommen. Seitdem hatte ich keinen Kontakt mehr zu den Hartigs. Ende der Geschichte.“
„Tatsächlich? Wäre es nicht denkbar, dass Sie in Jutta verliebt sind und eine -?“
„Nein!“, rief Trand. „Ich garantiere Ihnen, dass ich nichts für Jutta empfunden habe. Ich weiß nicht, welcher Teufel mich auf der Feier geritten hat. Es war ein Ausrutscher! Ein Versehen!“
„Ein Versehen ?“
„Ja! Im nüchternern Zustand hätte ich ihr niemals an den Hintern gefasst!“
„Das lässt sich im Nachhinein immer leicht behaupten“, erwiderte Tommy. „Fällt Ihnen denn jetzt zufällig noch etwas anderes ein, das wir wissen sollten? Etwas, das Sie und die Hartigs betrifft? Momentan wäre der ideale Zeitpunkt, uns davon zu erzählen.“
„Nein. Es gibt nichts weiter. Ich habe eine tolle Freundschaft zerstört, weil ich zu viel gesoffen habe. Mehr gibt es nicht zu sagen.“
In der nächsten Sekunde stürmte Wilfried Hartig wieder in den Raum und rief: „Ich war gerade in meinem Büro, um die Videobänder aus dem Überwachungssystem zu holen. Aber ich kann sie Ihnen nicht geben!“
Thomas horchte auf. „Wieso nicht? Was ist passiert?“
„Der Mörder hat alle Bänder vernichtet. Er hat sie offenbar verbrannt. Bis auf ein bisschen Plastik ist nichts mehr von den Aufnahmen übrig!“
„Wie bitte? Sind Sie sich ganz sicher?“
„Natürlich bin ich mir sicher! Ich bin doch nicht doof! Es ist nichts mehr zu retten!“
Die Ermittler sahen einander
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