Rachegott: Thriller
Opfer! Ich habe einen enormen Verlust erlitten. Aber Sie dürfen mir nichts Hilfreiches sagen? Wo leben wir denn?! Dieser bürokratische Schwachsinn geht mir gegen den Strich! Und zwar gewaltig!“
„Uns ist bewusst, welchen Schmerz Sie empfinden. Und wir würden nichts lieber machen, als Ihnen die Nachricht der Ergreifung des Täters zu überbringen. Aber wir sind nun einmal an Gesetze und Regeln gebunden. Wir müssen nach den Vorschriften handeln.“
„Ich pfeife auf Gesetze und Regeln! Der Täter hat es doch auch getan! Was bringt denn ein geschriebenes Wort in einem Gesetzeswerk, wenn es Irre gibt, die sich nicht daran halten?! Dann muss man auf dieselbe Weise zurückschlagen! Wäre einer Ihrer Angehörigen unter den Opfern, dann würden Sie das genauso sehen! Ich bin schließlich nicht derjenige, der aus eigenem Antrieb heraus ein Unrecht begangen hat! Ich richte mich immer nach allen Vorschriften! Deshalb verlange ich von Ihnen, dass Sie mir wenigstens sagen, was Sache ist! Das habe ich verdient! Das ist mein Recht! Sonst werde ich loslaufen, und den Mörder auf eigene Faust suchen. Dann spreche ich Recht! Aber meine Definition von Recht sieht womöglich etwas anders aus als Ihre!“
„Das werden Sie nicht machen. Sie werden sich nicht auf das Niveau des Täters herabbegeben“, entgegnete Nora.
„Sind Sie sich dessen ganz sicher? Ich würde mich an Ihrer Stelle nicht darauf verlassen. In meiner jetzigen Verfassung bin ich zu allem fähig!“
Nora faltete die Hände. Sie spürte, dass Muster nichts Unüberlegtes anstellen würde. Die vergangenen Jahre hatten sie gelehrt, dass Menschen, die davon redeten, eine schlimme Tat zu begehen, in der Regel nicht wirklich aktiv wurden. Schlimmer und gefährlicher waren die ruhigen, verschlossenen Typen, die nicht groß redeten, sondern sofort handelten.
Gleichwohl war es nicht völlig ausgeschlossen, dass der Unternehmer zu einer Dummheit bereit war. Daher sagte die Ermittlerin mit Nachdruck: „Denken Sie an Ihre Frau, Herr Muster. Würde sie wollen, dass Sie ihren Mörder jagen und dabei riskieren, aufgrund einer unüberlegten Handlung selbst ins Gefängnis zu wandern? Und was ist mit Ihrer Tochter? Soll sie ohne ihren Vater aufwachsen? Sie hat schon ihre Mutter verloren. Tun Sie ihr nicht noch Schlimmeres an.“
Noras Worte schienen ihre Wirkung nicht zu verfehlen. Nach kurzer Zeit verbarg der 48-Jährige sein Gesicht in den Händen und begann zu schluchzen. „Ich weiß einfach nicht mehr weiter. Ich brauche Gertrud. Ich bin verloren ohne sie. Das darf alles nicht passiert sein! Ich kann Sabrina nicht alleine großziehen. Das schaffe ich nicht!“
Nora wollte gerade etwas erwidern, als es erneut an der Tür klopfte. „Einen Moment!“, rief sie, um sich noch weiter auf Muster zu konzentrieren. Aber die Tür wurde trotzdem geöffnet und Paul Weishaupt trat ein.
„Ich sagte doch, dass Sie sich einen Moment gedulden mögen. Wir sind gleich für Sie da“, erklärte Nora ihm ärgerlich.
Paul ignorierte diesen Hinweis und rauschte in den Raum hinein. „Es geht nicht! Ich kann nicht warten! Dazu ist es viel zu schrecklich!“
Herbert blickte auf und sah Paul wütend an. Dann sagte er zu Nora: „Ich sollte jetzt lieber verschwinden.“
„Das ist nicht nötig“, erwiderte die Kommissarin.
„Doch, das ist es. Es ist alles gesagt. Sie wissen, wie ich zu dieser Sache stehe. Handeln Sie endlich! Und zwar jetzt!“ Mit diesen Worten trat Muster zur Tür, öffnete sie und verließ das Büro.
Paul sah ihm nicht einmal hinterher. Er setzte sich vor den Schreibtisch und erklärte: „Diese Bilder habe ich eben in meinem Briefkasten gefunden! Das ist so fürchterlich! Warum will der Mörder mich quälen? Reicht es nicht, dass Trude tot ist?!“ Er griff in seine Hosentasche und zog einen Stapel Fotos heraus. Diesen legte er auf Noras Tisch.
Die Ermittlerin nahm die Bilder an sich und warf einen Blick darauf. Tommy erhob sich, trat hinter sie und begutachtete die Fotos ebenfalls. Sie zeigten Trudes Leichnam am unmittelbaren Tatort.
„Wann haben Sie diese Fotos gefunden, Herr Weishaupt?“
„Vor ungefähr zwanzig Minuten. Danach bin ich sofort hierher gefahren, um sie Ihnen zu zeigen. Natürlich sind meine Fingerabdrücke auf den Bildern, weil ich sie mir angesehen habe. Ich hoffe nicht, dass Sie mich deshalb mit dem Mord in Verbindung bringen.“
„Sie haben keine Ahnung, wer die Bilder in Ihren Briefkasten geworfen hat?“
„Nein. Ich habe niemanden
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