Racheherz - Roman
mitriss, weniger an seinen Heiratsantrag dachte, und dann wiederum weniger keusch war als zu den Zeiten, in denen sie sich damit beschäftigte.
Stattdessen sagte er: »Deine Augen leuchten vor Aufregung und aus deiner Stimme spricht Begeisterung.«
»Vielleicht liegt das daran, dass du hier bist.«
»Nein. Wenn du froh wärst, mich zu sehen, hättest du dich mit Corned Beef und Käse herausgeputzt.«
»Also gut, es liegt am Buch. Es ist schwer zu erklären. Aber Text und Subtext finden auf eine Weise zusammen, die ich niemals für möglich gehalten hätte.«
»Das ist aufregend.«
»Für mich schon.«
»Wie kommst du mit dem Partizip Perfekt zurecht?«
»Das habe ich im Griff.«
»Und mit den Semikolons, den Gerundien und den ganzen Genitivformen?«
»Wenn dieser Wein nicht so gut wäre, würde ich ihn über deinem Kopf ausschütten.«
»Deshalb kaufe ich nur den besten. Als Selbstschutz.«
Eilige Schritte kamen die Stufen vom Hof hinauf.
Ryan drehte sich um und sah die Eiskrone aus weißem Haar, die vor einer Woche im Mondschein dazu geführt hatte, dass er in dem großen Mann, der sich im Hof mit Samantha unterhielt, Spencer Barghest erkannt zu haben glaubte.
Bei Tageslicht war diese Vermutung nicht haltbar. Der Mann hatte einen vergleichbaren Körperbau, doch er war
zehn Jahre jünger als Dr. Death, vermutlich um die Vierzig, und er wies auch nicht die gummiartigen Gesichtszüge auf, hinter denen sich Barghest verbarg.
»Oh«, sagte er, als er die beiden am Tisch sitzen sah, und blieb auf der obersten Stufe stehen. »Tut mir leid. Ich wollte nicht stören.«
»Kevin«, sagte sie, »setz dich doch bitte zu uns. Ich hole dir ein Glas.«
»Nein, nein. Wirklich nicht. Ich habe sowieso nur einen Moment Zeit. Ich muss mich auf den Weg machen. Im Krankenhaus ist jetzt Besuchszeit.«
Als Ryan von seinem Stuhl aufstand, sagte Samantha: »Kennt ihr euch überhaupt schon?«
Als Ryan sein Bedauern darüber äußerte, die Bekanntschaft des Mannes bisher noch nicht gemacht zu haben, stellte Samantha ihn Kevin Spurlock vor, dem Sohn von Miriam Spurlock, der Besitzerin des Hauses, das zu der Garage gehörte, über der Sam wohnte.
»Wie geht es deiner Mom?«, fragte Samantha.
»Recht gut. Es geht ihr wirklich schon viel besser.«
Um Ryan einzubeziehen, sagte Samantha: »Miriam hatte letzte Woche einen sehr schlimmen Anginaanfall - heute Abend ist es genau eine Woche her.«
»Sie war in einem Restaurant«, sagte Kevin. »Sanitäter haben sie schleunigst ins Krankenhaus gebracht. Das Schlimmste daran war für sie, an einem öffentlichen Ort Aufsehen zu erregen. Sie hat sich fürchterlich geschämt.«
»Ein Herzinfarkt?«, fragte Ryan.
»Nein, Gott sei Dank, das nicht. Aber die Untersuchungen haben gezeigt, dass ihre Arterien verstopft waren.«
»Gefährlich verstopft«, sagte Samantha. »Am nächsten
Morgen haben sie eine vierfache Bypassoperation vorgenommen.«
»Sie war ganz hingerissen von deinen Blumen«, sagte Kevin zu Samantha. »Calla-Lilien - das sind ihre Lieblingsblumen.«
»Ich werde ihr ganzes Schlafzimmer damit vollstellen, wenn sie nach Hause kommt.«
Nachdem Kevin gegangen war, erzählte Samantha ein paar Geschichten über Miriam, von denen Ryan eine schon einmal gehört hatte. Die Vermieterin war recht exzentrisch, aber ausgesprochen lieb und nett.
Vor einer Woche, als Ryan geglaubt hatte, er hätte Samantha bei einem verstohlenen Gespräch mit Spencer Barghest ertappt, hatte sie offensichtlich erfahren, dass Miriam Spurlock ins Krankenhaus eingeliefert worden war.
Da er Licht in der Wohnung gesehen hatte, musste Kevin an die Tür gekommen sein. Sein Klopfen hatte Ryan nicht aus dem postkoitalen Schlummer geweckt. Um zu vermeiden, dass er wach wurde, war Sam rausgegangen, um mit dem Sohn ihrer Vermieterin zu reden.
Durch seine paranoide Auslegung dieser unschuldigen Begegnung angestiftet, war Ryan am folgenden Morgen nach Las Vegas geflogen und hatte dort Beweise für eine nicht existente Verschwörung gesucht.
Jetzt schienen Rebecca Reachs Bücher, wie man schnell zu Reichtum kommt, ein Beweis für nichts Schlimmeres als ihre Leichtgläubigkeit und ihr Wunschdenken zu sein.
Die Sammlung von Zeitschriften, die Artikel von Sam enthielten, bewies lediglich, dass Rebecca trotz der Entfremdung weiterhin stolz auf ihre Tochter war.
Spencer Barghest mochte zwar pervers und vielleicht sogar
gemeingefährlich sein, und es war durchaus möglich, dass Rebecca einen schrecklichen
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