Rachekind: Thriller (German Edition)
bist doch keine launische Zicke. Also raus damit!«
Hanna schloss für einen kurzen Moment die Augen, dann sah sie ihn an. »Wer ist Marten Vanderhoven? Und warum holst du Erkundigungen bezüglich meines Erbes ein, ohne das mit mir zu besprechen?«
66
8. April 1991
Wir sind gefangen wie die Ratten im Käfig.
Ich muss das Türschloss knacken. Ich muss Hilfe holen, aber nicht den Alten, niemanden von hier. Ich muss von draußen Hilfe holen, Steve verreckt sonst in meinen Armen. Der Alte wird es nicht zulassen, der lässt Steve lieber krepieren. Ich bin kein Arzt, aber man muss auch keiner sein, um zu sehen, dass es Steve nicht beschissener gehen könnte. Wenn der nicht sofort hier rauskommt, ist es vorbei.
Ich muss wieder zur Tür, es weiter versuchen, bevor die anderen aufstehen und ich nicht mehr unbemerkt abhauen kann. Aber ich muss auch bei Steve am Bett sitzen bleiben. Sobald ich aufstehe, wird er unruhig, und das ist nicht gut. Ich kann ihn nicht alleine lassen, und ich brauche mindestens eine Stunde, um Hilfe zu holen.
Was soll ich nur tun?
Wenn ich nicht gehe, stirbt er, da bin ich mir sicher, aber dann bin ich wenigstens bei ihm.
Wenn ich gehe und er währenddessen stirbt, ist er ganz allein.
Warum ist niemand hier, der uns hilft? Warum ist NIE jemand da, der uns hilft?
Was ist das nur für ein beschissenes Scheißleben????????
67
Hanna beobachtete, wie Martens Lächeln in sich zusammenfiel und seine Wangen anfingen zu glühen.
»Was?«
»Du hast genau verstanden, was ich gesagt habe«, sagte Hanna scharf. »Warum nennst du dich Stein, wenn du Vanderhoven heißt?«
»Wie kommst du darauf?« Marten stoppte den Motor, ließ jedoch die Hand am Zündschlüssel, als säßen sie in einem Fluchtauto, das jederzeit startbereit sein müsste.
»Hör auf mit den Spielchen. Ich habe dir zwei Fragen gestellt. Beantworte sie einfach. Dann kannst du mir Fragen stellen.« Hanna ließ Marten nicht aus den Augen. Suchte er fieberhaft nach einer Antwort? Je länger er sie hinauszögerte, desto geringer würde ihr Wahrheitsgehalt sein.
Marten seufzte. »Na gut. Erst ich, dann du. Abgemacht?«
»Abgemacht.«
»Mein Vater ist Niederländer, meine Mutter Deutsche. In den Niederlanden ist es üblich, dass jeder Ehepartner seinen Namen behält, also mein Vater Vanderhoven, meine Mutter Stein«, begann Marten und drehte sich seitlich zu ihr. »Als Kind nimmt man den Namen des Vaters an, also heiße ich Marten Vanderhoven, wie mein Vater.«
Er machte eine Pause, als überlegte er, wie er ihr den Rest der Geschichte beibringen sollte.
»Und?«
»Mein Vater hat uns relativ früh verlassen. Er ist nach England und hat dort mit einem Partner eine Detektei aufgemacht. Die Schnüffelei liegt wohl in der Familie. Allerdings hat er Mist gebaut und ist sogar angeklagt und verurteilt worden. Früher wäre das kein Thema gewesen. Ich praktiziere ja nicht in England. Aber heute ist so was eine Katastrophe. Wenn du Marten Vanderhoven googelst, kannst du genau nachlesen, was er gemacht hat. Und das ist für mich fatal. Wenn die Leute mich abchecken, rufen die nicht an und fragen, ob ich das bin, sondern sie klicken einfach weiter und suchen einen anderen.« Er zuckte resigniert die Schultern. »Also habe ich den Namen meiner Mutter angenommen. Die Detektei läuft unter Marten Stein, meine Anwaltszulassung dagegen noch unter Marten Vanderhoven.«
Sein Vater. In dem Artikel war zum Alter der beklagten Detektive keine Angabe gemacht worden. Es war absolut möglich, dass er die Wahrheit sagte.
»Das ist alles. Du siehst mich so zweifelnd an.« Er zückte seinen Geldbeutel und holte seinen Ausweis hervor. »Hier. Amtlich.«
Hanna nahm den Ausweis in die Hand. Stein stand darauf, geborener Vanderhoven. Sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Nach allem, was er für sie getan hatte, hätte er verdient gehabt, dass sie ihn mit ihrer Entdeckung konfrontierte und ihm die Chance gab, sich zu erklären. »Nein, natürlich glaube ich dir. Auch ohne Ausweis.«
»Ach? Wirklich?« Marten legte seinen Kopf schief und grinste. »Deshalb hast du auch gleich danach gegriffen …«
Hanna hörte, wie Lilou aufwachte und sich in ihrem Kindersitz reckte. Sie schnallte sich ab. »Lass uns mit Lilou noch etwas herumlaufen, sonst schläft sie nachher nicht. Wir könnten mit ihr in den Fun-Park, bevor er schließt.«
Sie hob Lilou aus dem Auto und schritt zögerlich auf das Hotel zu, aus dessen Fenstern sie plötzlich Tausende lauernde
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