Rachekind: Thriller (German Edition)
die Presse mitverfolgt und gesehen hat, wie reich und privilegiert du aufwächst, während sie in ärmlichen Umständen lebt? Natürlich alles nur Vermutungen, aber irgendwo musste ich ja anfangen.«
»Hat sie denn …«
»Ja. Sie hat. Ihre Mutter hat die sehr großzügige Abfindung deines Vaters innerhalb von fünf Jahren komplett durchgebracht. Sie wollte eine zweite Abfindung und ist von dem Anwalt deiner Eltern abgeschmettert worden. Inzwischen hatte sie angefangen zu trinken, und sie und ihre Tochter sind ziemlich schnell in die Sozialhilfe abgerutscht. Als Britt fünfzehn war, ist ihre Mutter an Leberkrebs gestorben, und Britt ist in ein Heim gekommen. Das war alles nicht besonders lustig für sie. Irgendwie muss sie herausbekommen haben, wer ihr Vater ist, und das muss dann besonders bitter gewesen sein. Stell dir vor: Du hast nichts, und dein Vater lebt mit seiner Familie in Saus und Braus. Im Licht der Öffentlichkeit. Da sieht alles noch viel glamouröser und toller aus. Kannst du dir vorstellen, wie das an dir zerrt?«
»Ich hätte alles mit ihr geteilt«, sagte Hanna leise. »Warum hat sie denn nichts gesagt?«
»Woher sollte Britt wissen, dass du anders tickst als deine Eltern?« Er drückte ihre Hand. »Vielleicht hat sie ihrer Mutter versprochen, nichts zu sagen. Vielleicht hat euer Anwalt sie eingeschüchtert. Ich weiß es nicht.«
»Tom hat sie davon erzählt.«
»Ja. Davon bin ich ausgegangen. Er war schließlich ihre große Liebe. Und der erzählt man doch alles. Besonders das, was einen am meisten aufwühlt.«
Hanna starrte auf das scharfe Gebiss des nächsten Dinosauriers, ohne es wirklich wahrzunehmen. Sie hatte Tom von ihrer Suche nach dem unbekannten Geschwisterkind erzählt, und er hatte die ganze Zeit von ihrer Schwester gewusst. Eigentlich hätte sie vor Wut beben müssen. Er hatte sie betrogen und verraten, und dieser neue Aspekt katapultierte den Verrat ins Unermessliche. Doch ihre Traurigkeit überlagerte die anderen Gefühle.
»Deshalb hat er mich ausgewählt. Er wollte die Ungerechtigkeit ausbügeln. Das hat er in seinem Tagebuch geschrieben. Dass jemand bezahlen wird. Und das war wohl ich. Er wollte mir die Kohle für Britt abnehmen. Er muss sie wahnsinnig geliebt haben.«
Marten ließ ihre Hand los und fuhr Lilou über die Haare. »Das stimmt. Aber dich hat er noch mehr geliebt.«
Hanna blickte auf. »Mich hat er benutzt.«
»Das war der Plan. Aber dann hat er sich in dich verliebt, und als Lilou kam, hat er Britt verdrängt. Er hatte bereits seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihr und wollte es dabei belassen, und dann bist du im Fernsehen aufgetreten. Offenbar hast du einen Rekord gebrochen.«
Hanna zog die Augenbrauen zusammen. »Was hat das damit zu tun?«
»Britt hat dich in der Sendung gesehen, und dann wurdest du als Frau Warrington vorgestellt … Kannst du dir vorstellen, was das in ihr ausgelöst hat? Ausgerechnet du, die verwöhnte Schwester, die immer alles hatte, nimmt ihr auch noch den Mann! Britt hat mir erzählt, dass sie völlig durchgedreht ist und noch am selben Abend einen Zug nach Aachen genommen hat, um sich zu vergewissern, ob Steve und du wirklich ein Paar seid.«
»Du hast mit Britt gesprochen?«
»Ich habe sie gestern mit meinem Wissen konfrontiert. Ich glaube, sie war richtig erleichtert, dass ich Bescheid wusste.«
Hanna schloss ihre Hand um den silbernen Schlüssel. Sie wollte nichts mehr hören und gleichzeitig doch jedes Wort wissen, das Britt und Marten gewechselt hatten.
»Nachdem Britt festgestellt hat, dass Ste … Tom mit dir verheiratet war, ist sie nach Berlin zurück und hat einen Plan geschmiedet, wie sie es euch heimzahlen kann«, fuhr Marten fort. »Sie hat die Wohnung unter euch gemietet und verlangt, dass er sich entscheidet: du oder sie. Und sie hat ihm klargemacht, dass sie dir reinen Wein einschenken würde, wenn er sich für dich entscheidet.«
»Dann war Britt die Frau, mit der Tom in der Kneipe gestritten hat.«
»Genau«, bestätigte Marten. »Dort hat er ihr eröffnet, dass er nicht zu ihr zurückkommen wird. Er hat ihr von dir erzählt. Dass du ganz anders bist, als sie immer angenommen hatten, und er es nicht zulassen würde, dass sie dir wehtut. Und er hat ihr erzählt, dass du als Kind die Sachen deiner Eltern durchsucht hast, um herauszufinden, wer deine Schwester oder dein Bruder sein könnte und du deswegen sogar im Internat gelandet bist. Und dass du dir so sehr ein Geschwister wünschst, dass du sogar
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