Rachekind: Thriller (German Edition)
Frau eines ehemaligen Zöglings war und in seinem Hotel nach Antworten suchte noch dass ihre Tochter den Namen des Heims ausgesprochen hatte, ohne je davon gehört zu haben. Für ihn war sie ein Gast aus Deutschland. Eine Touristin, die im schönen Devon ihren Urlaub verbrachte. Trotzdem war sie froh gewesen, als Marten wie selbstverständlich ihre Koffer zu seinem Auto gebracht und erklärt hatte, er würde sie zu dem Hotel begleiten.
Marten stellte einen anderen Radiosender ein. Ein Moderator verlas die Vier-Uhr-Nachrichten. Der Stau auf der M4 wuchs weiter an. Hanna dachte an Mary und George. Wie unvorstellbar groß Marys Verzweiflung gewesen sein musste. Und Georges Wut. Sie dachte an Lilou, an den kurzen Moment, als sie vor dem abgesperrten Haus gestanden und ihr Herz zu schlagen aufgehört hatte. Sie dachte an den Mann im Landrover, an seinen Auftritt, mit dem er es geschafft hatte, sie zum Zweifeln zu bringen. Er kannte Tom. Und Steve. Und Luke. Was verbarg er vor ihr, dass er sie davon abbringen wollte, weiter nach Tom zu suchen? Der Moderator kündigte einen Britpop-Song an. Marten drehte das Radio lauter. Es fühlte sich gut an, einfach neben ihm zu sitzen. Trotz der Kluft zwischen ihnen, die so lange bestehen würde, bis sie die Sache mit seinem Namen und dem Brief geklärt hatte. Sie ließ ihren Blick über die vorbeiziehende Landschaft gleiten und überlegte, wie sie ihn am besten darauf ansprach, ohne preiszugeben, dass sie den Brief gelesen hatte.
»Marys Sohn war also zusammen mit deinem Mann in dem Heim?«, unterbrach er ihre Gedanken. Er setzte den Blinker und überholte einen Lastwagen. Wie er herunterschaltete, ausscherte, wieder zurück auf die rechte Spur glitt. Alle Bewegungen strahlten eine Ruhe aus, die langsam auch auf Hanna überging. Sie lehnte sich im Autositz zurück.
»Mary hat ihren Sohn auf einem der Fotos erkannt. Das Foto muss in dem Heim aufgenommen worden sein. Ich habe dort eine Frau getroffen. Sie hat meinen Mann als Tom Baker identifiziert. Er soll aus Grace Manor Home abgehauen und auf die schiefe Bahn geraten sein. Wahrscheinlich hat er seinen Namen geändert, weil er hier gesucht wurde.« Aus den Augenwinkeln beobachtete sie seine Reaktion, doch sie konnte aus seinen Gesichtszügen nicht herauslesen, ob die Information ihn überraschte.
»Auf dem Heimweg hat mich der Mann verfolgt, von dem ich Steves Tagebuch habe. Er hat behauptet, er sei Steve Warrington. Aber das stimmt unter Garantie nicht.«
»Ist das der Typ, den ich mittels des Autokennzeichens finden soll? Was will er von dir?«
»Dass ich nach Aachen zurückkehre«, sagte Hanna. »Ich glaube, was immer Ste… Tom im Frühjahr nach England gebracht hatte, es hatte was mit seiner Zeit im Heim zu tun. Und dieser Typ, der sich als Steve Warrington ausgegeben hat, weiß das und versucht mich davon abzuhalten, weiter nachzuforschen. Deshalb hat er mir im Sommer das Tagebuch gegeben und versucht jetzt, einen Keil zwischen die Warringtons und mich zu treiben.«
»Und was versprichst du dir von dem Aufenthalt im Hotel?«
»Ich weiß nicht. Ich habe das Gefühl, Lilou hat mich dort hingeführt. Sie haben einen Spinnenzoo. Rate mal, was für Spinnen.«
»Vogelspinnen?«
Hanna nickte. »Zufall?«
»Ariane lag also richtig. Meinst du, der zweite Einfluss, von dem sie gesprochen hatte, könnte Marys Sohn sein?«
Hanna zuckte mit den Schultern. Noch immer fiel es ihr schwer, über die unbegreiflichen Ereignisse um sie herum zu reden. »Der Schal gehörte Marys Sohn. Was immer das bedeuten mag.«
»Nun, wenn es bedeutet, dass er der zweite Einfluss in Lilous Aura ist, würde das einiges erklären. Nicht zuletzt, warum Lilou so sehr an Mary hängt.«
»Ja, aber seit Sandra vorhin von Grace Manor Home gesprochen hat, als ob es ein verhexter Ort sei, frage ich mich, ob es klug ist, Lilou dort mit hinzunehmen.«
Martens Hand legte sich kurz auf ihre. »Du hast gar keine andere Wahl. Wenn beide Jungen im Grace Manor Home waren und es da Vogelspinnen gibt, musst du dorthin. Mit Lilou. Auch wenn du es nicht wahrhaben willst, sie ist dein Medium.« Marten verließ die Landstraße und bog auf die Zubringerstraße zu dem Hotel ab. »Jetzt möchte ich wissen, warum du mich seit dem Besuch bei Ariane meidest.«
Das Hotel kam in Sichtweite. Hanna streckte ihren Arm aus. »Wir sind da.«
»Du lenkst ab.« Er bog in den Parkplatz ein. »Es muss einen Grund geben, dass du dein Verhalten mir gegenüber so abrupt geändert hast. Du
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