Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rachekind: Thriller (German Edition)

Rachekind: Thriller (German Edition)

Titel: Rachekind: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Clark
Vom Netzwerk:
gegen den Regen geschützt war und sie dennoch genügend Luft bekam. Lilou war wach, doch sie wirkte apathisch. Hanna lief wieder los. Lilous Atmen war noch immer flach, fast röchelnd manchmal, und die Dringlichkeit, sie zu einem Arzt zu bringen, beschleunigte Hannas Schritte. Wenn sie die Mauer erreichte, konnte sie es schaffen. Irgendwo in der Mauer musste eine Tür sein, durch die sie das Gelände verlassen konnte. Der hüpfende Lichtkegel von Linus’ Taschenlampe schlug ihre Richtung ein. Hanna steigerte die Geschwindigkeit. Schritt für Schritt. Durchhalten. Vor ihr tauchte der Pavillon auf, und sie schnaufte erleichtert auf. Hinter dem Pavillon lag der Teich, dahinter die Mauer und in der Mauer der rettende Ausgang. Sie blickte sich um und wählte dann bei der Mauer die Richtung, die sie weiter von dem Lichtkegel entfernte. Sträucher stellten sich ihr in den Weg, Dornen verfingen sich in ihrer Hose, die sie mit einem energischen Ruck befreien musste. Sie spürte die Dornen, die sich wie Krallen in ihr Fleisch bohrten und brennende Kratzwunden hinterließen. Unbeirrt lief sie weiter, schützte Lilou mit ihrem Körper vor den Ästen, die sich nach ihr ausstreckten, als wollten sie ihr das Kind entreißen.
    Linus hatte nun auch die Mauer erreicht. Kurz verschwand der Lichtkegel, als suchte er den Boden nach Spuren ab. Dann zeigte das Licht wieder in ihre Richtung. Hanna legte an Tempo zu. Wenn Linus einigermaßen fit war, konnte sie ihn mit Lilou im Arm nicht lange auf Abstand halten. Sie musste eine Tür finden, die sie wieder verschließen und zwischen sich und ihren Verfolger bringen konnte. Die Mauer schien endlos zu sein. Gestrüpp, Dornenbüsche, kniehohes, nasses Gras, das sich wie Schlingpflanzen um ihre Fußgelenke legte und sie zwang, ihr Tempo zu drosseln.
    Endlich sah Hanna einen schwarzen Fleck in der hell getünchten Mauer. Sie schöpfte neue Hoffnung und sprintete darauf los. Den Abstand zu Linus schätzte sie auf etwa hundert Meter. Der Fleck war tatsächlich eine Tür. Sie drückte die Klinke herunter. Abgesperrt. Mit einer Hand zog sie den Dietrich hervor und steckte ihn in das Schloss. Sie versuchte die Mechanik zu erspüren, doch Sie war völlig verrostet. Mit einem leisen Fluch schlüpfte sie aus einem Schuh und schlug den Absatz mit aller Kraft auf das Schloss, um es zu lösen. Er kann das hören! Sie zog den Schuh wieder an und probierte es erneut. Der Lichtkegel war inzwischen auf etwa fünfzig Meter herangekommen und näherte sich schnell. Mit aller Kraft wirkte sie auf den Mechanismus ein, spürte, wie er Millimeter für Millimeter nachgab. Endlich schnappte der Riegel zurück, und Hanna stieß die Tür auf. Es blieb keine Zeit, das verrostete Schloss wieder zu versperren, sie schlug die Tür nur zu und rannte blindlings in den vor ihr liegenden Wald.
    Schon bald erkannte sie, dass sie auf dem Dinosteig gelandet war, den sie erst wenige Stunden zuvor mit Marten abgelaufen war. Sie verließ den Pfad und lief durch den dichten Wald weiter, sah, wie das Hüpfen der Taschenlampe abrupt stoppte und der Lichtkegel dann gleichmäßig von rechts nach links und wieder zurück wanderte. Linus musste stehen geblieben sein, um nach ihr zu suchen. Schwer atmend stellte sie sich hinter einen Baum, um nicht aus Versehen in den Schein seiner Lampe zu geraten. Sie versuchte sich zu orientieren, doch sie hatte keine Ahnung, auf welcher Höhe des Pfads sie sich befand. Die Nacht war zu dunkel, um außer den Umrissen der Bäume etwas erkennen zu können. Der Lichtkegel schwenkte von ihr weg, und sie lief wieder los. Der Boden war rutschig und leicht abschüssig, und mehr als einmal wäre sie fast gestürzt, hätte sie sich nicht in letzter Sekunde an einem Baumstamm oder einem Ast festgehalten. Ihr linker Arm umklammerte Lilou wie eine Eisenkralle. Lilou hatte wieder leise zu jammern begonnen, so leise, dass es im Heulen des Sturms fast unterging. Aber Hanna traf jedes klägliche »Mama« wie ein Peitschenhieb, der sie antrieb, immer weiter zu laufen, obwohl sie ihre Arme und Beine kaum noch spürte und ihr Rücken sich anfühlte, als hätte ihn jemand mit einem Holzknüppel bearbeitet.
    Plötzlich stoppte sie abrupt. Wie aus dem Nichts erschien vor ihr die Hütte, zu der Lilou sie gestern geführt hatte. Sie musste einen Bogen geschlagen haben und zum Hotel zurückgelaufen sein. Nervös sah sie sich nach dem Schein der Taschenlampe um. Sie wanderte im Zick-Zack durch den Wald, doch sie kam unverkennbar

Weitere Kostenlose Bücher