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Rachekind: Thriller (German Edition)

Rachekind: Thriller (German Edition)

Titel: Rachekind: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Clark
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Aber Mary und George haben nichts mit Steve zu tun. Du hast Mary nicht gesehen. Sie wäre am liebsten aus dem Rollstuhl gesprungen, um zu sehen, wann Steve endlich hinter mir durch die Tür kommt. Sie helfen mir. Wenn ich nicht weiterkomme, kann ich Stein immer noch einschalten.«
    Sie stellte das Bild wieder auf dem Sims ab.
    »Schalte ihn gleich ein«, sagte Simon eindringlich, »ich habe kein gutes Gefühl. Komm nach Hause. Du kennst diese Leute nicht.«
    »Ich weiß, dass sie unglaublich herzlich sind und mich nach Kräften unterstützen.«
    Sie hörte Simon seufzen. »Manchmal bist du einfach stur wie ein Esel. Hast du sie wenigstens mal gefragt, warum sie keinen Kontakt mehr zu ihrem Sohn haben?«
    »Ja. Sie reden nicht darüber. Und bevor du fragst, nein, ich weiß nicht, warum sie nicht darüber reden.« Nachdenklich schlenderte sie zum Fenster zurück. Auch diese Frage hatte sie sich unzählige Male gestellt. Was konnte George und Mary dazu veranlassen, den verschollenen Sohn als Tabuzone zu behandeln? Marys Schmerz? Verbannte man deswegen seine Fotos?
    Lilou versorgte Mary noch immer eifrig mit Moos und Gras. Von George war nichts zu sehen, er musste seinen Job an der Garagenwand beendet haben. Wenn sie mit Mary allein war, spürte sie manchmal, wie diese darauf brannte, ihr von ihrem Sohn zu erzählen, und sich dann doch nicht traute, vielleicht, weil sie es nicht übers Herz brachte, vielleicht, weil sie Angst hatte, George würde plötzlich auftauchen und sie dabei erwischen. Hanna fröstelte.
    Plötzlich hatte sie ein ungutes Gefühl. Als wäre sie nicht mehr allein im Haus, als belausche jemand ihr Gespräch. Doch so plötzlich, wie das Gefühl gekommen war, verflog es wieder.
    »Darüber reden sie nicht? Machst du Witze?« Simon klang jetzt höchst alarmiert. »Mensch, Hanna, wach mal auf! Ich weiß nicht, womit die dich eingelullt haben. Aber wenn ich über was nicht rede, dann ist da was faul. Hast du wenigstens ein Foto von ihrem Sohn gesehen?«
    »Nein. Es stehen keine herum. Aber es gibt Alben. Als George gestern neues Papier aus dem Schrank geholt hat, habe ich eine Reihe Fotoalben gesehen. Allerdings hat George den Schrank wieder verschlossen, bevor ich genauer hinsehen konnte.« Auch das war ihr sofort aufgefallen. Marys Reaktion nach hätte das ganze Haus voller Fotos von Stevie hängen müssen, tatsächlich gab es kein einziges. Nicht als Baby, nicht als Kind, nicht als Jugendlicher. Es war, als hätte er nie existiert. »Du weißt nicht, was passiert ist. Vielleicht wollen sie nicht jeden Tag daran erinnert werden.«
    »Du willst mich nicht verstehen, nicht wahr?«, sagte Simon. »Naja. Du bist der Boss. Hast du was zum Schreiben da?«
    Hanna ging zu dem erhöhten Couchtisch, auf dem ein Block und ein Stift bereitlagen. »Ja.«
    »Das Bed and Breakfast auf der Kreditkartenabrechnung heißt North Cliff View. Hast du das?«
    Sie notierte sich den Namen. Noch heute würde sie mit ihrem Foto von Steve zu der Pension fahren und versuchen herauszufinden, was ihn vor knapp zwei Monaten hierher verschlagen hatte. »Danke.«
    Simons besorgter Tonfall hallte in ihr nach wie ein Echo, und seine Zweifel saugten sich an ihr fest wie eine Zecke. Ohne nachzudenken, löste sie an ihrem Anhänger eine winzige Öse und zog an dem Bart des silbernen Schlüssels. Sogleich hielt sie einen Miniaturdietrich in der Hand und machte sich an dem Schloss des Wohnzimmerschranks zu schaffen. Sekunden später gab das Schloss nach und Hanna öffnete die Tür, begleitet von einem dunklen Knarzen. Fünf Alben, versehen mit Jahreszahlen und dem goldenen Aufdruck Stevie sowie mehrere Ordner, von denen nur einer Steves Namen trug, während die übrigen lediglich mit Jahreszahlen beschriftet waren.
    »Suchst du etwas?«
    Das Grollen in Georges Stimme klang wie das verhaltene Knurren eines Schäferhundes, der einen Eindringling erschnupperte. Hanna fuhr hoch.
    »Ein Telefonbuch«, sagte sie dann und hoffte, dass ihre Stimme nicht verriet, wie aufgeregt sie war. »Ich habe den Namen des Hotels, in dem Steve im Frühjahr abgestiegen ist.«

29
    Die Landschaft zog wie ein Film an ihnen vorbei. Klippen, die senkrecht ins Meer abfielen, sanfte Hügel in allen Nuancen von Grün, vereinzelte Bäume und Sträucher, die sich in unregelmäßigen Abständen zu einem scheckigen Farbklecks gruppierten.
    Wenn sie sonst mit George unterwegs gewesen war, hatte er ihr spannende Vorträge über die Gegend gehalten, die Landschaft erklärt, ihr

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