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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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er immer wieder die Würfel rollen ließ und die geworfenen Zahlen zusammenzählte. Inzwischen war er schon bei viertausendzweihundertund…
    Eine der Frauen rauschte an ihm vorüber, ihr Rüschenkleid strich über den gurkhisischen Teppich, und bei jedem Schritt glitt ein nacktes Bein aus der Schwärze hervor. … Zweihundertund… Seine Augen folgten diesem Bein, als seien sie daran festgeheftet, und sein Herz klopfte stark. … Zweihundertund…sechsundzwanzig. Er löste die Augen ruckartig von dem Anblick und sah wieder auf die Würfel.
    Drei und zwei. Völlig normal, nichts, worüber man sich Sorgen machen sollte. Er richtete sich ein wenig auf und wartete. Vor dem Fenster, im Innenhof, trafen die ersten Gäste ein.
     
    »Willkommen, liebe Freunde, bei Cardotti! Wir haben hier alles, was sich große Jungen wünschen! Zu Würfeln und Karten, Spielen um Geschicklichkeit und Glück geht es hier entlang! All jene, die sich der Umarmung von Mutter Spreu ergeben möchten, bitte durch diese Tür! Wein und stärkere Getränke können Sie jederzeit und überall bestellen. Gönnen Sie sich ein paar Schluck, liebe Freunde! Hier und auf dem Hof wird es den ganzen Abend über verschiedene unterhaltsame Darbietungen geben! Tanz, Gaukelei, Musik … vielleicht sogar etwas Gewalt für jene, die gern ein wenig Blut sehen! Was die weibliche Begleitung angeht, nun … die finden Sie überall in diesem Gebäude …«
    Ein maskierter und gepuderter Strom von Männern drängte sich in den Hof. Überall standen teuer und exquisit gekleidete Gestalten, und die Luft summte von angeberischem Geschwätz. Die Musikgruppe stimmte in einer Ecke des Hofes eine fröhliche Weise an, und in einer anderen warfen die Gaukler einen Wirbel funkelnder Gläser hoch in die Luft. Gelegentlich stolzierte eine der Frauen vorbei, flüsterte einem Mann etwas zu und führte ihn dann ins Haus. Und zweifelsohne nach oben. Cosca fragte sich unwillkürlich, ob er sich wohl für kurze Zeit empfehlen durfte.
    »Äußerst entzückt, meine Liebe«, murmelte er und zog den Hut vor einer gertenschlanken Blondine, die gerade an ihm vorüberglitt.
    »Kümmere dich um die Gäste!«, fauchte sie ihm heftig entgegen.
    »Habe doch nur versucht, die Stimmung zu heben und ein bisschen zu helfen.«
    »Wenn du helfen willst, kannst du ein oder zwei Schwänze lutschen! Mir stehen noch genug bevor!« Jemand fasste ihr auf die Schulter, und sie wandte sich um, lächelte strahlend, nahm den Mann am Arm und ließ sich hinwegführen.
    »Was sind das alles hier für Kerle?«, raunte Espe ihm ins Ohr. »Drei oder vier Dutzend, hat man uns doch gesagt, ein paar Bewaffnete, die aber nicht gerne kämpfen? Das müssen doch jetzt schon doppelt so viele sein!«
    Cosca grinste und klopfte dem Nordmann auf die Schulter. »Ich weiß! Ist es nicht aufregend, wenn man ein Fest veranstaltet und mehr Gäste kommen, als man erwartet hat? Hier ist wohl jemand richtig beliebt!«
    Espe sah nicht besonders erheitert aus. »Wir aber wohl nicht! Wie sollen wir bei all dem den Überblick behalten?«
    »Wie kommst du darauf, dass ich das wüsste? Nach meiner Erfahrung läuft es im Leben nur selten so, wie man es erwartet. Wir müssen uns auf die Gegebenheiten einstellen und einfach nur unser Bestes tun.«
    »Vielleicht sechs Wächter, hieß es! Und wer sind die da?« Der Nordmann deutete mit dem Kinn zu einem finster dreinblickenden Knäuel von Männern, die polierte Brustpanzer über gesteppten schwarzen Jacken trugen, dazu grimmige Masken aus reinem Stahl, grimmige Degen und grimmige Messer an den Seiten, und die mit ihrem markigen Kinn grimmige Gesichter machten. Ihre Augen glitten aufmerksam über den Hof, als hielten sie nach Bedrohungen Ausschau.
    »Hmmm«, machte Cosca. »Darüber habe ich mich auch schon gewundert.«
    »Gewundert?« Die Faust des Nordmanns spannte sich unangenehm fest um Coscas Arm. »Wann wird aus Sichwundern denn vor Angst in die Hosen machen?«
    »Das habe ich mich schon oft gefragt.« Cosca streifte seine Hand ab. »Aber es ist eine komische Sache. Ich bekomme einfach keine Angst.« Er wanderte durch die Menge, klopfte den Leuten auf die Schultern, bestellte Getränke, wies auf besondere Attraktionen hin und verbreitete überall, wo er erschien, gute Laune. Er war in seinem Element. Laster, Luxus, aber auch Gefahr.
    Er fürchtete sich vor dem Alter, vor Scheitern und Verrat, und er hatte Angst davor, sich zum Narren zu machen. Aber vor einem Kampf hatte er noch niemals Furcht

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