Racheklingen
grinste. »Man muss nur ihren Namen nennen, schon springt sie herbei. Meister Morveer dachte gerade darüber nach, wie wir dein Geld verteilen sollten, falls du in der Cardotti-Ruine zu Asche verbrannt wärst.«
»Tut mir leid, da muss ich euch enttäuschen«, krächzte sie.
Morveer warf Cosca einen tödlichen Blick zu. »Ich bin nicht im
Geringsten
enttäuscht, das kann ich Ihnen versichern. Es ist mein ureigenstes Interesse, dass Sie lange genug überleben, um mir viele Tausend Waag auszuzahlen. Ich habe lediglich über eine … Eventualität nachgedacht.«
»Besser, man ist vorbereitet«, sagte Day, die den Bogen senkte und Saft aus ihrer Orange saugte.
»Vorsicht steht
immer
an erster Stelle.«
Monza humpelte durch den Raum und zog dabei einen nackten Fuß nach; wie ihre zusammengebissenen Zähne deutlich anzeigten, litt sie Schmerzen. Ihre Kleider, die schon in unversehrtem Zustand nur wenig der Fantasie überlassen hatten, waren stark zerrissen. Cosca entdeckte lange rote Narben, die über ihren mageren Schenkel, über die Schulter und über ihren blassen, gänsehäutigen Unterarm liefen. Ihre rechte Hand war eine verkrüppelte, knöcherne Klaue, die sie gegen ihre Hüfte drückte, um sie so gut wie möglich zu verbergen.
Unerwartete Betroffenheit überwältigte ihn, als er diese Spuren der Gewalt an ihr sah. Als sei ein Gemälde, das man stets sehr bewundert hatte, willentlich entstellt worden. Ein Gemälde, das man vielleicht eines Tages zu besitzen gehofft hatte? War es das? Er ließ den Mantel von seinen Schultern gleiten und hielt ihn ihr hin, als sie an ihm vorüberging. Sie übersah die Geste.
»Können wir davon ausgehen, dass Sie mit den Ergebnissen des heutigen Abends alles andere als zufrieden sind?«, erkundigte sich Morveer.
»Wir haben Ario erwischt. Es hätte schlimmer sein können. Ich brauche etwas Trockenes zum Anziehen. Wir verlassen Sipani unverzüglich.« Sie humpelte die Stufen empor, die zerrissenen Röcke durch den Staub nachschleppend, und drängte sich an Morveer vorbei. Espe schlug die Lagerhaustür zu und lehnte sich, den Kopf im Nacken, zurück.
»Das ist vielleicht ein kaltherziges Luder«, murmelte Vitari, die diesem Abgang zusah.
Cosca spitzte die Lippen. »Ich habe immer schon gesagt, dass sie den Teufel im Leib hat. Aber ihr Bruder war der wahrlich Gewissenlose von den beiden.«
»Hm.« Vitari wandte sich wieder zur Küche um. »Das war ein Kompliment.«
Monza gelang es, die Tür ihres Zimmers zu schließen und ein paar weitere Schritte zu machen, bevor ihre Eingeweide sich zusammenkrampften, als hätte man sie in den Magen getreten. Sie musste so heftig würgen, dass sie kaum Luft bekam. Ein langer Faden bitteren Speichels hing von ihrer Lippe und tropfte auf die Dielen.
Sie bebte vor Ekel und begann sich aus den Hurenkleidern herauszupellen. Ihr Fleisch erschauerte bei der Berührung mit dem Stoff, und ihre Gedärme rebellierten angesichts des widerlichen Kanalgeruchs, der von ihnen ausging. Taube Finger kämpften mit Haken und Ösen, mühten sich mit Knöpfen und Schnallen. Keuchend und schnaufend riss sie sich die feuchten Lumpen vom Leib und schleuderte sie von sich.
Dann erhaschte sie im Schein einer der Lampen einen Blick auf ihr eigenes Spiegelbild. Gebeugt wie ein Bettler, zitternd wie ein Trunkenbold, mit roten Narben, die über ihre bleiche Haut liefen. Das schwarze Haar hing strähnig herunter. Eine Wasserleiche, die aufrecht stand. Jedenfalls noch so gerade eben.
Du bist ein Traum. Eine Vision. Eine wahre Kriegsgöttin!
Wieder packte sie eine neuerliche Übelkeitsattacke, und sie stolperte zu ihrer Kleidertruhe und zog mit bebenden Händen frische Sachen hervor. Das Hemd hatte einst Benna gehört. Kurz war es so, als schließe er sie in seine Arme. Näher würde sie ihm jetzt nie wieder kommen.
Sie saß auf dem Bett, die Arme um den Körper geschlungen, die nackten Füße zusammengepresst, und wiegte sich hin und her, während sie darauf hoffte, dass ihr endlich etwas wärmer wurde. Wieder ergriff sie der Brechreiz, riss sie hoch und ließ sie bittere Galle spucken. Als es vorbei war, stopfte sie sich Bennas Hemd in den Gürtel, bückte sich, um ihre Stiefel anzuziehen und verzog das Gesicht, als die kalten Schmerzen durch ihre Beine zuckten.
Sie tauchte die Hände in die Waschschüssel und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht, dann begann sie, die Spuren von Schminke und Puder, Ruß und Blut wegzuwischen, rieb ihre Ohren, ihr Haar, ihre
Weitere Kostenlose Bücher