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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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packte er sie um die Körpermitte, und sie fasste fauchend nach seinem Hals. Blutspritzer zierten ihr Gesicht, und Nase und Mund waren rußverschmiert.
    »Feuer«, krächzte sie ihm zu.
    »Hier hinüber.« Er wandte sich wieder in die Richtung, aus der er gekommen war, und erstarrte.
    Am Ende des Korridors stiegen zwei Männer mit Brustpanzern die Treppe hinauf. Einer von ihnen deutete auf ihn.
    »Scheiße.« Er erinnerte sich an das Modell. Cardottis Haus grenzte an den Achten Kanal. Mit einem Stiefeltritt schlug er das Fenster weit auf. Es ging tief hinunter, aber unter dem aufwallenden Rauch wogte Wasser, dessen Wellen das Feuer geschäftig widerspiegelte.
    »Selbst mein verdammt noch mal schlimmster Feind«, zischte er durch die zusammengebissenen Zähne.
    »Ario ist tot«, lallte Monza in sein Ohr. Espe ließ das Schwert fallen und packte sie. »Was willst du jetzt …« Mit einem Ruck warf er sie aus dem Fenster und hörte ihren erstickten Schrei, als sie fiel. Dann riss er sich den Schild vom Arm, schleuderte ihn gegen die zwei Männer, die über den Flur auf ihn zugerannt kamen, kletterte aufs Fensterbrett und sprang.
    Qualm wallte und wogte um ihn herum. Die pfeifende Luft riss an seinem Haar, an den brennenden Augen, seinem offenen Mund. Mit den Füßen voran schlug er aufs Wasser auf, das ihn sofort hinabzog. Blasen stiegen in der Schwärze auf. Die Kälte packte ihn und zwang ihn beinahe, einen Schluck Wasser einzuatmen. Er wusste kaum, wo oben und wo unten war, schlug um sich und stieß mit dem Kopf gegen irgendetwas.
    Eine Hand packte ihn unter dem Kinn und zog an ihm. Sein Gesicht schoss zur Nacht empor, und er atmete keuchend in kalter Luft und kaltem Wasser ein. Dann wurde er den Kanal entlanggeschleppt, immer noch hustend vom eingeatmeten Rauch, dem eingeatmeten Wasser und dem Gestank der fauligen Brühe, in der er nun schwamm. Er schlug um sich, zuckte, keuchte, schnaufte.
    »Sei still, du Idiot!«
    Ein Schatten fiel über sein Gesicht, und seine Schulter schrammte über Stein. Er tastete umher, und seine Hand schloss sich um einen alten Eisenring. Das genügte, um den Kopf so lange über Wasser zu halten, bis er den Schluck Kanalwasser aus den Lungen gehustet hatte. Monza hatte sich an ihn gepresst, trat Wasser, den Arm um seinen Rücken gelegt, und hielt ihn fest. Ihr schneller, verängstigter, verzweifelter Atem und sein eigener zischten im Gleichklang, vermischten sich mit dem Schmatzen des Wassers und hallten unter einer Brücke wider.
    Hinter dem dunklen Steinbogen konnte er die Rückfront von Cardottis Haus der Sinnesfreuden erkennen. Das Feuer stob über den umliegenden Gebäuden hoch in den Himmel, Flammen knisterten und brüllten, Funkenschauer gingen zischend und knatternd nieder, Asche und Splitter flogen umher, und Rauch quoll in einer schwarzbraunen Wolke empor. Licht flackerte und tanzte auf dem Wasser und über die eine Hälfte von Monzas bleichem Gesicht – rot, orangefarben, gelb, die Farben des Feuers.
    »Scheiße«, zischte er und fröstelte vor Kälte, aber auch, weil ihn nun der Katzenjammer nach der Schlacht packte, der Gedanke an alles, was er in jenem wilden Durcheinander getan hatte. Er fühlte Tränen in den Augen brennen und konnte sich nicht davor zurückhalten zu heulen. Er begann zu zittern, zu schluchzen, und nur knapp konnte er sich noch an dem Ring festhalten. »Scheiße … Scheiße … Scheiße …«
    »Pssst.« Monzas Hand verschluss ihm den Mund. Schritte knirschten auf der Straße über ihnen, Rufe schallten hin und her. Sie drückten sich fester aneinander und wichen gegen die glitschige Kanalmauer zurück. »Pssst.« Vor ein paar Stunden hätte er eine Menge dafür gegeben, sich so an sie ziehen zu können. Aber irgendwie kamen in dieser Lage keine romantischen Gefühle auf.
    »Was ist geschehen?«, flüsterte sie.
    Espe konnte sie nicht einmal ansehen. »Ich habe verdammt noch mal keine Ahnung.«

WAS GESCHAH
    Nicomo Cosca, der berühmte Glücksritter, lauerte in den Schatten und beobachtete das Lagerhaus. Alles schien ruhig, die Fensterläden hingen dunkel an ihren schiefen Angeln. Keine rachelüsterne Menge, kein Waffengeklirr von Wachsoldaten. Sein Instinkt riet ihm, einfach in die dunkle Nacht zu verschwinden und sich nicht weiter um Monzcarro Murcatto und ihr verrücktes Streben nach Rache zu kümmern. Aber er brauchte ihr Geld, und sein Instinkt war nie auch nur einen feuchten Furz wert gewesen. Er drückte sich weiter in den Hauseingang, als eine

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