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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Ganmark.« Alles, um das Eisen ein wenig länger im Kohlenbecken verharren zu lassen. »Ich bekomme meine Befehle von ihm!«
    »Direkt von ihm?« Langrier sah stirnrunzelnd zu Pello. Er hörte kurz damit auf, an der trockenen Stelle in seiner Handfläche herumzupulen, und erwiderte ihren Blick. »Natürlich tun Sie das, und Seine Exzellenz Großherzog Salier kommt ständig höchstpersönlich hier unten vorbei, um nachzuschauen, wie es läuft. Halten Sie mich für völlig vertrottelt?« Sie schlug Monza ins Gesicht, erst mit der Handfläche, dann mit dem Handrücken, schlug ihr den Mund blutig und steckte ihre Haut in Brand, ließ den Raum tanzen und schwanken. »Das haben Sie doch gerade eben erfunden!«
    Monza versuchte, den Schlamm aus ihrem Kopf zu schütteln. »Wassollch Ihnen dennerzähln?« Die Worte verfingen sich in ihrem geschwollenen Mund.
    »Irgendetwas, das mir weiterhilft!«
    Monzas blutige Lippen bewegten sich auf und ab, aber es kam nichts heraus außer einem langen Faden roten Geifers. Lügen nützten nichts. Die Wahrheit nützte nichts. Pellos Arm schlang sich von hinten um ihren Hals, straff wie das Seil eines Henkers, und drückte ihr den Kopf zurück, bis ihr Gesicht zur Decke zeigte.
    »Nein!«, kreischte sie. »Nein! N…« Das Holzstück wurde ihr zwischen die Zähne geklemmt, noch nass von Espes Spucke.
    Langrier stakte in Monzas verschwommenes Gesichtsfeld und lockerte schüttelnd ihren Arm. »Meine verdammte Schulter! Ich schwöre, dass ich mehr Schmerzen habe als jeder andere, aber niemand hat Mitleid mit mir, nicht wahr?« Sie zog ein frisches Eisen aus den Kohlen, hielt es gelbweiß glühend hoch, so dass es einen hellen Schimmer auf ihr Gesicht warf und die Schweißtropfen auf ihrer Stirn funkeln ließ. »Gibt es etwas Langweiligeres als die Schmerzen anderer Leute?«
    Sie trat heran, hob das Eisen, und Monzas tränendes Auge war weit aufgerissen auf die weiße Spitze gerichtet, die immer näher kam und ganz leise zischte. Der Atem fuhr ihr abgehackt und keuchend durch die Kehle. Schon spürte sie die Hitze des Eisens leicht auf der Wange; fast fühlte sie bereits den Schmerz. Langrier beugte sich vor.
    »Aufhören.« Aus dem Augenwinkel, ganz verschwommen, sah sie eine Gestalt in der Tür. Sie blinzelte, die Augenlider flatterten. Ein großer dicker Mann stand in einem weißen Morgenmantel oben an der Treppe.
    »Euer Exzellenz!« Langrier warf das Eisen wieder in das Kohlenbecken, als ob sie sich damit verbrannt hätte. Der Griff um Monzas Hals lockerte sich plötzlich, und Pellos Stiefel entfernte sich von ihren Waden.
    Großherzog Saliers Augen bewegten sich langsam in seinem flächigen, blassen Gesicht, glitten von Monza zu Espe und wieder zu Monza. »Das sind sie?«
    »Das sind sie tatsächlich.« Nicomo Cosca sah dem Herzog über die Schulter und blickte in den Raum. Monza konnte sich nicht daran erinnern, dass sie jemals über die Ankunft eines Menschen so glücklich gewesen war. Der alte Söldner sah betroffen aus. »Für das Auge des Nordmanns ist es zu spät.«
    »Aber wenigstens nicht für sein Leben. Aber was haben Sie mit ihrer Haut gemacht, Hauptmann Langrier?«
    »Die Narben hatte sie schon, Euer Exzellenz.«
    »Wirklich? Eine ziemlich interessante Sammlung.« Salier schüttelte langsam den Kopf. »Eine höchst bedauerliche Verwechslung. Diese beiden sind einstweilen meine Ehrengäste. Besorgen Sie ihnen etwas zum Anziehen und versorgen Sie seine Wunde, so gut es geht.«
    »Natürlich.« Langrier riss das Holzstück aus Monzas Mund und neigte den Kopf. »Ich bedauere meinen Fehler zutiefst, Euer Exzellenz.«
    »Das ist nur verständlich. Wir haben Krieg. Menschen erleiden Verbrennungen.« Der Herzog stieß einen langen Seufzer aus. »Generalin Murcatto, ich hoffe sehr, Sie werden ein Bett in meinem Palast annehmen und uns morgen beim Frühstück Gesellschaft leisten?«
    Die Ketten gaben sie rasselnd frei, und ihre schlaffen Hände fielen ihr in den Schoß. Sie glaubte, ein »ja« hervorgebracht zu haben, bevor sie so heftig zu schluchzen begann, dass sie nicht mehr sprechen konnte und ihr die Tränen über das Gesicht liefen.
    Vor Entsetzen, Schmerz und unermesslicher Erleichterung.

DER KUNSTKENNER
    Man hätte glauben können, es sei ein ganz gewöhnlicher Morgen des Friedens und der Fülle in Herzog Saliers großzügigem Speisesaal, einem Raum, in dem Seine Exzellenz zweifelsohne einen großen Teil seiner Zeit verbrachte. Vier Musiker entlockten ihren Instrumenten in

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