Racheklingen
die Messer zu zücken. Unbarmherzigkeit, Entschlossenheit und Energie, all das besaß sie wirklich ohne Zweifel.
»Und wieso sollte ich den Wunsch verspüren, das zu tun?«
»Weil er kommt, um Ihre Sammlung zu plündern.« Sie hatte stets das Talent besessen, Menschen an der Stelle zu packen, an der sie am empfindlichsten waren. Cosca hatte das schon oft miterlebt, nicht zuletzt auch bei sich selbst. »Er kommt, um Ihre Gemälde, Ihre Skulpturen und Ihre Krüge in Kisten zu verstauen und sie nach Fontezarmo bringen zu lassen, damit sie dort Orsos Latrinen schmücken.« Ein schöner Einfall, das mit den Latrinen. »Ganmark ist ein Kunstkenner, genau wie Sie.«
»Dieser unionistische Schwanzlutscher ist ganz und gar nicht wie ich!« Zorn flammte plötzlich rot über Saliers Nacken. »Ein gemeiner Dieb und Maulheld, ein degenerierter Kerleficker, der Blut über den süßen Boden Styriens ergießt, als ob die Erde unseres Landes für seine Stiefel sonst nicht gut genug wäre! Mein Leben kann er haben, aber nicht meine Gemälde! Dafür werde ich sorgen!«
»Ich kann dafür sorgen«, zischte Monza und trat näher an den Herzog heran. »Er wird hierherkommen, wenn die Stadt fällt. Er wird hierhereilen, denn er wird Ihre Sammlung retten wollen. Wir könnten hier warten, als Soldaten getarnt. Wenn er hereinkommt«, sie schnippte mit den Fingern, »dann lassen wir Ihr Fallgitter herunter und haben ihn! Sie haben ihn. Helfen Sie mir.«
Aber der Augenblick war vorüber. Salier hatte schon wieder die Fassade schwerlidriger Gleichgültigkeit hochgezogen. »Dies sind meine beiden Lieblingsstücke, würde ich sagen«, erklärte er und deutete völlig gelassen auf zwei Ölgemälde, die deutlich aufeinander abgestimmt waren. »Parteo Gavras Studien der Frau. Sie waren stets als Paar gedacht. Seine Mutter und seine liebste Hure.«
»Mütter und Huren«, stieß Monza verächtlich hervor. »Verflucht seien die verdammten Künstler! Wir sprachen von Ganmark. Helfen Sie mir!«
Salier stieß einen müden Seufzer aus. »Ach, Monzcarro, Monzcarro. Wenn Sie meine Hilfe doch nur schon vor fünf Kriegszügen gesucht hätten, vor Föhrengrund. Vor Caprile. Sogar noch im letzten Frühjahr, bevor Sie Cantains Kopf über seinen Toren aufspießten. Selbst damals hätten wir noch Gutes tun und gemeinsam für die Freiheit kämpfen können. Selbst …«
»Vergeben Sie mir meine Offenheit, Euer Exzellenz, aber ich wurde letzte Nacht zusammengeschlagen, als sei ich ein Sack
Fleisch
.« Monzas Stimme brach ein wenig bei dem letzten Wort. »Sie haben mich um meine Meinung gebeten. Sie haben verloren, weil Sie zu schwach, zu weich und zu langsam sind, und nicht, weil Sie zu gut sind. Sie haben nur zu gern neben Orso gekämpft, solange Sie dieselben Ziele verfolgten, und Sie haben seine Methoden lächelnd gebilligt, solange sie Ihnen mehr Land einbrachten. Ihre Männer haben gebrandschatzt, vergewaltigt und gemordet, wenn es ihnen gefiel. Da ging es auch nicht um die Freiheit. Die offene Hand, die Sie den Bauern von Puranti hinstreckten, wollte sie lediglich zerschmettern, sonst nichts. Sie können gern den Märtyrer spielen, Salier, wenn Sie wollen, aber nicht vor mir. Mir ist schon übel.«
Cosca verzog gequält das Gesicht. Man konnte es mit der Wahrheit auch übertreiben, zumal vor den Ohren mächtiger Männer.
Die Augen des Herzogs verengten sich zu Schlitzen. »Offenheit, sagen Sie? Wenn Sie sich Orso gegenüber ebenso geäußert haben, dann ist es kein Wunder, wenn er Sie eine Felswand hinabwerfen ließ. Beinahe wünschte ich, ebenfalls einen hübschen Abgrund zur Hand zu haben. Sagen Sie mir, da Aufrichtigkeit ja offenbar gerade so in Mode ist, womit haben Sie Orso so erzürnt? Ich dachte, er hätte Sie geliebt wie eine Tochter? Weit mehr als seine eigenen Kinder, wobei jene drei ohnehin nicht besonders liebenswert sind – Fuchs, Wiesel und Mäuschen.«
Ihre geschwollene Wange zuckte. »Ich wurde bei seinem Volk zu beliebt.«
»Ja. Und?«
»Er hatte Angst, ich würde ihn vom Thron stoßen.«
»Tatsächlich? Und natürlich haben Sie niemals auf diesen Thron geschielt?«
»Nur, um ihn für Orso zu sichern.«
»Wirklich?« Salier grinste Cosca von der Seite an. »Es wäre ja wohl kaum der erste Stuhl, den Ihre treuen Klauen unter seinem früheren Besitzer weggerissen hätten, nicht wahr?«
»Ich habe nichts getan!«, bellte sie. »Außer ihm seine Schlachten zu gewinnen und ihn zum mächtigsten Mann in Styrien zu machen! Nichts!«
Der
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