Racheklingen
Mann zu sprechen, dessen Lächeln auf dem zerfurchten Gesicht verriet, dass er sich als sicherer Besitzer des Ganzen fühlte. Er spielte mit einer goldenen Münze und ließ sie schimmernd über seine Knöchel wandern.
»Du bist Sajaam?«, fragte Schenkt.
Der Mann nickte völlig entspannt. »Kenne ich dich?«
»Nein.«
»Ein Fremder also? Wir empfangen hier nicht allzu viele Fremde, nicht wahr, meine Freunde?« Ein paar der anderen grinsten halbherzig. »Die meisten unserer Kunden sind uns wohlbekannt. Was kann Sajaam für dich tun, Fremder?«
»Wo ist Monzcarro Murcatto?«
Wie ein Mann, der durch dünnes Eis bricht, wurde der Raum in plötzliches, schreckliches Schweigen getaucht. Jene Art schwerer Stille, bevor sich der Himmel auftut. Jene bedeutungsschwangere Ruhe, die das Unvermeidliche ankündigt.
»Die Schlange von Talins ist tot«, raunte Sajaam, und seine Augen verengten sich.
Schenkt fühlte die langsamen Bewegungen der Männer um sich herum. Lächeln verebbte, Füße suchten einen sicheren Stand für tödliches Zuschlagen, Hände glitten zu den Waffen. »Sie lebt, und du weißt, wo. Ich will nur mit ihr reden.«
»Was gl…, was glaubt denn dieser Sch-Scheißkerl, wer er ist?«, fragte der mickrige Kartenspieler, und einige andere lachten. Ein angespanntes, falsches Lachen, um die Spannung zu verbergen.
»Sag mir nur, wo sie ist. Bitte. Dann wird unser Gewissen am Ende des Tages nicht noch mehr belastet sein.« Schenkt machte es nichts aus zu bitten. Seinen Stolz hatte er schon vor langer Zeit abgelegt. Er sah jedem Mann in die Augen und gab jedem Mann die Möglichkeit, ihm das zu geben, was er brauchte. Das tat er immer, wenn er konnte. Er wünschte sich, dass mehr Leute diese Möglichkeit nutzen würden.
Aber sie grinsten ihn nur an und tauschten Blicke, und Sajaam lächelte von ihnen allen am breitesten. »Ich trage mein Gewissen mit Leichtigkeit.«
Schenkts alter Meister hätte vielleicht dasselbe gesagt. »Einigen von uns gelingt das. Das ist eine Gabe.«
»Ich mach dir einen Vorschlag, wir werfen eine Münze deswegen.« Sajaam hielt das Goldstück ins Licht, so dass es blitzte. »Bei Kopf bringen wir dich um. Bei Zahl sage ich dir, wo Murcatto ist …« Sein Lächeln zeigte viele weiße Zähne in seinem schwarzen Gesicht. »Und dann bringen wir dich um.« Ein leises metallenes Klingen ertönte, als er die Münze hochwarf.
Schenkt zog die Luft durch die Nase ein, langsam, ganz langsam.
Das Gold trieb durch die Luft und drehte und drehte sich.
Die Uhr tickte tief und gemächlich wie die Riemen eines großen Schiffes.
Bumm … bumm … bumm …
Schenkts Faust krachte in den breiten Bauch des dicken Mannes zu seiner Rechten und versank fast bis zum Ellenbogen darin. Dem Dicken blieb keine Luft zum Schreien, und daher stieß er ein winziges Stöhnen aus, und die Augen traten ihm aus den Höhlen. Einen Augenblick später drückte ihm Schenkts flache Hand das überraschte Gesicht ein und riss ihm den halben Kopf ab, und der Schädel knüllte sich zusammen wie Papier. Blut spritzte über den Tisch, schwarze, erstarrte Flecken, und der Gesichtsausdruck der übrigen Männer wandelte sich erst jetzt von Wut zu Entsetzen.
Schenkt riss den nächsten Mann von seinem Stuhl und schleuderte ihn zur Decke empor. Er hatte noch nicht einmal zu schreien begonnen, als er gegen die Balken krachte, Holz zerbarst und Splitter herabregneten und der malträtierte Körper mitsamt einem Schauer aus Staub und Gipskrümeln wieder herabfiel. Noch bevor er den Boden wieder erreicht hatte, packte Schenkt den Kopf eines weiteren Kartenspielers und rammte ihm das Gesicht durch die Tischplatte bis in den Boden darunter. Karten, kaputte Gläser, Holzstücke, Dielenstücke und Fleischbrocken stoben in einer dicken Wolke auf. Schenkt riss dem Mann das halbgezogene Beil aus der Hand, als er umfiel, und schleuderte es durch den Raum in die Brust des Tätowierten, der sich gerade von seinen Kissen erhob und den ersten Ton eines Kriegsschreis auf den Lippen hatte. Die Waffe traf ihn mit dem Stiel voran, aber der Aufschlag war so hart, dass das nichts ausmachte. Der Tätowierte fuhr herum und trudelte um die eigene Achse wie ein Kinderkreisel, die Brust klaffte weit auf, und sein Blut spritzte in alle Richtungen.
Der Flachbogen sang mit tiefem und verzerrtem Ton, und die Sehne schlug zurück, nachdem sie den Bolzen in Schenkts Richtung abgeschossen hatte. Das Geschoss flog durch die stauberfüllte Luft wie durch Sirup, der
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