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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Knochen, weißt du, schwer mitgenommen, und die Sehnen des kleinen Fingers waren größtenteils zerstört.« Ihr Retter schien enttäuscht. »Das ist natürlich ein Schock … Die Spuren werden verblassen, jedenfalls ein bisschen. Aber wenn man bedenkt, bei diesem Sturz … Nun ja. Hier.« Das Mundstück der Spreupfeife ragte ihr entgegen, und sie saugte gierig daran. Biss sich mit den Zähnen daran fest, als sei es ihre einzige Hoffnung. So war es auch.
    Er riss ein winziges Stück von dem Brotlaib ab, so klein, als wolle er einen Vogel damit füttern. Monza sah ihm dabei zu, und ihr Mund füllte sich mit bitterem Speichel. Hunger oder Übelkeit, es bestand kein großer Unterschied. Betäubt nahm sie den Krümel, hob ihn an ihre Lippen, so schwach, dass ihre linke Hand vor Anstrengung zitterte, schob ihn sich zwischen die Zähne und zwang sich zu schlucken.
    Es war, als würgte sie Glassplitter hinunter.
    »Langsam«, raunte er, »ganz langsam, du hast seit deinem Sturz nichts anderes als Milch und Zuckerwasser bekommen.«
    Das Brot blieb ihr im Rachen hängen, und sie hustete. Ihre Eingeweide krallten sich um den Messerstich, den der Getreue ihr zugefügt hatte.
    »Hier.« Er schob ihr die Hand unter den Kopf, sanft, aber unnachgiebig, hob ihr Kinn und hielt ihr eine Wasserflasche an die Lippen. Sie schluckte, dann noch einmal, und ihre Augen glitten zu seinen Fingern. Sie fühlte unvertraute Klumpen seitlich am Kopf. »Ich musste einige Teile deines Schädels entfernen. Ich habe sie durch Münzen ersetzt.«
    »Münzen?«
    »Wäre es dir lieber gewesen, dein Hirn rausgucken zu lassen? Gold rostet nicht. Gold verwittert nicht. Eine teure Behandlung natürlich, aber wenn du gestorben wärst, hätte ich mir meine Investition ja wieder zurückholen können, und da du nicht gestorben bist, nun … Das Geld ist gut angelegt, würde ich sagen. Deine Kopfhaut wird sich etwas uneben anfühlen, aber die Haare werden ja nachwachsen. Du hast so schönes Haar. Schwarz wie die Mitternacht.«
    Er ließ ihren Kopf sanft wieder auf die Bank sinken, und seine Hand blieb, wo sie war. Eine sanfte Berührung. Beinahe eine Zärtlichkeit.
    »Normalerweise bin ich ein schweigsamer Mann. Vielleicht verbringe ich zu viel Zeit allein.« Er zeigte ihr sein Leichenlächeln. »Aber ich habe das Gefühl, dass du … das Beste in mir hervorbringst, zu dem ich fähig bin. Die Mutter meiner Kinder ist genauso. Du erinnerst mich auf gewisse Weise an sie.«
    Monza lächelte halb zurück, aber in ihrem Innern fühlte sie aufsteigenden Ekel. Er vermischte sich mit der Übelkeit, die sie nun so oft empfand. Mit dem schwitzenden Verlangen.
    Sie schluckte. »Könnte ich …«
    »Natürlich.« Er hielt ihr die Pfeife bereits hin.
     
    »Mach eine Faust.«
    »Das geht nicht!«, zischte sie. Drei Finger zuckten ein wenig, der kleinste stand immer noch gerade ab, oder zumindest so gerade, wie er überhaupt noch war. Sie erinnerte sich daran, wie geschickt sie mit ihren Fingern gewesen war, wie sicher und schnell, und die Verzweiflung und die Wut waren sogar noch heftiger als der Schmerz. »Ich kann keine Faust machen!«
    »Du liegst jetzt schon seit Wochen hier herum. Ich habe dich nicht zusammengeflickt, damit du Spreu rauchen kannst und nichts tun musst. Versuch es entschlossener.«
    »Willst du es vielleicht mal versuchen, verdammt noch mal?«
    »Na schön.« Seine Hand schloss sich gnadenlos um die ihre und zwang die verkrüppelten Finger knirschend zu einer Faust. Ihre Augen traten aus den Höhlen, und der pfeifende Atem ging zu schnell, als dass sie hätte schreien können.
    »Ich habe das Gefühl, du begreifst gar nicht, wie sehr ich dir helfe.« Er drückte fester und fester zu. »Ohne Schmerz kann man nicht wachsen. Ohne Schmerz kann man sich nicht verbessern. Leid stachelt uns zu größter Leistung an.« Die Finger ihrer gesunden Hand zogen und zerrten erfolglos an seiner Faust. »Liebe ist ein hübsches Kissen, um sich darauf auszuruhen, aber nur Hass macht dich zu einem besseren Menschen. So.« Er ließ sie los, und sie sank wimmernd zurück, sah dann zu, wie sich ihre bebenden Finger langsam wieder halb öffneten und die Narben violett hervortraten.
    Am liebsten hätte sie ihn umgebracht. Sie wollte ihm jeden Fluch entgegenschreien, den sie kannte. Aber sie brauchte ihn zu sehr. Also hielt sie ihre Zunge im Zaum, schluchzte, keuchte, knirschte mit den Zähnen, schlug den Hinterkopf gegen die Bank.
    »Und jetzt mach eine Faust.« Sie starrte ihm

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