Racheklingen
Seite geritten. Hatte mit ihr gegessen. Hatte aus ihrer Feldflasche getrunken. Gelächelt und gelächelt und dann zugeschlagen, als ihm der Augenblick günstig erschien, um ihren Platz einzunehmen.
Sie hatte die Absicht, die Sache noch etwas länger hinzuziehen.
Carpi machte mit offenem Mund einen schwankenden Schritt, die Augen im blutigen Gesicht geweitet. Er sah sie, und sie grinste, hielt den Speer erhoben und stieß einen wilden Schrei aus. Wie ein Jäger vielleicht, der den Fuchs auf freier Flur entdeckte. Er humpelte verzweifelt auf den Rand des Feldes zu, den verwundeten Arm gegen die Brust gedrückt; der Schaft des Flachbogenbolzens ragte abgebrochen aus seiner Schulter.
Das Lächeln zerrte an ihrem Gesicht, als sie näher herantrabte, so nahe, dass sie seinen keuchenden Atem hören konnte, wie er sich ohne Aussicht auf Rettung dem Bach entgegenschleppte. Der Anblick dieses verräterischen Dreckskerls, wie er um sein Leben rannte, machte sie so glücklich wie schon lange nichts mehr. Er zog sein Schwert mit der Linken aus der Scheide, humpelte verzweifelt weiter und nutzte es dabei als Krücke.
»Es dauert seine Zeit«, rief sie ihm zu, »bis man lernt, die andere Hand zu gebrauchen! Das sollte ich wohl wissen! Und so viel Zeit bleibt dir verdammt noch mal nicht mehr, Carpi!« Der Bach war jetzt nahe, aber sie würde ihn erwischen, bevor er ihn erreichte, und das wusste er.
Er wandte sich um und hob ungeschickt die Klinge. Sie riss an den Zügeln und ließ ihr Pferd zur Seite tänzeln, so dass er lediglich in die Luft schlug. Sie hob sich in den Steigbügeln, stieß mit dem Speer nach unten, traf ihn an der Schulter und riss ihm die Rüstung dort ab, zerfetzte ihm den Mantel und schleuderte ihn auf die Knie, so dass sich sein Degen in die Erde bohrte. Er stöhnte durch die zusammengebissenen Zähne, Blut rann über seinen Brustpanzer, und er mühte sich, wieder aufzustehen. Sie zog einen Fuß aus dem Steigbügel, brachte ihr Pferd näher an ihn heran und trat ihm ins Gesicht. Sein Kopf flog zurück, er kippte nach hinten und rollte die Böschung hinunter in den Bach.
Sie schleuderte den Speer mit der Spitze voran in den Boden, schwang das Bein über den Sattel und glitt vom Pferd. Einen Augenblick stand sie da und sah dem zappelnden Carpi zu, während sie ihre Beine schüttelte, um die steifen Glieder wieder zu lockern. Dann riss sie den Speer wieder an sich, atmete lange und langsam ein und suchte sich einen Weg die Böschung hinunter zum Wasser.
Etwas weiter flussabwärts stand die Mühle, deren Wasserrad sich langsam klappernd drehte. Auf der anderen Seite war das Ufer mit unbehauenen Steinen befestigt worden, die dick mit Moos überwachsen waren. Carpi war hinübergewatet, fluchte, versuchte sich dort hinaufzuziehen. Aber mit seiner schweren Rüstung, dem vollgesogenen Mantel, einem Flachbogenbolzen in einer Schulter und einer Speerwunde an der anderen war das völlig aussichtslos. Also watete er mit hängendem Kopf am Ufer entlang, bis zur Brust im Wasser, während sie ihm auf der anderen Seite des Baches folgte, grinste und den Speer im Anschlag hielt.
»Du gibst nicht auf, Carpi, das muss man dir lassen. Niemand könnte dich einen Feigling nennen. Nur einen Dummkopf. Der dämliche Carpi.« Sie zwang sich zu einem Lachen. »Ich kann es nicht glauben, dass du auf diesen Scheiß hereingefallen bist. Nach all den Jahren, in denen du meine Befehle entgegengenommen hast, hättest du mich besser kennen sollen. Hast du gedacht, ich würde irgendwo herumhocken und über mein Unglück heulen?«
Er wich im Wasser zurück, die Augen auf die Speerspitze geheftet, und atmete schwer. »Dieser scheiß Nordmann hat mich angelogen.«
»Es ist beinahe so, als könnte man heutzutage niemandem mehr trauen, was? Du hättest mich ins Herz stechen sollen, Getreuer, statt in den Bauch.«
»Herz?«, zischte er. »Du hast kein Herz!« Er schlug im Wasser nach ihr, ließ glitzernde Tropfen hochspritzen, den Dolch in der Faust. Sie stach nach ihm, fühlte, wie der Speerschaft in ihrer schmerzenden rechten Hand ruckte, als die Spitze seine Hüfte traf, und sie schleuderte ihn herum, bis er auf den Rücken fiel. Er stand schwankend wieder auf und knurrte durch die zusammengebissenen Zähne: »Immerhin bin ich besser als du, du Mörderschlampe!«
»Wenn du so viel besser bist als ich, wie kommt es, dass du jetzt der bist, der im Bach liegt, und ich die mit dem Speer, du Arschloch?« Sie ließ die feucht schimmernde
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