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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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man einbalsamiert und für ihr Begräbnis hergerichtet hatte. Mit einem langen Blick sah sie zu den Bäumen hinüber, lächelte dann und schüttelte langsam den Kopf.
    Sie sagte etwas Fröhliches auf Kantesisch. Morveer beherrschte diese Sprache nicht besonders gut, aber es klang wie: »Du hast es immer noch drauf, Ischri.« Sie ließ ihre schwarzen Augen dort über den Weizen schweifen, wo sich Morveer verbarg, und er duckte sich mit größter Gewandtheit. Dann wandte sie sich um und verschwand hinter der zerstörten Ecke der Scheune, hinter der sie erschienen war. Nun hörte er sie leise und zufrieden lachen.
    »Du hast es immer noch drauf.«
    Morveer blieb mit dem überbordenden – aber seiner Meinung nach völlig gerechtfertigten – Wunsch zurück, zu fliehen, ohne sich noch einmal umzudrehen. Also robbte er auf dem Bauch durch das blutverschmierte Korn. Zoll um Zoll mühte er sich den Bäumen entgegen. Der Atem fuhr stoßweise aus seiner brennenden Brust, und die ganze lange Strecke über prickelte sein Hintern vor Angst.

NICHT SCHLECHTER
    Monza riss den Calvez zurück, und der Mann stieß ein pfeifendes Keuchen aus, das Gesicht vor plötzlichem Entsetzen zusammengekrampft und die Hände auf die kleine Wunde in seiner Brust gepresst. Er machte einen schwankenden Schritt nach vorn und hob sein Kurzschwert, als wöge es so schwer wie ein Amboss. Sie wich nach links aus und durchbohrte ihn von der Seite, gleich unter den Rippen. Die oft gebrauchte Klinge glitt durch seine nietenbesetzte Lederjoppe, gut einen Fuß tief hinein. Er wandte den Kopf in ihre Richtung, das Gesicht rosafarben und zitternd, die Adern traten an seinem ausgestreckten Hals hervor. Als sie den Degen aus seinem Körper zog, brach er zusammen, als sei die Waffe das Einzige gewesen, das ihn noch aufrecht gehalten hatte. Seine Augen glitten zu ihr hinüber.
    »Sag meiner …«, flüsterte er.
    »Was?«
    »Sag … ihr …« Mühsam versuchte er, sich von den Dielenbrettern zu erheben, eine Seite des Gesichts voller Staub, dann hustete er schwarze Kotze hervor und bewegte sich nicht mehr.
    Plötzlich konnte Monza ihn einordnen. Baro, so hatte er geheißen, oder Paro, jedenfalls irgendwas mit O am Ende. Ein Vetter vom alten Swolle. Er war bei Musselia dabei gewesen, nach der Belagerung, nach der Plünderung der Stadt. Er hatte über einen von Bennas Witzen gelacht, und es hatte sich ihr eingeprägt, weil sie damals gedacht hatte, dass das nicht die richtige Zeit für Späße war, nachdem sie Hermon ermordet und sein Gold gestohlen hatten. Ihr war nicht sehr zum Lachen zumute gewesen, das wusste sie noch.
    »Varo?«, murmelte sie und versuchte sich zu erinnern, was das für ein Witz gewesen war. Dann hörte sie das Knarren eines Dielenbretts und sah die Bewegung gerade noch rechtzeitig, um sich fallen zu lassen. Ihr Kopf machte einen Ruck, und ihr Gesicht schlug auf den Boden. Sie kam wieder auf die Beine, der Raum drehte sich, und sie krachte gegen die Wand, steckte einen Ellenbogen aus dem Fenster und fiel beinahe hinterher. Von draußen erschollen Gebrüll und Kampfeslärm.
    Ihr Kopf war voll blendendem Licht, aber trotzdem sah sie, dass etwas auf sie zukam, und sie stolperte beiseite und hörte, wie es gegen den Putz krachte. Splitter in ihrem Gesicht. Sie schrie, stolperte und kam aus dem Gleichgewicht, schlug mit dem Calvez nach einem schwarzen Schatten und sah, dass ihre Hand leer war. Sie hatte die Waffe schon fallen gelassen. Am Fenster war ein Gesicht.
    »Benna?« Blut rann aus ihrem Mund.
    Es war nicht die Zeit für Witze. Etwas schlug gegen ihren Rücken und trieb ihr die Luft aus den Lungen. Sie sah einen Streithammer, das stumpfe Glänzen von Metall. Sah das wild verzerrte Gesicht eines Mannes. Eine Kette schlang sich um seinen Hals und riss ihn nach oben. Der Raum beruhigte sich allmählich, das Blut rauschte in ihrem Kopf, sie versuchte aufrecht stehenzubleiben und rollte stattdessen auf den Rücken.
    Vitari hatte ihn bei der Kehle, und sie rangelten in dem dunklen Raum miteinander herum. Er versuchte ihr den Ellenbogen ins Gesicht zu schlagen und zerrte mit der anderen Hand an der Kette, aber sie zog sie fester, die Augen zu kleinen, wütenden Schlitzen verengt. Monza erhob sich mühsam, kam endlich auf die Beine und trat unsicher auf sie zu. Er tastete nach dem Messer in seinem Gürtel, aber Monza erwischte es zuerst, hielt ihm den freien Arm mit der linken Hand fest, zog die Klinge mit der rechten und stach auf ihn ein.
    »Uh, uh,

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