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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Spitze leicht kreisen. »Du greifst immer wieder an, Carpi, das muss man dir lassen. Niemand könnte dich einen Feigling nennen. Nur einen scheiß Lügner. Der verräterische Carpi.«
    »Ich und ein Verräter?« Langsam schleppte er sich an der Mauer entlang und auf das Mühlrad zu. »Ich? Nach all den Jahren, die ich bei dir geblieben bin? Ich wollte Cosca gegenüber loyal bleiben! Das war ich auch! Ich bin treu!« Mit seiner blutigen Hand schlug er sich auf den Brustpanzer. »Das bin ich. Das war ich. Du hast mir das genommen! Du und dein verdammter Bruder!«
    »Ich habe Cosca keine Felswand heruntergestürzt, du Idiot!«
    »Glaubst du, ich wollte das? Glaubst du, ich wollte irgendwas von dem, was passiert ist?« Tränen standen in den Augen des alten Söldners, als er vor ihr zurückwich. »Ich bin nicht zum Anführer geboren. Ario kam zu mir, sagte, Orso hätte erklärt, dir sei nicht mehr zu trauen. Du müsstest weg! Du seist die Vergangenheit und ich die Zukunft, und die anderen Hauptmänner seien bereits einverstanden. Und ich ging den leichten Weg. Welche Wahl hätte ich gehabt?«
    Monza empfand nun keinerlei Freude mehr. Sie erinnerte sich an Orso, wie er in ihrem Zelt aufgetaucht war.
Cosca ist die Vergangenheit, und ich habe beschlossen, dass Sie die Zukunft sind.
Benna, der neben dem Herzog stand und lächelte.
Es ist besser so. Du hast es verdient, die Befehlshaberin zu sein.
Sie erinnerte sich, dass auch sie den leichteren Weg gegangen war. Welche Wahl hatte sie gehabt? »Du hättest mich warnen können, mir die Möglichkeit geben können zu …«
    »So, wie du Cosca gewarnt hast? So, wie du mich gewarnt hast? Fick dich, Murcatto! Du hast den Pfad vorgegeben, und ich bin dir gefolgt! Wer eine blutige Saat ausbringt, wird eine blutige Ernte haben, und du hast in ganz Styrien deine Felder bestellt! Du hast dir das selbst zuzuschreiben! Du hast es dir selbst – gah!« Er stolperte rückwärts und fuhr sich mit den Händen an den Hals. Sein Mantel war auf dem Wasser weitergetrieben und hatte sich in den Speichen des Wasserrads verfangen. Das rote Tuch wurde immer weiter mitgeschleift und drängte ihn gnadenlos gegen das langsam drehende Holz.
    »Verdammte Scheiße …« Mit seinem noch einigermaßen gesunden Arm grabschte er an den moosigen Schaufeln herum, an den verrosteten Bolzen des großen Rads, aber es ließ sich nicht aufhalten. Monza sah zu, der Mund halboffen, aber ohne Worte, und der Speer hing schlaff in ihren Händen, als Carpi unter Wasser gezogen wurde, unter das Rad. Tiefer, tiefer in das schwarze Wasser. Es schäumte und gurgelte um seine Brust, dann um seine Schultern, dann um seinen Hals.
    Seine hervorquellenden Augen hoben sich zu ihr empor. »Ich bin nicht schlechter als du, Murcatto! Ich habe nur getan, was ich tun musste!« Er bemühte sich, den Mund über dem aufgewühlten Wasser zu halten. »Ich bin … nicht schlechter … als …«
    Sein Gesicht verschwand.
    Der Getreue Carpi, der fünf Angriffe für sie geführt hatte. Der bei jedem Wetter für sie gekämpft und sie niemals im Stich gelassen hatte. Der Getreue Carpi, dem sie ihr Leben anvertraut hatte.
    Monza watete in den Bach, und das kalte Wasser strömte um ihre Beine. Sie bekam Carpis suchende Hand zu fassen und fühlte, wie seine Finger sich um die ihren schlossen. Sie zog mit zusammengebissenen Zähnen und keuchte vor Anstrengung. Dann hob sie den Speer, schlug ihn so hart sie konnte in das Getriebe des Rads, fühlte, wie der Schaft sich verkeilte. Sie schob dem alten Söldner die behandschuhte Rechte unter die Achsel, bis zum Hals im Sog das Wassers, bemühte sich, ihn herauszuziehen, spannte jeden brennenden Muskel an. Schließlich spürte sie, wie er auftauchte, wie ein Arm aus dem schäumenden Wasser kam, erst der Ellenbogen, dann die Schulter, und sie begann an der Fibel zu zerren, die den Mantel unter seinem Kinn zusammenhielt, aber die Finger im Handschuh wollten nicht. Zu kalt, zu taub, zu kaputt. Mit einem Knacken zersplitterte der Speerschaft. Das Wasserrad setzte sich wieder in Bewegung, langsam, langsam, mit knirschendem Metall und mahlenden Zahnrädchen, und zog den Getreuen wieder unter Wasser.
    Der Bach floss weiter dahin. Seine Hand wurde schlaff, und dann war alles vorbei.
    Fünf tot, blieben noch zwei.
    Sie ließ ihn los und atmete schwer. Als seine bleichen Finger im Wasser untergingen, watete sie aus dem Bach und zog sich aufs Ufer, bis auf die Haut durchnässt. Es war keine Kraft mehr in ihr, ihre

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