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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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in die Flanken, so dass es sprang. Ein Osprianer ließ seinen Flachbogen fallen und warf sich mit einem Aufschrei zur Seite. Sie kam auf der anderen Seite wieder auf den Boden, wurde heftig im Sattel hin und her geworfen und hätte sich beinahe selbst ins Gesicht gestochen, aber dann preschte sie in den Weizen, und die Halme schlugen um die Beine des gestohlenen Pferdes, als es sich den langen Abhang hinaufmühte. Sie nahm den Speer ungeschickt in die linke Hand, die Zügel nun in die Rechte, beugte sich tief hinab und trieb das Pferd mit hastigen Tritten weiter an. Sie sah, dass Carpi die Kuppe des Hügels erreicht hatte, ein schwarzer Umriss vor dem hellen östlichen Himmel, dann wandte er sein Pferd um und galoppierte davon.
    Sie preschte aus dem Weizen und über ein Feld, das mit dornigem Gebüsch durchsetzt war. Nun ging es abwärts, und Dreckklumpen spritzten von der weichen Erde, als sie ihr Ross zu vollem Galopp anspornte. Nicht allzu weit vor ihr ließ Carpi sein Pferd über eine Hecke springen; die kleinen Zweige schlugen gegen die Hufe des Tiers. Es kam auf der anderen Seite schlecht wieder auf, und Carpi streckte unwillkürlich die Arme aus, um das Gleichgewicht im Sattel zu halten. Monza wählte eine bessere Stelle, meisterte die Hecke leicht und holte immer weiter auf. Sie hielt die Augen nach vorn gerichtet, immer nur nach vorn. Sie dachte nicht an die Geschwindigkeit, an die Gefahr oder den Schmerz in ihrer Hand. In ihrem Kopf gab es nun nur noch den Getreuen Carpi und sein Pferd und den überwältigenden Wunsch, ihren Speer in dem einen oder dem anderen zu versenken.
    Sie galoppierten über ein unbestelltes Feld, die Hufe schlugen hart auf die dicke Erdkruste, und sie hielten auf eine Vertiefung im Boden zu, die wie ein Bachlauf aussah. Ein weiß getünchtes Gebäude schimmerte dort hell in der Morgensonne, offenbar eine Mühle, soweit Monza das erkennen konnte, während die Welt um sie herum bebte, schwankte, an ihr vorbeieilte. Sie beugte sich tiefer über den Hals des Pferdes, packte den Speer, den sie sich unter den Arm geklemmt hatte, und der Wind fuhr ihr in die zusammengekniffenen Augen. Mit aller Willenskraft arbeitete sie sich näher an den Getreuen Carpi heran. So wie es aussah, hatte sich sein Pferd bei dem missglückten Sprung leicht verletzt, denn sie kam nun näher an ihn heran, und zwar immer schneller.
    Nur noch drei Längen lagen zwischen ihnen, dann zwei, und ihr flog die Erde ins Gesicht, die sein Streitross mit den Hufen hochschleuderte. Nun richtete sie sich im Sattel auf, holte mit dem Speer aus, und die Sonne schimmerte kurz auf der geschmiedeten Spitze. Sie erhaschte einen Blick auf das vertraute Gesicht, als er den Kopf herumriss, um über seine Schulter zu blicken; eine graue Augenbraue war blutverschmiert, und blutige Spuren durchzogen seine unrasierte Wange, weil er aus einer Wunde an der Stirn blutete. Sie hörte ihn knurren, als er dem Pferd hart die Sporen gab, aber sein Ross war ein schweres Tier, das besser für einen Angriff denn für die Flucht geeignet war. Der auf und nieder wippende Kopf ihres eigenen Reittiers kam langsam näher und näher an den flatternden Schweif vor ihm, und der Boden flog braun und verschwommen unter ihnen dahin.
    Sie schrie, als sie die Speerspitze in den Pferdekörper stach. Das Pferd zuckte, bäumte sich auf, riss den Kopf herum, rollte wild mit einem Auge und hatte Schaum vor den gebleckten Zähnen. Der Getreue wurde im Sattel herumgeschleudert, und ein Fuß rutschte aus dem Steigbügel. Das Streitross stürmte kurz noch weiter voran, dann gab sein verwundetes Bein nach, und es brach ganz plötzlich zusammen, schoss nach vorn, der Kopf knickte unter dem nachfolgenden Gewicht ein, die Hufe schlugen, Schlamm spritzte. Sie hörte Carpi aufschreien, als sie vorüberflog, hörte den Aufschlag hinter ihr, als sich sein Pferd auf dem schlammigen Feld überschlug.
    Mit der rechten Hand zügelte sie ihr eigenes Tier, das schnaubte und den Kopf herumwarf und dessen Beine nach dem harten Ritt zitterten. Sie sah, wie sich Carpi trunken vom Boden erhob und sich in dem langen roten Mantel verfing, der von oben bis unten mit Dreck bespritzt war. Es überraschte sie, dass er noch lebte, aber sie war darüber nicht unglücklich. Gobba, Mauthis, Ario, Ganmark, sie alle hatten ihre Rolle bei dem gespielt, was Orso ihr angetan hatte, ihr und ihrem Bruder, und sie hatten dafür bezahlt. Aber keiner von ihnen war ihr Freund gewesen. Der Getreue war an ihrer

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