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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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wenn ihr morgen nicht zurückkämt. Dann sind wir vielleicht nicht mehr so in Feierlaune.«
    Monza machte einen Schritt auf ihn zu, und ein Fluch ging ihr halb über die Lippen. Mit einem metallischen Rasseln zogen die versammelten Hauptmänner ihre Waffen. Freundlich stellte sich ihr in den Weg, die verschränkten Arme lösten sich, die Hände glitten an seine Hüften, und das ausdruckslose Gesicht wandte sich ihr entgegen. Sie erstarrte und knirschte mit den Zähnen. »Ich muss Orso töten!«
    »Und wenn du das vollbracht hast, wird dein Bruder davon wieder lebendig?« Cosca neigte den Kopf zu einer Seite. »Und deine Hand wird wieder ganz? Ja?«
    Sie war ganz kalt überall, ihre Haut kribbelte. »Er verdient, was er bekommen wird!«
    »Ja, aber das tun die meisten von uns. Wir alle werden es auch bekommen, so oder so. Wie viele andere Menschen willst du bis dahin noch in den kleinen Strudel deiner Rache mit hineinziehen?«
    »Für Benna …«
    »Nein. Für dich. Ich kenne dich, vergiss das nicht. Ich habe dort gestanden, wo du jetzt stehst, geschlagen, betrogen, entehrt, und habe es überstanden. Solange du Männer zu töten hast, bist du immer noch Monzcarro Murcatto, die Große, die Furchteinflößende! Ohne das, was bist du dann?« Cosca verzog den Mund. »Eine einsame, verkrüppelte Frau mit blutiger Vergangenheit.«
    Die Worte erstickten in ihrer Kehle. »Bitte, Cosca, du musst doch …«
    »Ich muss gar nichts. Wir sind quitt, schon vergessen? Mehr als quitt, würde ich sagen. Aus meinen Augen, Schlange, bevor ich dich in einem Krug an Herzog Orso schicke. Brauchst du Arbeit, Nordmann?«
    Espes gesundes Auge glitt zu Monza, und einen kurzen Augenblick glaubte sie, er wolle Ja sagen. Dann schüttelte er langsam den Kopf. »Ich bleibe bei dem Häuptling, den ich habe.«
    »Treue, was?« Cosca schnaubte. »Sei vorsichtig mit diesem Quatsch, der kann dich umbringen!« Vereinzeltes Gelächter. »Bei den Tausend Klingen ist kein Platz für Treue, was, Jungs? Von diesem kindischen Unsinn wollen wir hier nichts wissen!« Noch mehr Gelächter, und zwanzig oder mehr harte Gesichter grinsten Monza an.
    Ihr war schwindlig. Das Zelt erschien plötzlich gleichzeitig zu hell und zu dunkel. Gerüche zogen ihr in die Nase – verschwitzte Körper, harter Branntwein, stinkende Kochdünste oder eine Latrinengrube, die zu nahe am Hauptquartier ausgehoben worden war, ihr drehte sich der Magen um, und Speichel strömte in ihren Mund. Einen Zug Spreu, oh bitte, nur einen Zug. Sie wandte sich leicht schwankend auf dem Absatz um, schob sich an einigen glucksenden Männern vorbei durch die Zelttür, aus dem Zelt hinaus und in den hellen Morgen.
    Draußen war es noch schlimmer. Das Sonnenlicht stach nach ihr. Gesichter, Dutzende, verschmolzen zu einer Masse aus Augen, die sie allesamt anstarrten. Eine Richterbank des Abschaums. Sie versuchte, nach vorn zu blicken, immer nur nach vorn, aber ihre Lider flatterten, und sie konnte die Augen nicht ruhig halten. Sie versuchte, auf die altbekannte Art zu gehen, den Kopf in den Nacken geworfen, aber ihre Knie zitterten so sehr, dass sie überzeugt war, alle Umstehenden müssten hören, wie sie gegen die Innenseiten ihrer Hosen schlugen. Es war, als hätte sie die Angst, die Schwäche, den Schmerz immer nur weggeschoben. Weggeschoben, aufgestaut, bis sie jetzt in einer großen Welle über sie hereinbrachen und sie mit sich rissen, hilflos. Ihre Haut war eisig, bedeckt mit kaltem Schweiß. Ihre Hand schmerzte bis hoch zum Hals. Sie sahen, was sie wirklich war. Sahen, dass sie verloren hatte. Eine einsame, verkrüppelte Frau mit blutiger Vergangenheit, ganz, wie Cosca gesagt hatte. Ihre Eingeweide rebellierten, und sie würgte, bittere Säure kitzelte ihre Kehle. Die Welt kippte.
    Hass hilft dir nur eine gewisse Zeit, aufrecht zu stehen.
    »Kann nicht«, flüsterte sie. »Kann nicht.« Ihr war egal, was nun passierte, solange sie einfach aufhören konnte. Ihre Arme gaben nach und sie fiel, spürte, wie Espe sie am Arm packte und emporzog.
    »Lauf«, zischte er ihr ins Ohr.
    »Kann nicht …«
    Seine Faust bohrte sich hart in ihre Achselhöhle, und der Schmerz sorgte dafür, dass sich die Welt kurzzeitig zu drehen aufhörte. »Lauf, verdammt noch mal, sonst sind wir erledigt.«
    Genug Kraft, mit Espes Hilfe, um bis zu den Pferden zu kommen. Genug, um einen Fuß in den Steigbügel zu schieben. Genug, um sich mit einem schmerzerfüllten Stöhnen in den Sattel zu ziehen, das Pferd zu wenden und in

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