Racheklingen
verzweifelte und ernsthaft darüber nachdachte, Styrien zu verlassen und an sonnigere Ufer zu fliehen.« Rogont schloss die Augen und wandte sein Gesicht der Sonne zu. »Und dann, oh glückseliger Tag, oh glücklicher Zufall …« Er öffnete die Augen wieder und sah Monza ins Gesicht. »Dann ermordeten Sie Prinz Ario.«
Schwarzes Blut quoll aus einer bleichen Kehle, ein Leichnam stürzte aus dem offenen Fenster, Feuer und Rauch überall in dem brennenden Gebäude. Rogont grinste mit der Selbstzufriedenheit eines Zauberkünstlers, der seinen neusten Trick erklärt.
»Sotorius war der Gastgeber. Ario stand unter seinem Schutz. Der alte Mann wusste, dass Orso ihm den Tod seines Sohnes niemals verzeihen würde. Er wusste, welches Schicksal Sipani bevorstand, wenn Orso nicht aufgehalten werden konnte. Wir kamen in derselben Nacht zu einer Übereinkunft, während Cardottis Haus der Sinnesfreuden noch brannte. Im Geheimen führte Kanzler Sotorius Sipani in den Neunerbund.«
»Neun«, flüsterte Monza, während sie beobachtete, wie die sipanischen Truppen stetig zu den Furten vorrückten, um Foscar in den kaum verteidigten Rücken zu fallen.
»Mein langsamer Rückzug aus Puranti, den Sie für eine so schlechte Idee hielten, diente dazu, ihm genug Zeit für die Vorbereitungen zu geben. Ich begab mich aus freien Stücken in diese kleine Falle, um so den Köder in einer weitaus größeren zu spielen.«
»Sie sind viel schlauer, als Sie aussehen.«
»Das ist nicht weiter schwierig. Meine Tante sagte mir stets, ich hätte ein echtes Schafsgesicht.«
Sie sah stirnrunzelnd zu den bewegungslos verharrenden Truppen auf dem Menzesberg hinüber. »Was ist mit Cosca?«
»Manche Männer ändern sich nie. Er ließ sich von meinen gurkhisischen Unterstützern eine fürstliche Summe dafür bezahlen, dass er sich aus der Schlacht heraushält.«
Plötzlich sah es so aus, als ob sie die Welt nicht annähernd so gut verstünde, wie sie geglaubt hatte. »Ich habe ihm Geld angeboten. Er wollte es nicht nehmen.«
»Unglaublich, wo doch Verhandlungsgeschick eine Ihrer großen Stärken ist. Er wollte
von Ihnen
kein Geld nehmen. Ischri spricht wohl mit süßerer Zunge. ›Krieg ist lediglich die scharfe Spitze der Politik. Klingen können Männer töten, aber nur Worte können sie bewegen, und gute Nachbarn sind der sicherste Schutz bei einem Sturm.‹ Ich zitiere aus Juvens’
Grundzüge der hohen Künste.
Überwiegend Unfug und Aberglauben, aber der Band über die Ausübung der Macht ist sehr faszinierend. Sie sollten Bücher aus den verschiedensten Bereichen lesen, Generalin Murcatto. Ihr Bücherwissen ist doch etwas eingeschränkt.«
»Ich habe erst spät mit dem Lesen begonnen«, brummte sie.
»Ich stelle Ihnen gern meine ganze Bibliothek zur Verfügung, sobald ich die Talineser geschlagen und Styrien erobert habe.« Rogont lächelte glücklich zum Grund des Tals hinunter, wo Foscars Heer Gefahr lief, von allen Seiten eingeschlossen zu werden. »Wenn Orsos Truppen natürlich einen erfahreneren Befehlshaber gehabt hätten als den jungen Prinz Foscar, dann hätte alles auch anders ausgehen können. Ich bezweifle, dass ein Mann von General Ganmarks Kaliber mir derart auf den Leim gegangen wäre. Und vielleicht auch jemand mit so viel Erfahrung wie der Getreue Carpi nicht.« Er beugte sich ein wenig aus dem Sattel und kam ihr mit seinem selbstzufriedenen Lächeln noch näher. »Aber leider hat Orso, was seine Befehlshaber angeht, einige unglückliche Verluste hinnehmen müssen.«
Sie schnaubte, wandte den Kopf und spuckte aus. »Schön, dass ich Ihnen behilflich sein konnte.«
»Oh, ohne Sie hätte ich das alles nicht bewerkstelligen können. Jetzt müssen wir nur noch die untere Furt halten, bis unsere tapferen Verbündeten aus Sipani den Fluss erreichen, Foscars Männer aufreiben, und dann werden Herzog Orsos Ambitionen in den Untiefen untergehen.«
»So einfach ist das alles?« Monza sah mit gerunzelter Stirn zum Fluss. Die Affoianer, eine unordentliche rotbraune Gruppe am bisher vernachlässigten rechten Rand des Schlachtfelds, waren vom Ufer zurückgedrängt worden. Nur um zwanzig Schritt aufgewühlten Boden, aber das genügte, um den Talinesern einen kleinen Halt zu bieten. Nun waren offenbar ein paar Baoliten durch das tiefere Wasser flussaufwärts gewatet, um die Flanke der Affoianer anzugreifen.
»Das ist es, und es sieht so aus, als seien wir schon auf dem besten Weg … ah.« Rogont hatte es auch gesehen. »Oh.« Die
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