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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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ersten Männer wurden in die Flucht geschlagen und liefen den Berghang zur Stadt hinauf.
    »Offenbar haben Ihre tapferen Verbündeten aus Affoia genug von Ihrer Gastfreundschaft.«
    Die selbstzufriedene Jubelstimmung, die sich in Rogonts Hauptquartier breitgemacht hatte, als die Sipanier aufgetaucht waren, schwand schnell wieder, als immer mehr kleine Punkte aus den schiefen affoianischen Linien herausbrachen und in alle Richtungen flüchteten. Über ihnen fransten die Reihen der Bogenschützen allmählich aus, als viele der Männer nervös zur Stadt hinaufblickten. Sie hatten ganz offensichtlich keine Lust, auf Tuchfühlung mit den Leuten zu gehen, die sie während der letzten Stunde beschossen hatten.
    »Wenn diese baolitischen Drecksäcke durchbrechen, dann werden sie Ihren Truppen in die Flanke fahren und die ganze Linie aufrollen. Sie werden sie erledigen.«
    Rogont kaute an seiner Lippe. »Die Sipanier sind nicht einmal mehr eine halbe Stunde entfernt.«
    »Schön. Dann kommen sie genau rechtzeitig, um unsere Toten zu zählen. Und danach ihre.«
    Er sah nervös zur Stadt hinüber. »Vielleicht sollten wir uns bis hinter die Stadtmauern zurückziehen …«
    »Sie haben keine Zeit, sich aus dem Gewirr dort unten zu lösen. Nicht einmal ein so erfahrener Rückzugsspezialist wie Sie könnte das bewerkstelligen.«
    Dem Herzog war alle Farbe aus dem Gesicht gewichen. »Was können wir tun?«
    Plötzlich hatte sie das Gefühl, die Welt perfekt zu begreifen. Monza zog mit einem leichten metallischen Klingen ihren Säbel. Einen Kavalleriesäbel, den sie aus Rogonts Waffenkammer ausgeliehen hatte – einfach, schwer und mörderisch gut geschärft. Seine Augen glitten zu der Waffe. »Ah. Das.«
    »Ja. Das.«
    »Ich nehme an, es kommt irgendwann die Zeit, in der ein Mann seine Vorsicht fahren lassen muss.« Rogont schob das Kinn vor, und die Kiefermuskeln arbeiteten. »Kavallerie. Zu mir …« Seine Stimme erstarb zu einem kehligen Krächzen.
    Eine laute Stimme ist für einen General so wertvoll wie ein ganzes Regiment, hieß es bei Farans.
    Monza erhob sich in den Steigbügeln und schrie aus vollem Hals: »Kavallerie! In Angriffsformation!«
    Die Stabsoffiziere des Herzogs begannen zu kreischen, hierhin und dorthin zu zeigen und mit ihren Degen zu fuchteln. Berittene kamen von allen Seiten herbei und stellten sich in langen Reihen auf. Harnische klapperten, Rüstungen schepperten, Lanzen stießen gegeneinander, Pferde schnaubten und stampften auf den Boden. Die Männer fanden ihre Plätze, brachten ihre unruhigen Pferde in eine ordentliche Aufstellung, fluchten und schrien, zurrten ihre Helme fest und klappten die Visiere hinunter.
    Die Baoliten brachen nun tatsächlich durch und quollen aus den immer größer werdenden Lücken in Rogonts aufgelöstem rechtem Flügel wie die Flut durch eine Mauer aus Sand. Monza hörte ihre schrillen Kriegsschreie, als sie den Abhang hinaufstürmten, sah ihre flatternden, ausgefransten Banner und das Schimmern von bewegtem Metall. Die Reihen der Bogenschützen lösten sich bei diesem Anblick völlig auf, die Männer warfen ihre Bogen weg und rannten zur Stadt, vermischten sich dabei mit fliehenden Affoianern und Osprianern, die inzwischen ebenfalls ihre Zweifel an dem ganzen Unterfangen hatten. Es hatte Monza stets fasziniert, wie schnell ein Heer auseinanderfallen konnte, sobald sich der erste Hauch von Panik darüber hinwegwehte. Es war, als schlüge man den Schlussstein unter einer Brücke weg, und das ganze Bauwerk zerfiel im nächsten Augenblick zu einer Ruine. Sie standen jetzt am Rande dieses Zusammenbruchs, das spürte sie.
    Monza fühlte, dass ein Pferd sich neben ihres drängte, und Espe sah sie an, die Axt in der einen Hand, die Zügel und einen schweren Schild in der anderen. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, eine Rüstung anzulegen. Trug einfach nur das Hemd mit der Goldstickerei auf den Manschetten. Das, was sie für ihn ausgesucht hatte. Das, was auch Benna hätte tragen können. Jetzt schien es gar nicht mehr so gut zu ihm zu passen. Es wirkte wie ein Kristallhalsband am Hals eines Kampfhundes.
    »Ich dachte, du wärst vielleicht schon auf dem Weg zurück nach Norden.«
    »Ohne das viele Geld, das du mir noch schuldest?« Sein eines Auge sah ins Tal hinab. »Ich bin nie einem Kampf ausgewichen.«
    »Gut. Schön, dass du da bist.« In diesem Augenblick meinte sie es wirklich so. Egal, wie die Dinge zwischen ihnen sein mochten, er hatte die höchst praktische

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