Racheklingen
wo doch sein Vater mich ebenfalls so reich entlohnt hat. In meiner Jugend habe ich mich vom Wind mal in diese, mal in jene Richtung wehen lassen, aber ich versuche ganz ernsthaft, mich zu ändern, mein lieber Oberst, wie ich Ihnen bereits neulich abends sagte. Daher kann ich guten Gewissens wirklich nur das eine tun, nämlich hier sitzen bleiben.« Er schob sich eine Weintraube in den Mund. »Und nichts tun.«
Rigrat stotterte irgendetwas und griff verspätet nach seinem Degen, aber schon lag Freundlichs Faust um den Griff, und sein Messer schimmerte in der anderen Hand. »Nein, nein, nein.« Der Oberst erstarrte, als Freundlich ihm den Degen sanft aus der Scheide zog und quer durch das Zelt warf.
Cosca fing ihn im Flug auf und machte ein paar Übungsschläge. »Guter Stahl, Herr Oberst, ich gratuliere Ihnen zur Auswahl Ihrer Klingen, wenn auch nicht zu Ihrer Strategie.«
»Du wurdest von beiden bezahlt? Um gegen niemanden zu kämpfen?« Andiche grinste von einem Ohr zum anderen, während er einen Arm um Coscas Schulter legte. »Mein alter Freund! Wieso hast du mir das nicht gesagt? Verdammt, ist es schön, dich wieder hierzuhaben!«
»Bist du sicher?« Cosca stach ihm Rigrats Degen in die Brust, bis zum polierten Griff. Andiches Augen traten aus ihren Höhlen, sein Mund klappte auf, und er zog keuchend die Luft ein, sein pockennarbiges Gesicht verzerrte sich, und er versuchte zu schreien, brachte aber nur noch ein sanftes Husten zustande.
Cosca neigte sich zu ihm hinunter. »Du hast wohl geglaubt, du könntest dich ungestraft gegen mich wenden? Mich betrügen? Meinen Stuhl für ein paar Silberlinge einem anderen geben, dann lächeln und mein Freund sein? Du hast mich falsch eingeschätzt, Andiche. Ein tödlicher Fehler. Vielleicht bringe ich die Menschen zum Lachen, aber ich bin kein Hanswurst.«
Die Jacke des Söldners schimmerte vor dunklem Blut, sein zitterndes Gesicht war hellrot geworden, und die Adern traten am Hals hervor. Er griff mit gekrümmten Fingern schwach nach Coscas Brustpanzer, und blutiger Schaum trat auf seine Lippen. Cosca ließ nun den Griff los, wischte sich die Hand an Andiches Ärmel ab und schob ihn weg. Er fiel durchbohrt zur Seite, stieß ein leises Stöhnen aus und bewegte sich nicht mehr.
»Interessant.« Ischri beugte sich über ihn. »Ich bin, was selten vorkommt, überrascht. Es war doch wohl Murcatto, die Ihnen den Stuhl wegnahm. Die jedoch ließen Sie gehen, oder?«
»Wenn ich heute darüber nachdenke, dann zweifle ich daran, dass bei diesem Verrat die Fakten zu der Geschichte passen, die später erzählt wurde. Aber so oder so kann ein Mann einer Frau alle möglichen Vergehen leichter verzeihen als hässlichen Kerlen, die er ohnehin schon unerträglich findet. Und wenn es etwas gibt, das ich überhaupt nicht ertragen kann, dann ist es Illoyalität. Jeder braucht etwas in seinem Leben, an dem er festhalten kann.«
»Illoyalität?«, kreischte Rigrat, der endlich seine Stimme wiederfand. »Sie werden dafür bezahlen, Cosca, Sie verräterischer …«
Freundlichs Klinge drang tief in seinen Hals und wieder heraus, Blut spritzte auf den Boden des Zelts und besudelte die musselische Flagge, die Sazine an jenem Tag erobert hatte, da er die Tausend Klingen gründete.
Rigrat fiel auf die Knie, eine Hand an die Kehle gepresst, und Blut strömte über seine Jacke. Er kippte vornüber, zitterte einen Augenblick, dann lag er still. Ein dunkler Kreis bildete sich auf dem Stoff der Bodenplane und verband sich mit der Lache, die von Andiches Leiche ausging.
»Ah«, brummte Cosca. Er hatte eigentlich geplant, Rigrat gegen ein Lösegeld wieder seiner Familie zurückzuschicken. Das war nun wohl nicht mehr möglich. »Das war … unbesonnen von dir, Freundlich.«
»Oh.« Der Sträfling sah auf sein blutiges Messer. »Ich dachte … na, du weißt schon. Ich folge deinem Beispiel. Ich sollte doch Erster Feldwebel sein.«
»Das stimmt auch. Die Schuld liegt bei mir, ich hätte mich deutlicher ausdrücken müssen. Habe ich je an … Ausdrucksundeutlichkeit gelitten? Gibt es so ein Wort?«
Freundlich zuckte die Achseln, Ischri ebenfalls.
»Nun denn.« Cosca kratzte sich sachte am Hals, während er Rigrats Leichnam betrachtete. »Ein nervtötender, aufgeblasener, eitler Kerl, soweit ich das nach unserer kurzen Begegnung beurteilen kann. Aber wenn man diese Eigenschaften als Kapitalverbrechen betrachten wollte, dann müsste die halbe Welt gehängt werden, und ich würde als Allererster zum
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