Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
Vom Netzwerk:
Stiefeldiebe stand noch aufrecht, der Kerl mit den vergammelten Zähnen, und er starrte mit großen Kuhaugen auf die Länge Stahl, gegen die sein eigenes Messer plötzlich verdammt mickrig aussah.
    »Du möchtest vielleicht lieber abhauen.« Espe horchte überrascht auf. Eine Frauenstimme. Gammelzahn musste man das nicht zweimal sagen. Er wandte sich um und rannte die Straße entlang.
    »Mein Bein!«, brüllte Rattengesicht und umklammerte mit einer blutigen Hand die Rückseite seines Knies. »Mein verdammtes Bein!«
    »Hör auf zu jammern, oder ich schlitze dir das andere auch noch auf.«
    Kahlkopf lag da und sagte nichts. Rotnase hatte sich stöhnend allmählich wieder auf die Knie erhoben.
    »Du willst also meine Stiefel, was?« Espe machte einen Schritt und trat ihn noch mal in die Nüsse, dann hob er ihn hoch und stieß ihn winselnd mit dem Gesicht nach unten wieder zu Boden. »Hier hast du einen, du Arsch!« Er sah zu der Frau, die ihm geholfen hatte, und das Blut pulsierte dumpf hinter seinen Augen, während er sich fragte, wie es ihm gelungen war, diesen kitzligen Augenblick ohne Stahl in den Rippen zu überstehen. Immer vorausgesetzt, dass er sich nicht jetzt noch einen Stich einfangen würde. Die Frau sah nicht so aus, als ob sie gute Nachrichten brachte.
    »Was willst du?«, knurrte er sie an.
    »Nichts, was dir schwerfallen sollte.« Er sah ein Lächeln in der Kapuze aufblitzen. »Vielleicht habe ich Arbeit für dich.«
     
    Ein großer Teller Fleisch und Gemüse in einer Art Soße, daneben ein paar Scheiben teigigen Brots. Vielleicht war es gut, vielleicht auch nicht, Espe war viel zu sehr damit beschäftigt, es sich in den Mund zu schieben, um darauf zu achten. Wahrscheinlich wirkte er wie ein echtes Tier, mit seinem Zweiwochenbart, zerlumpt und dreckig von den Nächten in Hauseingängen, noch dazu nicht besonders guten. Aber er war schon längst darüber hinaus, sich über sein Aussehen Gedanken zu machen, nicht einmal in Gegenwart einer Frau.
    Sie hatte die Kapuze noch immer nicht zurückgeschlagen, obwohl sie nicht mehr dem Wetter ausgesetzt waren. Außerdem hielt sie sich nahe der Wand, wo es dunkel war. Sie neigte den Kopf nach vorn, wenn Leute in die Nähe kamen, und teerschwarzes Haar fiel ihr über eine Wange. In den kurzen Augenblicken, in denen er seine Augen von dem Essen hatte lösen können, hatte er sich dennoch einen gewissen Eindruck von ihrem Gesicht verschafft, und er fand, es war ein ziemlich hübsches.
    Stark, mit kantigen Knochen, einem entschlossenen Kinn und einem sehnigen Hals, an dessen Seite eine blaue Ader pochte. Gefährlich, überlegte er, obwohl das natürlich keine außergewöhnliche Schlussfolgerung war, nachdem er miterlebt hatte, wie sie ohne viel Federlesens einem Mann die Kniesehnen durchtrennt hatte. Aber trotzdem lag da noch etwas in ihren schmalen Augen, das ihn nervös machte. Ruhig und kalt, als hätte sie ihn bereits ganz genau eingeschätzt und wüsste, was er als Nächstes tun würde. Besser vielleicht sogar als er selbst. Sie hatte drei lange Wunden auf einer Wange, alte Schnitte, die noch nicht ganz verheilt waren. Über der rechten Hand, die sie kaum benutzte, trug sie einen Handschuh. Auch hatte er auf dem Weg hierher bemerkt, dass sie leicht hinkte. Vielleicht war sie in eine dunkle Angelegenheit verwickelt worden, aber Espe hatte nicht so viele Freunde, dass er es sich leisten konnte, wählerisch zu sein. Im Augenblick hatte jeder, der ihm zu Essen gab, gute Aussichten auf seine Treue.
    Sie sah ihm beim Essen zu. »Hunger?«
    »Bisschen.«
    »Weit weg von zu Hause?«
    »Kann man sagen.«
    »Wohl Pech gehabt, was?«
    »Mehr, als ich verdient habe. Aber ich habe wohl auch ein paar falsche Entscheidungen getroffen.«
    »Das geht meistens Hand in Hand.«
    »Ist wohl wahr.« Er warf Messer und Löffel klappernd auf den leeren Teller. »Ich hätte vorher besser überlegen sollen.« Dann tunkte er die Soße mit dem letzten Stück Brot auf. »Aber ich war immer schon selbst mein schlimmster Feind.« Sie saßen sich schweigend gegenüber, während er kaute. »Du hast mir deinen Namen nicht gesagt.«
    »Nein.«
    »Ah, so ist das also, was?«
    »Ich zahle, oder nicht? Es ist genau so, wie ich sage, dass es ist.«
    »Wieso zahlst du für mich? Ein Freund von mir …« Er räusperte sich, da er plötzlich bezweifelte, dass Vossula ihm wirklich je ein Freund gewesen war. »Ein Mann, den ich kenne, hat mir gesagt, dass man in Styrien nichts umsonst erwarten

Weitere Kostenlose Bücher