Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
Vom Netzwerk:
jemand.
    Er war nach Styrien gekommen, um sich ehrliche Arbeit zu suchen. Aber wenn in der Börse Ebbe herrscht, dann kommt auch unehrliche Arbeit infrage. Espe war sich sicher, noch nie ein Haus gesehen zu haben, das von außen weniger ehrlich wirkte als dieses hier. Eine schwere Tür saß in einer dreckigen, nackten, fensterlosen Wand, und an beiden Seiten hielt ein hochgewachsener Kerl Wache. Espe erkannte das an der Art, wie die zwei dastanden – sie hatten Waffen, und sie waren bereit, sie einzusetzen. Einer der beiden war ein dunkelhäutiger Südländer, dem schwarzes Haar das Gesicht einrahmte.
    »Brauchst du was?«, fragte der Kerl, während der andere Espe ebenfalls ins Auge fasste.
    »Bin hier wegen Sajaam.«
    »Bewaffnet?« Espe ließ das Messer hervorgleiten, hielt es mit dem Griff voran hoch, und der Mann nahm es ihm ab. »Dann komm mit.« Die Angeln quietschten, als die Tür aufschwang.
    Auf der anderen Seite herrschte dicke Luft, verhangen mit süßem Rauch. Er kratzte in Espes Kehle und löste Hustenreiz aus, brannte in seinen Augen und ließ sie tränen. Es war dunkel und still, und nach der Kälte draußen war es hier drinnen zu klebrig warm. Lampen aus farbigem Glas woben Muster auf den fleckigen Wänden – grün, rot, gelb flackerte es in der Düsternis auf. Der ganze Ort war wie ein schlechter Traum.
    Überall hingen Vorhänge, und dreckige Seide raschelte in der Dunkelheit. Leute hatten sich auf Kissen ausgestreckt, halb bekleidet und halb im Schlaf. Ein Mann lag auf dem Rücken, der Mund stand ihm offen, und eine Pfeife, aus deren Kopf sich noch ein wenig Rauch ringelte, hing schlaff in seiner Hand. Eine Frau hatte sich, auf der Seite liegend, an ihn geschmiegt. Ihre Gesichter waren beide schweißbedeckt und leichenschlaff. Es sah nach einer ungesunden Mischung aus Entzücken und Verzweiflung aus, tendierte aber mehr zu Letzterem.
    »Hier entlang.« Espe folgte dem Wächter durch den Dunst einen schattenverhangenen Korridor entlang. Eine Frau stand in einer Tür, und als er an ihr vorüberging, folgten ihm ihre toten Augen, aber sie sagte nichts. Irgendwo stöhnte jemand »oh, oh, oh« und klang dabei beinahe gelangweilt.
    Durch einen Vorhang aus klimpernden Perlen ging es in einen zweiten großen Raum, der weniger verraucht, aber nicht weniger beunruhigend war. Hier trafen sich Männer aller Staturen und Hautfarben, die, nach ihrem Äußeren zu urteilen, alle nicht vor Gewalt zurückschreckten. Acht von ihnen saßen um einen Tisch voller Gläser, Flaschen und kleiner Münzen und spielten Karten. Viele weitere drückten sich in den Schatten herum. Espes Auge fiel sofort auf ein unangenehm aussehendes Beil, das einer der Kerle in Griffweite hatte, und er ging nicht davon aus, dass es sich um die einzige Waffe in diesem Raum handelte. An einem Nagel an der Wand hing eine Uhr, deren Innenleben heraushing und hin- und herpendelte, tick tock tick, gerade laut genug, um seine Nerven noch mehr zu reizen.
    Ein dicker Mann saß am Haupt eines Tisches, auf dem Platz des Häuptlings, wenn sie im Norden gewesen wären. Ein alter Mann, dessen Gesicht faltig war wie altes Leder. Seine Haut war ölig und dunkel, das kurze Haar und der Bart mit eisengrauen Strähnen durchzogen. Er hatte eine Goldmünze, mit der er spielte und die er über die Knöchel der einen Hand zur anderen wandern ließ. Der Wächter beugte sich zu ihm hinunter und flüsterte ihm etwas ins Ohr, dann reichte er ihm Espes Messer. Seine Augen und auch die der anderen ruhten nun auf dem Nordmann, dem plötzlich ein Waag als recht geringe Entlohnung für diese Aufgabe erschien.
    »Bist du Sajaam?« Es kam lauter heraus, als Espe beabsichtigt hatte, mit einer vom Rauch leicht krächzenden Stimme.
    Das Lächeln des alten Mannes war ein gelbes Halbrund in seinem dunklen Gesicht. »Sajaam ist mein Name, wie all meine lieben Freunde hier bestätigen werden. Weißt du, man kann sehr viel über einen Mann erfahren, wenn man den Stil der Waffen in Augenschein nimmt, die er trägt.«
    »Tatsächlich?«
    Sajaam ließ das Messer aus der Scheide gleiten und hielt es hoch, so dass das Kerzenlicht auf dem Stahl schimmerte. »Keine billige Klinge, aber auch nicht besonders teuer. Gut geeignet für ihre Aufgabe, ohne allzu viele Schnörkel. Scharf und hart, ein Messer, das es ernst meint. Habe ich ins Schwarze getroffen?«
    »Zumindest einigermaßen.« Es war offensichtlich, dass Sajaam zu den Männern gehörte, die sich gern reden hörten, und von daher

Weitere Kostenlose Bücher