Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
Vom Netzwerk:
des Gegners in den Ohren und sein Blut in der Nase, und versuchte, sich mit dem Handrücken die Augen zu reiben.
    Das Erste, was sie anschließend sah, war ein weiterer Soldat, dessen offener Helm ein bärtiges Gesicht freiließ und der mit einem Speer nach ihr ausholte. Sie versuchte sich wegzudrehen, aber die Spitze traf sie hart an der Brust, schrammte an ihrem Brustpanzer entlang und warf sie um; ihr Kopf kippte ruckartig nach vorn. Sie landete rücklings in der Furt, und der Soldat stolperte vorüber, tappte in ein Loch im Flussbett, und das Wasser, das dabei aufspritzte, geriet ihr in die Augen. Sie kämpfte sich wieder auf ein Knie, und das blutige Haar hing ihr zerzaust ins Gesicht. Er wandte sich um, hob den Speer, um sie erneut anzugreifen. Doch nun fuhr sie herum und rammte ihm das Messer zwischen zwei Platten seiner Rüstung, bis zum Griff seitlich ins Knie.
    Er krümmte sich über ihr zusammen, die Augen traten ihm aus den Höhlen, und er klappte den Mund auf, um zu schreien. Mit einem Fauchen riss sie den Streitkolben empor und ließ ihn gegen seinen Unterkiefer krachen. Sein Kopf klappte nach hinten, Blut, Zähne und Zahnbruchstücke flogen durch die Gegend. Einen Augenblick schien er so mit schlaff herabhängenden Händen zu verharren, dann ließ sie den Streitkoben auf die vorgestreckte Kehle prallen, stürzte über ihn, als er fiel, griff wild um sich und kam schließlich spuckend wieder hoch.
    Männer standen um sie herum, daran hatte sich nichts geändert, aber keiner kämpfte mehr. Sie standen da oder saßen ruhig im Sattel und glotzten. Espe beobachtete sie, die Axt locker in der Hand. Aus irgendeinem Grund war er vom Gürtel aufwärts nackt, die weiße Haut mit Blut beschmiert und bespritzt. Die Emailschicht seines Auges war verschwunden, und die helle Metallkugel leuchtete wie die Morgensonne in seiner Augenhöhle, funkelnd mit kleinen Wassertröpfchen besetzt.
    »Sieg!« Sie hörte jemanden schreien. Verschwommen, zuckend, mit feuchten Augen sah sie einen Mann auf einem braunen Pferd inmitten des Flusses, der in den Steigbügeln stand und den schimmernden Säbel erhob. »Sieg!«
    Sie machte einen wackligen Schritt auf Espe zu, und er ließ die zernarbte Axt fallen und fing Monza auf, als sie stürzte. Sie hielt sich an ihm fest, den rechten Arm um seine Schulter gelegt, die linke Hand hing herab, noch immer den Streitkolben umklammernd, wenn auch nur, weil es ihr nicht gelang, die Finger zu lockern.
    »Wir haben gesiegt«, flüsterte sie ihm zu und merkte, dass sie lächelte.
    »Wir haben gesiegt«, sagte er, drückte sie fest und hob sie dabei fast vom Boden.
    »Wir haben gesiegt.«
     
    Cosca senkte sein Fernglas, blinzelte und rieb sich die Augen. Eines war halb blind, weil er es die letzte Stunde über die meiste Zeit zugekniffen hatte, das andere war halb blind, weil er es währenddessen ständig gegen die Linse gedrückt hatte. »Tja, das wäre geschafft.« Er rutschte unbehaglich im Generalhauptmannsstuhl hin und her. Der Stoff seiner Hose hatte sich in seiner schwitzigen Arschritze eingeklemmt, und er versuchte ihn mit kleinen Bewegungen dort wieder herauszulösen. »Gott lächelt wohlgefällig über die Ergebnisse, so sagt ihr Gurkhisen doch?«
    Schweigen. Ischri war so schnell und geschmeidig wieder verschwunden, wie sie gekommen war. Cosca wandte den Kopf in die andere Richtung zu Freundlich. »Ein beeindruckender Anblick, was, Feldwebel?«
    Der Sträfling sah von seinen Würfeln auf, blickte ins Tal hinab und schwieg. Herzog Rogonts rechtzeitiger Angriff hatte ein klaffendes Loch in die Linien gerissen, die Baoliten vernichtet, sich tief in die Reihen der Talineser gebohrt und sie aufgebrochen. Gar nicht so, wie man es vom großen Zauderer erwartet hätte. Cosca war seltsam erfreut, hinter den Geschehnissen die tapfere Hand oder vielleicht auch die Faust von Monzcarro Murcatto zu erahnen.
    Die osprianische Infanterie, die nun auf der rechten Flanke nicht mehr bedrängt wurde, hatte das Ostufer der unteren Furt vollständig gesichert. Ihre neuen sipanischen Verbündeten hatten sich gleich ins Getümmel gestürzt, ein kurzes Scharmützel mit Foscars überraschter Nachhut ausgefochten und standen nun kurz davor, das westliche Ufer zu besetzen. Gut die Hälfte von Orsos Heer – soweit die Männer nicht tot auf den Hängen oder den Sandbänken flussabwärts lagen oder mit dem Gesicht nach unten ins Meer trieben – war hoffnungslos im flachen Wasser eingekesselt und legte nun die

Weitere Kostenlose Bücher