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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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erlitten und so vielen anderen Leid zugefügt, nur damit sie es tun konnte. Ihr Bruder hätte keine Skrupel gehabt, auch nicht damals. Beinahe hörte sie seine Stimme.
    Tu, was du tun musst. Gewissen ist nur eine Ausrede. Erbarmen und Feigheit sind dasselbe.
    Es war Zeit, es zu tun. Er musste sterben.
    Tu es jetzt.
    Aber ihr steifer Arm schien Tausende von Tonnen zu wiegen. Sie starrte in Foscars aschgraues Gesicht. Seine großen, geweiteten, hilflosen Augen. Etwas an ihm erinnerte sie an Benna. Vor Caprile, vor Föhrengrund, bevor sie Cosca verrieten, sogar noch, bevor sie zu den Tausend Klingen stießen. Als sie einfach nur den Boden bestellen wollte. Vor langer Zeit. Der Junge, lachend im Weizen.
    Die Spitze des Calvez zitterte, senkte sich, stieß auf den Boden.
    Foscar stieß einen langen, bebenden Atemzug aus, schloss die Augen, und als er sie wieder öffnete, schimmerten die Winkel feucht. »Danke. Ich wusste immer, dass Sie ein Herz haben … trotz allem, was die anderen sagten.« Er streckte die Hand aus und berührte sanft ihr Bein. »Dank…«
    Espes große Faust prallte in sein Gesicht und schleuderte ihn auf den Rücken, und Blut strömte aus seiner gebrochenen Nase. Erschreckt stammelte er etwas, aber dann war der Nordmann wieder über ihm und legte ihm die Hände um den Hals.
    »Du willst also verdammt noch mal leben, was?«, zischte Espe, der die Zähne verächtlich grinsend bleckte, während die Sehnen seiner Unterarme hervortraten, als er immer stärker zudrückte. Foscar strampelte hilflos, wehrte sich ohne einen Laut, verdrehte die Schultern, und sein Gesicht wurde erst rosa, dann rot, dann purpurn. Espe zog Foscars Kopf mit beiden Händen zu sich, so nahe, dass er ihn hätte küssen können, dann ließ er ihn mit einem lauten Krachen gegen die Steinfliesen krachen. Foscars Stiefel zuckten, die Kette an den Knöcheln rasselte. Espe schob seinen Kopf erst zur einen, dann zur anderen Seite, versuchte Foscars Hals besser zu packen, und die Sehnen zeichneten sich auf den abgeschürften Handrücken ab. Er zog ihn ohne Eile wieder empor und ließ ihn mit dumpfem Aufprall noch einmal hinabfahren. Foscars Zunge hing aus dem Mund, die Augenlider zuckten, schwarzes Blut rann vom Haaransatz hinab.
    Espe knurrte etwas auf Nordisch, Worte, die sie nicht verstand, hob Foscars Kopf und schleuderte ihn mit der Präzision eines Steinmetzen, der jede Einzelheit richtig hinbekommen wollte, noch einmal zu Boden. Wieder und wieder. Monza guckte zu, den Mund halb offen, den Degen noch unsicher in der Hand, und tat nichts. Wusste nicht, was sie tun konnte oder tun sollte. Ob sie ihm in den Arm fallen oder ihm helfen sollte. Blut spritzte in Tropfen und Placken über die verputzten Wände und die Steinfliesen. Über das Knirschen und Knacken brechender Knochen hörte sie eine Stimme. Bennas Stimme, dachte sie für einen Augenblick, die ihr immer noch ins Ohr flüsterte, es zu tun. Doch dann erkannte sie, dass es Freundlich war, der ruhig die Schläge zählte, mit denen Foscars Schädel auf den Steinen zerschmettert worden war. Er kam bis elf.
    Espe hob den zermanschten Kopf des Prinzen noch einmal hoch, stand breitbeinig über Foscars Leiche. »He.« Er betrachtete seine Hände, sah sich nach etwas um, woran er sie hätte abwischen können, rieb sie schließlich aneinander und verschmierte schwarze Blutstreifen bis zu den Ellenbogen zu trockenem Braun. »Noch einer mehr, den’s erwischt hat.« Er sah sie von der Seite mit seinem einen Auge an, und sein Mundwinkel war zu einem ekelhaften Lächeln verzogen. »Sechs von sieben, was, Monza?«
    »Sechs und eins«, brummte Freundlich vor sich hin.
    »Es fügt sich alles so, wie du dir erhofft hattest.«
    Sie blickte starr zu Foscar hinab, dessen eingeschlagener Kopf zur Seite gedreht war, so dass seine schielenden Augen gegen die Wand glotzten, während Blut aus seinem gebrochenen Schädel zu einer schwarzen Pfütze auf den Steinen zusammenlief. Ihre Stimme schien von weither zu kommen und war dürr und brüchig. »Wieso hast du …«
    »Warum nicht?«, flüsterte Espe, der näher zu ihr trat. Sie sah ihr blasses, schorfiges, verkniffenes Spiegelbild verzerrt und gebogen in dem toten Metallauge. »Deswegen sind wir doch hierhergekommen, oder nicht? Dafür haben wir den ganzen Tag da unten im Schlamm gekämpft. Ich dachte, du wärst jemand, der niemals umkehrt? Erbarmen und Feigheit sind dasselbe, und was du mir noch so an harten Sprüchen geliefert hast. Bei den Toten,

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