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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Kisten, die in den Berghang gesetzt worden waren. Die Gräben sahen nicht viel anders aus als jene, die sie vor Jahren bei Muris gesehen hatte – Wälle aus festgestampfter Erde, die von kleineren und größeren Latten und Pfählen gestützt wurden, mit demselben Geruch von Krankheit, Schimmel, feuchter Erde und Langeweile. Die Gräben, in denen sie sechs Monate lang überwiegend gelebt hatten, wie Ratten in Abflusskanälen. Wo sie Grabenfuß bekam und Benna so schlimmen Durchfall hatte, dass er ein Viertel seines Körpergewichts und seinen gesamten Humor eingebüßt hatte. Sie entdeckte sogar ein paar bekannte Gesichter, als sie sich durch die Gräben, Tunnel und ausgehobenen Löcher mühten – Altgediente, die seit Jahren für die Tausend Klingen kämpften. Sie nickte ihnen jetzt genauso zu wie damals, als sie die Truppe noch befehligte, und sie nickten zurück.
    »Du bist sicher, dass Orso da drin ist?«, rief sie Victus zu.
    »Oh, wir sind ganz sicher. Cosca hat am ersten Tag mit ihm gesprochen.«
    Monza fand diese Nachricht wenig beruhigend. Wenn Cosca anfing, mit dem Feind zu reden, dann endete es gewöhnlich damit, dass er erheblich reicher zur anderen Seite überlief. »Was hatten diese beiden Arschlöcher sich denn zu sagen?«
    »Frag Cosca.«
    »Das mach ich.«
    »Wir haben den Palast umzingelt, keine Sorge. Gräben auf drei Seiten.« Victus klopfte auf die Erde. »Auf eins kannst du dich bei einem Söldner immer verlassen, dass er sich nämlich ein verdammt gutes Loch buddeln wird, um sich darin zu verstecken. Und unten im Wald, am Fuß der Felswand, haben wir Posten aufgestellt.« Jenes Wäldchen, in dem Monza inmitten der Abfälle und völlig zu Brei geschlagen liegen geblieben war und gestöhnt hatte wie die Toten in der Hölle. »Und eine ausgesuchte Sammlung der besten Soldaten Styriens lauert in etwas größerer Entfernung. Osprianer, Sipanier, Affoianer, und zwar nicht wenig. Die alle ein Interesse daran haben, dass unser alter Auftraggeber den Löffel abgibt. Hier kommt keine Ratte heraus, ohne dass wir das mitbekommen. Aber wenn Orso hätte abhauen wollen, dann hätte er das schon vor Wochen tun können. Hat er aber nicht. Du kennst ihn doch besser als alle anderen, oder? Glaubst du, dass er jetzt versucht zu fliehen?«
    »Nein«, musste sie zugeben. Eher würde er sterben, und das passte ihr gut. »Wie sieht es aus, kommen wir hinein?«
    »Wer auch immer diese Scheißfestung erbaut hat, er wusste, was er tat. Das Gelände rund um den Inneren Hof ist viel zu steil, um irgendwas zu versuchen.«
    »Das hätte ich dir sagen können. Nördlich vom Äußeren Hof haben wir die beste Möglichkeit zum Angriff, und dann müssen wir die innere Mauer von dort aus angehen.«
    »Haben wir auch schon gedacht, aber es gibt eine kleine Kluft zwischen Denken und Handeln, vor allem, wenn hohe Mauern zu überwinden sind. Noch hatten wir kein Glück.« Victus kletterte auf eine Kiste und winkte sie zu sich. Zwischen zwei Schutzwänden aus Weidengeflecht und hinter einer Reihe angespitzter Pfähle, die aus dem aufgewühlten Abhang ragten, konnte sie die nächstgelegene Ecke der Festung sehen. Einer der Türme brannte, das spitze Dach war eingefallen und bestand nur noch aus einem Gerüst nackter, von Flammen umzüngelter Balken. Die Aussparungen der Zinnen ragten rot und gelb vor dem schwarzen Rauch auf, der in den dunklen, blauen Himmel quoll. »Wir haben den Turm da in Brand gesteckt«, erklärte Victus und zeigte stolz darauf. »Mit einem Katapult.«
    »Wunderschön. Dann können wir ja alle nach Hause gehen.«
    »Ist doch immerhin schon etwas, oder?« Er führte sie durch eine lange Aushebung, die nach Feuchtigkeit und Schweiß roch; auf beiden Seiten lagen Männer auf Holzgerüsten und schliefen. »Kriege werden nicht durch eine einzige große Aktion gewonnen«, deklamierte er wie ein schlechter Schauspieler. »Sondern durch viele kleine Gelegenheiten. Hast du uns das nicht immer gesagt? Von wem ist das noch? Stalicus?«
    »Stolicus, du Dämlack.«
    »Irgend so ’n toter Drecksack. Egal, Cosca hat jedenfalls einen Plan, aber den soll er dir selbst erzählen. Du weißt doch, der alte Knacker genießt so einen Auftritt.« In einer Senke im Fels, in der sich vier Gräben trafen, hielt Victus an; ein Dach aus sanft flatternder Leinwand überspannte die Kreuzung, die von einer einzigen, flackernden Fackel erhellt war. »Der Generalhauptmann hat gesagt, er würde hierherkommen. Kannst es dir hier bequem machen,

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