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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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töten lassen.
    »Und hier oben ist mein kleines Zuhause in der Fremde.« Sie folgten Cosca eine Leiter hinauf bis zu einem winzigen Verschlag, der aus dicken Baumstämmen errichtet und mit zwei flackernden Laternen beleuchtet war. In einer Wand befand sich eine breite Öffnung, hinter der die untergehende Sonne das letzte Licht auf das dunkle, flache Land im Westen warf. Schmale Fenster blickten in Richtung Festung. Ein Stapel Kisten erhob sich in einer Ecke, der Stuhl des Generalhauptmanns stand in einer anderen. Daneben ein Tisch, auf dem sich ein Durcheinander aus verstreuten Spielkarten, angebissenen Leckereien und Flaschen in verschiedenen Farben und mit verschieden hohem Füllstand türmte. »Wie läuft der Kampf?«
    Freundlich saß im Schneidersitz da, die Würfel zwischen den Knien. »Geht voran.«
    Monza ging zu einem der schmalen Fenster. Es war nun beinahe schon Nacht, und sie konnte kaum ein Zeichen des Angriffs ausmachen. Vielleicht zeigte ein Aufblitzen auf den winzigen Zinnen eine Bewegung an, vielleicht schimmerte ein wenig Metall im Licht der Feuerstöße, die auf den steinigen Hängen brannten. Aber sie konnte es hören. Entfernte Rufe, leises Schreien, metallenes Klappern wurden unbestimmt vom Wind herangetragen.
    Cosca ließ sich auf den abgenutzten Generalhauptmannsstuhl fallen und brachte die Flaschen zum Klappern, als er seine schlammigen Stiefel auf die Tischplatte schob. »Wir vier, wieder vereint! Genau wie in Cardottis Haus der Sinnesfreuden! Wie in Saliers Galerie! Das waren Zeiten, was?«
    Das knarrende Wusch eines Katapults war zu hören, und ein brennendes Geschoss zischte über sie hinweg, prallte gegen den großen, vordersten Turm der Festung, verwandelte sich in einen Feuerball und ließ in weiten Bogen Funken davonstieben. Das dumpfe Glühen beleuchtete die Leitern, die gegen das Mauerwerk gelehnt waren und auf denen winzige Figuren herumkletterten; kurz flackerte Stahl auf, dann wurde wieder alles schwarz.
    »Bist du sicher, dass das jetzt der beste Augenblick für Späße ist?«, fragte Monza gedämpft.
    »Gerade in schweren Zeiten braucht man Aufheiterung. Man zündet doch auch nicht bei helllichtem Tag Kerzen an, oder?«
    Espe sah grimmig den Hang bis nach Fontezarmo hinauf. »Glaubst du wirklich, dass ihr diese Mauern überwinden könnt?«
    »Die da? Bist du verrückt? Sie zählen zu den stärksten in ganz Styrien.«
    »Aber warum …«
    »Ist doch schlechter Stil, einfach hier draußen zu hocken und nichts zu tun. Da drin gibt es jede Menge Proviant, Wasser, Waffen und leider auch sehr viel Loyalität. Die können monatelang durchhalten. Monate, in denen Orsos Tochter, die Königin der Union, ihren zögerlichen Gatten vielleicht doch noch überzeugen kann, Hilfe zu schicken.« Monza fragte sich, ob es für diese Frage von Bedeutung war, dass der König erfahren hatte, wie viel lieber seine Gattin mit Frauen ins Bett stieg.
    »Und was soll es daran ändern, wenn deine Leute in Scharen von den Mauern fallen?«, fragte Espe.
    Cosca zuckte die Achseln. »Es macht die Verteidiger mürbe, gönnt ihnen keine Ruhe, verunsichert sie und lenkt sie von allen anderen Dingen ab, die wir vielleicht noch ausprobieren werden.«
    »Ziemlich viele Tote für ein bisschen Ablenkung.«
    »Ohne das wäre es keine.«
    »Wie bekommst du die Leute dazu, dass sie überhaupt auf die Leitern steigen?«
    »Sazines alter Trick.«
    »Wie?«
    Monza erinnerte sich, wie Sazine allen Neuen das Geld gezeigt hatte, in schimmernden Stapeln sortiert. »Wenn die Mauern fallen, dann bekommt der Erste unserer Männer, der auf der Brustwehr steht, tausend Waag. Die nächsten zehn erhalten noch jeweils hundert.«
    »Immer vorausgesetzt, dass sie lange genug überleben, um die Belohnung einzuheimsen«, fügte Cosca hinzu. »Wenn die Aufgabe wirklich unmöglich ist, dann werden sie sich dieses Geld nie verdienen, und wenn doch, dann hat man für zweitausend Waag das Unmögliche geschafft. Dadurch gibt es einen ständigen Strom neuer Freiwilliger auf den Leitern, und es hat zusätzlich den Vorteil, dass man die tapfersten Männer der Kompanie erfolgreich ausmerzt.«
    Espe sah nun noch verwirrter aus. »Wieso sollte man das denn wollen?«
    »›Tapferkeit ist die Tugend eines toten Mannes‹«, zitierte Monza leise. »›Ein weiser Befehlshaber traut ihr nicht.‹«
    »Verturio!« Cosca klopfte sich auf den Schenkel. »Ich liebe einen Autor, der dem Tod ein lustiges Gesicht verleihen kann! Tapfere Männer haben ihren

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