Racheklingen
auf dem Totenbett liegt, dann wird man diese verschwendeten Wochen vermutlich mehr bereuen als seine schlimmsten Fehler.«
»Du hättest ja Bescheid sagen können, dass du nichts zu tun hattest. Wir hätten deine Hilfe beim Graben gebrauchen können.«
»In meinem Alter? Der einzige Ort, an dem ich noch irgendwelchen Dreck bewege, ist auf der Latrine. Und selbst das fällt mir heute schwerer als früher. Was geschieht als Nächstes?«
»Nach dem, was ich gehört habe, wird es immer schwerer.«
»Sehr lustig. Ich meinte, mit der Mine.«
Sesaria deutete auf die Spur schwarzen Pulvers, deren Körnchen im Lampenschein glänzten und die kurz vor dem nächsten Fässchen abriss. »Das führt zum Eingang der Mine.« Er klopfte auf eine Tasche an seinem Gürtel. »Wir verbinden die Spur mit den Fässern und kippen noch ordentlich was rundherum aus, um sicherzugehen, dass es auch fasst. Wenn wir dann zur Mündung des Tunnels kommen, legen wir an dem Ende Feuer, und dann …«
»Dann frisst sich das Feuer den ganzen Weg zu den Fässchen, und … wie heftig wird die Explosion sein?«
Sesaria schüttelte den Kopf. »Bisher habe ich noch nicht einmal miterlebt, dass ein Viertel dieser Menge für eine Sprengung verwendet wurde. Davon abgesehen machen sie die Mischung immer stärker. Dieses neue Zeug … ich sorge mich ein bisschen, dass es zu heftig werden könnte.«
»Lieber eine große Geste als eine enttäuschende.«
»Es sei denn, dass der ganze Berg über uns zusammenbricht.«
»Könnte das passieren?«
»Wer weiß, was es bewirken kann?«
Cosca dachte wenig entzückt an die vielen Tausend Tonnen Fels über ihren Köpfen. »Für solche Zweifel ist es nun ein bisschen spät. Victus hat bereits eine Truppe für den Sturmangriff zusammengestellt. Heute Abend wird Rogont zum König gekrönt, und er beabsichtigt, uns zum Morgengrauen mit seiner majestätischen Gegenwart zu beglücken, am liebsten innerhalb der Festung, damit er den Befehl für den letzten Angriff geben kann. Ich will verdammt sein, wenn ich in der Frühe meine Zeit damit verbringen muss, mir das Genörgel dieses Narren anzuhören. Schon gar nicht, wenn der besagte Narr eine Krone trägt.«
»Meinst du, er wird sie tragen, jeden Tag?«
Cosca kratzte sich nachdenklich am Hals. »Hm. Keine Ahnung. Aber das spielt ja nun eigentlich auch keine Rolle.«
»Das ist wahr.« Sesaria sah nachdenklich zu den Fässern hinüber. »Irgendwie erscheint es ja nicht richtig. Da gräbt man ein Loch, hält eine Fackel an ein bisschen Staub, haut ab und …«
»Poff«, sagte Cosca.
»Ohne, dass man darüber nachdenken muss. Ohne, dass Mut dazu nötig wäre. Irgendwie ist das keine Art zu kämpfen, wenn du mich fragst.«
»Die einzig gute Art zu kämpfen ist eine, die deinen Feind tötet und dir genug Atem lässt, um zu lachen. Wenn die Wissenschaft diesen Prozess verkürzen kann, nun, dann umso besser. Alles andere ist Mumpitz. Lass uns anfangen.«
»Ich höre meinen Hauptmann und gehorche.« Sesaria zog die Tasche von seinem Gürtel, beugte sich hinunter und ließ vorsichtig Pulver auf den Boden rieseln, um die Spur bis zu den Fässern zu vervollständigen. »Man muss aber schon irgendwie drüber nachdenken, was der Gegner fühlt, oder nicht?«
»Muss man?«
»Den einen Augenblick machst du ganz normal dein Ding, den nächsten reißt es dich in Stücke. Du siehst nicht einmal das Gesicht dessen, der dich umbringt.«
»Ist nicht anders, als wenn man jemanden mit dem Mord beauftragt. Ist es schlimmer, einen Mann mit Pulver zu töten, als wenn man jemand anderen dazu bringt, ihn mit einem Speer zu erstechen? Wann hast du denn das letzte Mal einem Mann ins Gesicht gesehen?« Jedenfalls nicht, als Sesaria daran beteiligt gewesen war, Cosca bei Afieri von hinten einen Dolch in den Rücken zu stoßen, so viel stand mal fest.
Sesaria seufzte, während noch mehr Pulver auf den Boden rann. »Magst ja recht haben. Aber manchmal vermisse ich die alten Zeiten, weißt du. Damals, als Sazine noch das Sagen hatte. Das war irgendwie eine andere Welt. Ehrlicher.«
Cosca schnaubte. »Du weißt so gut wie ich, dass es keinen dreckigen Trick auf dieser Seite der Hölle gab, den Sazine nicht völlig hemmungslos verwendet hätte. Der alte Knauser hätte die ganze Welt in die Luft gesprengt, wenn er gedacht hätte, dass dabei eine Kupfermünze herausfiele.«
»Tja, da ist wohl etwas dran. Scheint aber trotzdem irgendwie nicht gerecht.«
»Ich wusste gar nicht, dass dir die
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