Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
Vom Netzwerk:
sollte, wenn sie ihren Calvez zu Hause ließe. Es hatte niemand so recht gewusst, ob das als Witz gemeint war oder nicht. Aber man sprach sie nicht wieder darauf an.
    »Euer Exzellenz.« Einer der Adjutanten war zu ihr hinübergeglitten und grüßte sie mit einer geschmeidigen Verbeugung. »Euer Gnaden«, fügte er mit einem weiteren Einknicken vor Gräfin Cotarda hinzu. »Wir werden gleich beginnen.«
    »Gut«, fauchte Monza. Sie sah zu der hohen Flügeltür, nahm die Schultern zurück und hob das Kinn. »Dann wollen wir dieses scheiß Theaterstück mal hinter uns bringen.«
    Ihr lief die Zeit davon. Jeden wachen Augenblick der letzten drei Wochen – und sie hatte kaum geschlafen, seit Rogont ihr den Stirnreif auf den Kopf gesetzt hatte – hatte sie sich darum bemüht, den Staat Talins aus dem Abgrund herauszuführen, in den sie ihn unter so großen Anstrengungen selbst hineingestürzt hatte.
    Immer im Gedenken an Bialovelds alte Maxime –
jeder erfolgreiche Staat wird von Pfeilern aus Gold und Stahl gestützt –
hatte sie jeden sich noch so sehr windenden Regierungsbeamten ausfindig gemacht, der nicht zusammen mit seinem alten Dienstherrn oben in Fontezarmo festsaß und belagert wurde. Es hatte Debatten über das talinesische Heer gegeben. Es gab keins. Über den Staatsschatz. Die Truhen waren leer. Die Besteuerung, die Pflege öffentlicher Einrichtungen, die Aufrechterhaltung der Sicherheit, die Rechtsprechung, all das hatte sich aufgelöst wie ein Kuchen, den man in einen Fluss geworfen hatte. Rogonts Anwesenheit, oder zumindest die seiner Soldaten, war alles, was Talins vor der Anarchie bewahrte.
    Aber Monza hatte sich noch nie davon entmutigen lassen, dass ihr der Wind ins Gesicht blies. Zudem besaß sie ein Talent dafür, die Fähigkeiten eines Menschen zu erkennen und so gut einzuschätzen, dass es ihr stets gelang, für anstehende Aufgaben den jeweils am besten geeigneten Mann auszuwählen. Der alte Rubine war so wichtigtuerisch wie ein Prophet, also ernannte sie ihn zum Höchsten Richter. Grulo und Scavier waren die gewissenlosesten Kaufleute in der Stadt. Sie konnte weder dem einen noch der anderen vertrauen, also ernannte sie alle beide zu Schatzkanzlern, ließ sie neue Steuern ersinnen und sich darin übertreffen, während sie sich gegenseitig eifersüchtig bewachten.
    Es war ihnen bereits gelungen, Geld aus ihren unglücklichen Kollegen herauszupressen, und Monza hatte es schnellstens für Waffen ausgegeben.
    Drei lange Tage währte ihre harte Herrschaft bereits, als ein alter Feldwebel, der sich Volfier nannte, in der Stadt auftauchte, ein Mann, der beinahe schon lachhaft hartgesotten und beinahe genauso vernarbt war wie sie selbst. Nachdem er sich geweigert hatte, sich nach der Niederlage von Ospria zu ergeben, hatte er mit den dreiundzwanzig Überlebenden seines Regiments den Rückweg durch Styrien angetreten, ohne dabei seine Waffen oder seine Ehre einzubüßen. Einen Mann von derartiger Entschlossenheit konnte sie immer gebrauchen, und sie beauftragte ihn sofort damit, jeden Altgedienten ausfindig zu machen, den es in der Stadt noch gab. Da bezahlte Arbeit dünn gesät war, bekam er schnell zwei Kompanien Freiwilliger zusammen, deren glorreiche Aufgabe darin bestand, die Steuereintreiber zu begleiten und dafür zu sorgen, dass nicht auch die kleinste Kupfermünze verloren ging.
    Auch hatte sie sich Herzog Orsos Lektionen gut eingeprägt.
    Aus Gold mach Stahl und daraus wiederum mehr Gold – so sah die rechtschaffene Spirale guter Politik aus. Widerstand, Gleichgültigkeit und Verachtung, die ihr von überall entgegenwehten, ließen sie nur noch härter kämpfen. Die Tatsache, dass sie einer beinahe unmöglichen Aufgabe entgegensah, bereitete ihr eine perverse Befriedigung; die Arbeit verdrängte den Schmerz und damit auch die Spreupfeifen, und so blieb sie stets wachsam. Es war lange, lange her, seit sie irgendetwas angebaut hatte.
    »Sie sehen … wunderschön aus.«
    »Was?« Cotarda war still neben ihr aufgetaucht und lächelte sie unsicher an. »Oh. Sie auch«, gab Monza brummend zurück, ohne groß aufzusehen.
    »Weiß steht Ihnen. Mir sagt man stets, ich sei zu blass für Weiß.« Monza verkrampfte sich. Das war genau die Art von belanglosem Geschwätz, für die sie an diesem Abend nicht den geringsten Sinn hatte. »Ich wünschte, ich wäre so wie Sie.«
    »Vielleicht würde es helfen, ein bisschen raus in die Sonne zu gehen.«
    »Nein, nein. So tapfer.« Cotarda sah auf ihre blassen

Weitere Kostenlose Bücher