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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Dennoch klammerten sich die Menschen stets an den kleinsten Funken Hoffnung. Das war eine der Eigenschaften, für die man sie bewundern konnte.
    Er blieb still neben einem geborstenen Springbrunnen stehen und sah den Verwundeten zu, die sich gegen das Unvermeidliche sträubten. Ein Mann glitt plötzlich hinter den Steintrümmern hervor und rannte ihn beinahe um. Ein unauffälliger, schon leicht kahl werdender Kerl, der eine abgewetzte, nietenbesetzte Lederweste trug.
    »Gah! Ich bitte
vielmals
um Entschuldigung!«
    Schenkt erwiderte nichts.
    »Sie sind … sind Sie … ich meine … sind Sie hier, um sich aktiv an diesem Angriff zu beteiligen?«
    »Gewissermaßen.«
    »Ich ebenfalls, ich ebenfalls. Gewissermaßen.« Es wäre nichts Ungewöhnliches daran gewesen, einen Söldner von der Schlacht fliehen zu sehen, aber irgendetwas passte nicht ins Bild. Der Mann war wie ein brutaler Schläger gekleidet, sprach aber wie ein schlechter Schreiber. Die Hand, die Schenkt am nächsten war, wedelte herum, als wollte sie unbedingt von der anderen ablenken, die offensichtlich nach einer verborgenen Waffe tastete. Schenkt runzelte die Stirn. Er hatte nicht die Absicht, unnötig Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Daher gab er diesem Mann eine Gelegenheit, wie er das immer tat, wenn es irgend möglich war.
    »Wir beide haben also etwas zu tun. Dann wollen wir uns nicht weiter aufhalten.«
    Die Miene des Fremden hellte sich auf. »Absolut nicht, nein. An die Arbeit.«
     
    Morveer stieß ein falsches Lachen aus, und dann fiel ihm ein, dass er unabsichtlich wieder in seinen eigenen Tonfall hineingerutscht war. »An die Arbeit«, grunzte er in der wenig überzeugenden tiefen Tonlage eines gemeinen Tagelöhners.
    »An die Arbeit«, gab der Mann zurück, dessen helle Augen immer noch auf ihm ruhten.
    »Gut. Ja, dann.« Morveer umrundete den Fremden und ging weiter, ließ die Hand von der präparierten Nadel gleiten und locker herabhängen. Zweifelsohne war irgendetwas Ungewöhnliches an diesem Kerl, aber wenn es Morveers Mission gewesen wäre, jeden Menschen zu vergiften, der irgendwie ungewöhnlich wirkte, dann wäre er niemals auch nur zur Hälfte mit seiner Arbeit fertig geworden. Glücklicherweise hatte er lediglich den Auftrag, sieben der wichtigsten Würdenträger Styriens zu ermorden, und dabei hatte er kürzlich bereits spektakuläre Erfolge feiern können.
    Noch immer war er ganz überwältigt vom Ausmaß seiner jüngsten Leistung, der Kühnheit der Durchführung und der unvergleichlichen Genialität seines Plans. Zweifelsohne war er der größte Giftmischer aller Zeiten und hatte seinen Platz in der Geschichte sicher. Es verbitterte ihn, dass er seine großen Leistungen nie mit der Welt würde teilen können und dass er niemals die Bewunderung erfahren würde, die seinem Triumph doch ganz klar gebührte. Oh, wenn doch nur der zweifelnde Leiter des Waisenhauses diesen glücklichen Tag hätte miterleben dürfen, dann hätte er zugeben müssen, dass Castor Morveer aus einem Stoff gemacht war, der zu unvergleichlichen Großtaten befähigte! Wenn seine Frau es gesehen hätte, dann hätte sie ihn endlich verstanden und sich nicht dauernd wegen seiner seltsamen Angewohnheiten beklagt! Wenn sein berüchtigter einstiger Lehrer, Moumah-yin-Bek, nur hätte dabei sein können, dann hätte er sicherlich anerkannt, dass sein Schüler ihn auf ewig in den Schatten stellte. Wäre Day noch am Leben, dann hätte sie sicherlich mit ihrem silberhellen Kichern sein Genie anerkannt, ihr unschuldiges Lächeln aufgesetzt und ihn vielleicht sogar ganz sachte berührt, vielleicht hätte sie sogar … Aber jetzt war nicht die Zeit, sich solchen Fantastereien hinzugeben. Es hatte triftige Gründe dafür gegeben, sie alle vier zu vergiften, und von daher musste Morveer sich damit begnügen, sich selbst zu beglückwünschen.
    Offenkundig hatte man nach dem Mord an Rogont und seinen Verbündeten alle sonst gültigen Grundsätze bei der Belagerung von Fontezarmo über Bord geworfen. Ohne die geringste Übertreibung konnte man behaupten, dass der Äußere Hof der Festung so gut wie gar nicht bewacht war. Natürlich war ihm bewusst, dass Nicomo Cosca ein aufgeblasener Windbeutel, ein berüchtigter Säufer und ein völlig unfähiger Dummkopf war, aber Morveer hatte dennoch angenommen, der Söldnergeneral würde zumindest gewisse Sicherheitsvorkehrungen treffen. Es war beinahe enttäuschend leicht, hier einzudringen.
    Obwohl die Kämpfe auf den Zinnen

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