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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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ebenso wie an dem Tag, da sie sich kennengelernt hatten. So wie immer.
    »Entschuldigung bitte.« Espe wurde einen Augenblick starr, und sein gesundes Auge glitt zur Seite. Er wirbelte herum, die Axt folgte der Bewegung. Ein Mann stand hinter ihm, ein schlanker Mann mit blassem Haar. Es war schwer zu sagen, was genau geschah. Die Axt verfehlte ihr Ziel, Espes Schild zerbarst in einem Schauer herumfliegender Holzsplitter, er wurde von den Füßen gerissen und durch den Saal geschleudert. Mit einem Gurgeln krachte er schließlich gegen die Wand auf der anderen Seite, prallte ab und rollte langsam von der dortigen Treppe hinunter, überschlug sich einmal, zweimal, dreimal, und blieb dann still vor der untersten Stufe liegen.
    »Dreimal«, gurgelte Freundlich durch die gespaltenen Lippen.
    »Bleib hier«, sagte der blasse Mann, umrundete ihn und ging dann die Treppe hinauf. Es war nicht schwer, dem Befehl Folge zu leisten. Freundlich hatte nichts anderes vor. Er spuckte ein Stück Zahn aus dem tauben Mund, und das war alles. Dann lag er da, blinzelte langsam und starrte zu den geflügelten Frauen an der Decke empor.
    Sieben, mit sieben Schwertern.
     
    Eine schnelle Folge verschiedenster Empfindungen war in den letzten Augenblicken durch Morveer hindurchgefahren. In freudigem Triumph hatte er Cosca, den bevorstehenden Untergang nicht ahnend, aus dem Flachmann trinken sehen. Entsetzen und die fruchtlose Suche nach einem Versteck waren dann gefolgt, als Cosca ankündigte, die Latrine aufsuchen zu wollen. Neugier, als er dann gesehen hatte, wie Victus den gespannten Flachbogen unter dem Tisch hervorzog und auf den Rücken des Generals richtete. Erneuter Triumph, als Morveer Victus zusah, wie der nun auch einen Schluck von dem tödlichen Traubengeist nahm. Und dann musste er schließlich die Hand vor den Mund halten, um seine Erheiterung zu unterdrücken, als der vergiftete Cosca sich auf den ebenfalls vergifteten Gegner stürzte und beide miteinander rangen, bis sie stürzten und in einer letzten Umarmung liegen blieben.
    Einer ironischen Wendung folgte die nächste. Da hatten sie doch mit aller Entschiedenheit versucht, einander zu töten, nicht wissend, dass Morveer ihnen beiden diese Arbeit bereits abgenommen hatte.
    Das Lächeln lag noch auf seinem Gesicht, als er die präparierte Nadel aus der verborgenen Tasche im Innenfutter seiner Söldnerkutte gleiten ließ. Vorsicht steht immer an erster Stelle.
    Falls doch noch ein Funke Leben in den beiden mordlustigen alten Kerlen steckte, dann würde der kleinste Stich mit diesem schimmernden Metalldorn genügen, damit sein selbst zusammengestelltes Präparat Nummer zwölf ebenjenen für immer verlöschen ließ und der Welt damit einen großen Gefallen tat. Morveer öffnete die Latrinentür mit ganz leisem Knarren und schlich auf Zehenspitzen zurück ins Zimmer.
    Der Tisch war auf die Seite gekippt, Münzen und Karten überall verstreut. Cosca lag auf dem Rücken daneben, die linke Hand schlaff ausgestreckt, der Flachmann noch in Reichweite. Victus war über ihm ausgestreckt, den kleinen Flachbogen umkrallte er immer noch mit der Faust, die mit rotem Blut bespritzt war. Morveer kniete sich neben die Toten, schob die freie Hand unter Victus’ Körper und rollte ihn schnaufend beiseite.
    Coscas Augen waren geschlossen, der Mund stand offen, Blut war von einer Wunde an der Stirn auf die Wange getropft. Seine Haut war wachsbleich und zeigte bereits den unmissverständlichen Schimmer des Todes.
    »Ein Mann kann sich
ändern,
was?«, stieß Morveer abfällig hervor. »So viel zu
deinen
Versprechungen!«
    Zu seinem größten Entsetzen klappte der Angesprochene urplötzlich die Augen auf.
    Und zu seinem noch größeren Entsetzen schoss ein unbeschreiblich heftiger Schmerz durch seine Innereien. Er holte erschauernd tief Luft und stieß ein überirdisches Heulen aus. Als er dann an sich hinabsah, entdeckte er, dass der alte Söldner ihm ein Messer in den Bauch gerammt hatte. Morveer atmete noch einmal keuchend ein. Verzweifelt hob er den Arm.
    Es folgte ein leises klatschendes Geräusch, als Cosca sein Handgelenk packte und scharf zur Seite riss, bis sich die Nadel in Morveers Hals bohrte. Dann herrschte bedeutungsschwere Stille. Sie verharrten bewegungslos, wie eine menschliche Skulptur, das Messer in Morveers Bauch, die Nadel in seinem Hals, umklammert von der eigenen Hand, die wiederum Cosca festhielt. Cosca sah mit gerunzelter Stirn nach oben. Morveer starrte zu ihm hinab. Seine

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