Racheklingen
Menge Leichen«, flüsterte er.
»Neunundvierzig«, erwiderte Freundlich. »Sieben mal sieben.«
»Schau mal einer an. Wenn wir dich mit dazulegen, sind es fünfzig.«
Espe warf sich nach vorn, deutete einen hohen Schlag an und schwang die Axt dann doch tief, auf Knöchelhöhe. Freundlich sprang darüber hinweg, und sein Beil zischte auf den Kopf des Nordmanns hinunter. Gerade noch rechtzeitig riss Espe den Schild empor, und die Klinge prallte von dem eingedellten Buckel in der Mitte ab und schickte eine Erschütterung durch Freundlichs Arm, die er bis zur Schulter hinauf spürte. Er stach nach Espes Seite, als er an ihm vorüberglitt, kam zwar mit seinem Arm dem großen Axtgriff in die Quere, als der zurückschwang, konnte aber immerhin einen langen Schnitt über den Rippen platzieren. Freundlich fuhr herum, hob das Beil, um die Angelegenheit endlich zu beenden, bekam Espes Ellenbogen gegen die Kehle, bevor er zuschlagen konnte, stolperte zurück und fiel beinahe über einen Toten.
Wieder sahen sie einander an, Espe vornübergebeugt, den Arm gegen die verwundete Seite gepresst, während Freundlich hustete, als er versuchte, gleichzeitig den Atem und das Gleichgewicht wiederzugewinnen.
»Nochmal?«, flüsterte Espe.
»Einmal noch«, krächzte Freundlich.
Wieder gingen sie aufeinander los, und ihr rauer Atem, die knarrenden Stiefel, das Keuchen und Schnaufen, das Schaben von Metall auf Metall und das Scheppern von Klingen auf Stein hallte von den Marmorwänden und der bemalten Decke zurück, als ob um sie herum noch viel mehr Männer auf Leben und Tod kämpften. Sie schlugen, hieben, spuckten, traten, stachen nacheinander, sprangen über Leichen, stolperten über Waffen und rutschten immer wieder auf dem schwarzen Blut aus, das den polierten Steinboden bedeckte.
Freundlich wich vor einem ungeschickten Axthieb zurück, der gegen die Wand krachte und Marmorsplitter davonfliegen ließ, und er merkte, dass er schon wieder bis zur Treppe zurückgewichen war. Sie wurden beide allmählich müde und langsamer. Ein Mann kann nur eine gewisse Zeit kämpfen, schwitzen, bluten. Espe kam hinter ihm her, schwer atmend, den Schild vor sich hertragend.
Rückwärts eine Treppe hinunter zurückzugehen, ist schon dann nicht die beste Idee, wenn sie nicht von Leichen übersät ist. Freundlich war so damit beschäftigt, Espe zu beobachten, dass er mit dem Stiefel auf die Hand eines Toten trat und sich den Knöchel verrenkte. Espe sah das und schlug sofort zu. Freundlich konnte das Bein nicht schnell genug zurückziehen, und die Klinge erwischte ihn hart an der Wade und warf ihn beinahe um. Espe knurrte, als er die Axt nun höher schwang. Freundlich sprang nach vorn, ritzte Espes Unterarm mit seinem Messer, hinterließ dabei eine rotschwarze Wunde, die heftig blutete. Der Nordmann knurrte, versuchte die Axt fester zu packen, aber sie rutschte zu Boden. Freundlich schlug mit dem Beil nach Espes Schädel, aber der Schildarm seines Gegners war im Weg. Die beiden umschlangen sich, die Klinge ritzte nur Espes Kopfhaut, Blut quoll aus der Wunde, besudelte sie beide. Der Nordmann packte Freundlich mit der blutigen Hand an der Schulter, riss ihn zu sich heran, das gesunde Auge quoll vor Zorn beinahe aus seiner Höhle, das Stahlauge war mit leuchtendem Rot bespritzt, und die Lippen verzog er zu einem wilden Fauchen, als er den Kopf zurückriss.
Freundlich rammte sein Messer in Espes Schenkel und fühlte, dass die Klinge bis zum Heft ins Fleisch glitt. Espe stieß ein Kreischen aus, in dem sich Schmerz und Wut vermischten. Seine Stirn krachte mit ekligem Knacken in Freundlichs Mund. Der Saal begann sich zu drehen, Stufen trafen den Sträfling im Rücken, sein Schädel schlug gegen Marmor. Er sah Espe über sich aufragen und dachte, es sei besser, wenn er jetzt das Beil hob. Doch bevor er das tun konnte, rammte Espe den Schild nach unten, und der Metallrand schepperte gegen den Stein. Freundlich fühlte, wie die beiden Knochen seines Unterarms brachen, das Beil fiel aus seinen tauben Fingern und rutschte klappernd die Stufen hinab.
Espe griff nach unten, kleine Flocken rosafarbener Spucke flogen bei jedem stöhnenden Atemzug von den zusammengebissenen Zähnen, und die Faust schloss sich um den Griff der Axt. Freundlich sah ihm zu, fühlte aber nicht mehr als milde Neugier. Alles war jetzt hell und verschwommen. Er sah die Narbe am breiten Handgelenk des Nordmanns, jene, die wie eine Sieben geformt war. Sieben war eine gute Zahl, heute
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