Racheklingen
der Schulter bis zu den Fingern wehtat. »Wir wollen dir ein Ende machen.«
»Komm du doch her«, knurrte Freundlich zurück. »Dann machen wir dir ein Ende.«
Espe zuckte die Achseln, schüttelte die Arme, wischte sich mit dem Ärmel das Blut von der Stirn und streckte den Hals nach links und rechts. »Ganz … wie … du … willst!« Damit preschte er wieder vor. Er brauchte keine zweite Einladung.
Cosca sah mit gerunzelter Stirn auf sein gezücktes Messer. »Wenn ich jetzt sagen würde, ich wollte gerade eine Orange damit schälen, würdest du mir glauben?«
Victus grinste, und Cosca ging wieder einmal durch den Sinn, dass er keinen Mann kannte, der hinterlistiger lächelte.
»Ich würde sagen, ich glaube gar nichts mehr von dem, was du sagst. Aber mach dir deswegen keine Sorgen. Du wirst überhaupt nicht mehr viel sagen.«
»Wieso fühlen sich Männer, die einen gespannten Flachbogen in Händen halten, eigentlich immer dazu berufen, große Sprüche zu klopfen, statt einfach den Bolzen abzuschießen?«
»Große Sprüche machen Spaß.« Victus griff nach seinem Glas, hielt dabei seinen gehässigen Blick weiter auf Cosca gerichtet, und die schimmernde Bolzenspitze deutete unverwandt in dieselbe Richtung. Mit einem einzigen Schluck kippte er den Schnaps hinunter. »Bäh.« Er streckte die Zunge heraus. »Verdammt, ist das ein bitteres Zeug.«
»Süßer als meine gegenwärtige Lage«, brummte Cosca. »Ich vermute, der Stuhl des Generalhauptmanns wird von jetzt an dir gehören.« Eine Schande. Gerade hatte er sich wieder daran gewöhnt, selbst darauf zu sitzen.
Victus schnaubte. »Wieso sollte ich dieses scheiß Ding wollen? Den Ärschen, die bisher drauf gehockt haben, hat es jedenfalls kein Glück gebracht, nicht wahr? Sazine, du, die Murcattos, der Getreue Carpi und nun wieder du. Jeder Einzelne tot oder zumindest so gut wie, während ich im Hintergrund blieb und dabei viel reicher geworden bin, als so ein kleiner Drecksack, wie ich es verdient hätte.« Er verzog gequält das Gesicht und legte sich die Hand auf den Bauch. »Nein, ich werde einen neuen Idioten finden, der diesen Platz einnimmt, und der mich reicher macht als je zuvor.« Wieder verzog sich seine Miene. »Mann, was für ein verdammtes scheiß Zeug.« Wacklig erhob er sich von seinem Stuhl, klammerte sich an der Tischkante fest, und eine dicke Ader trat an seiner Stirn hervor. »Was hast du mit mir gemacht, du alter Wichser?« Er kniff die Augen zusammen, und der Flachbogen zitterte plötzlich.
Cosca warf sich nach vorn. Der Abzug klackte, die Sehne sang, der Bolzen schoss knapp links neben ihm in den Putz. Cosca rollte sich mit einem Triumphschrei neben den Tisch und hob das Messer. »Ha,
ha
!« Victus’ Flachbogen krachte ihm knapp über dem Auge gegen die Stirn. »Gurgh!« Für einen kleinen Augenblick war sein Blickfeld voller Licht, und seine Knie gaben nach. Er klammerte sich an der Tischkante fest und schlug das Messer ins Nichts. »Sfup.« Zwei Hände schlossen sich um seine Kehle. Hände, besetzt mit dicken Ringen. Victus’ rosa angelaufenes Gesicht ragte über ihm auf, und Spucke flog von seinem verzerrten Mund.
Cosca rutschten die Füße weg, das Zimmer drehte sich, sein Kopf krachte gegen den Tisch. Und dann war alles dunkel.
Die Schlacht unter der Kuppel war vorüber, und beide Seiten hatten in Orsos geliebtem Rundbau ziemlich viel Chaos angerichtet. Der schimmernde Mosaikboden und die geschwungenen Treppen lagen voller Leichen und verstreuter Waffen, und überall fanden sich Spritzer, Flecken, Lachen und Pfützen dunklen Bluts.
Die Söldner hatten gewonnen – wenn man es als Sieg werten konnte, dass noch etwa ein Dutzend von ihnen aufrecht stand. »Hilfe!«, schrie einer der Verwundeten. »Hilfe!« Aber seine Kameraden hatten anderes im Kopf.
»Macht die verdammten Türen auf!« Es war Secco, der jetzt das Kommando übernahm, jener Korporal, der Wachdienst gehabt hatte, als sie ins Lager der Tausend Klingen geritten kam, nur um festzustellen, dass Cosca ihr zuvorgekommen war. Er schleifte einen toten Talineser von den Löwenkopftüren weg und ließ den Leichnam die Treppe hinunterrutschen. »Du da! Such eine Axt!«
Monza runzelte die Stirn. »Orso wird da drin sicher noch mehr Leute haben. Wir sollten besser auf Unterstützung warten.«
»Warten? Und dann die Beute teilen?« Secco warf ihr einen verächtlichen Blick zu. »Scheiß auf dich, Murcatto, wir nehmen keine Befehle mehr von dir entgegen! Schlagt sie
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