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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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zu wollen.
    Der Knall einer zufallenden Tür riss ihn aus seinen Gedanken, und Cosca kam die knarrenden Stufen aus dem Obergeschoss hinab, wo die Schlafräume lagen. Er kratzte sich gemächlich an dem roten Ausschlag an seinem Hals.
    »Morgen.«
    Der alte Söldner gähnte. »Ja, ist es wohl. Ich kann mich kaum an den letzten Morgen erinnern, den ich in dieser Frühe erlebt hätte. Schönes Hemd.«
    Espe zupfte an seinem Ärmel. Dunkle Seide, mit polierten Hornknöpfen und hübscher Stickerei an den Aufschlägen. Wesentlich auffälliger, als er selbst ausgesucht hätte, aber Monza hatte es schön gefunden. »Ist mir gar nicht aufgefallen.«
    »Ich hatte früher viel übrig für gute Kleidung.« Cosca ließ sich auf einen ebenfalls recht wackligen Stuhl neben Espe fallen. »Monzas Bruder übrigens auch. Er hatte ein ganz ähnliches Hemd, wenn ich mich recht erinnere.«
    Espe war sich nicht ganz sicher, worauf der alte Drecksack hinauswollte, aber er wusste, dass es ihm nicht gefiel. »Na und?«
    »Hat sie viel von ihrem Bruder erzählt, ja?« Cosca lächelte auf eine seltsame Weise, als wüsste er etwas, von dem Espe nichts ahnte.
    »Sie hat mir gesagt, er sei tot.«
    »Das habe ich auch gehört.«
    »Und sie hat mir gesagt, dass sie darüber gar nicht glücklich ist.«
    »Ganz bestimmt nicht.«
    »Gibt’s da noch etwas, das ich wissen sollte?«
    »Ich denke, wir könnten alle ein bisschen schlauer sein, als wir es sind. Aber das überlasse ich ihr.«
    »Wo ist sie?«, fragte Espe kurz angebunden, dem allmählich der Geduldsfaden riss.
    »Monza?«
    »Wer denn sonst?«
    »Sie will nicht mehr Leuten als unbedingt nötig ihr Gesicht zeigen. Aber das ist kein Problem. Ich habe im ganzen Weltenrund Kämpfer rekrutiert. Und auch ziemlich viele Musiker und Gaukler. Geht es dir gegen den Strich, wenn ich jetzt die Dinge in die Hand nehme?«
    Und wie das Espe gegen den Strich ging. Es war unübersehbar, dass Cosca in der letzten Zeit nur eine einzige Sache in die Hand genommen hatte – eine Flasche. Nachdem der Blutige Neuner seinen Bruder getötet, ihm den Kopf abgeschnitten und auf eine Standarte aufgepflanzt hatte, hatte Espes Vater mit dem Trinken angefangen. Er hatte getrunken, Wutanfälle und schließlich das Zittern bekommen. Er hatte keine guten Entscheidungen mehr getroffen, die Achtung seiner Leute verloren und schließlich auch alles andere, was er aufgebaut hatte. Als er gestorben war, hatte er Espe nichts weiter als bittere Erinnerungen hinterlassen.
    »Ich traue keinem Mann, der säuft«, knurrte er und gab sich nicht die Mühe, seine Meinung in nettere Worte zu kleiden. »Wenn ein Mann mit dem Saufen anfängt, dann wird er schwach, und schließlich verliert er den Verstand.«
    Cosca schüttelte traurig den Kopf. »Du hast das Pferd vom Schwanz aufgezäumt. Ein Mann verliert den Verstand, wird schwach und fängt dann an zu saufen. Die Flasche ist ein Zeichen, nicht die Ursache. Aber obwohl es mich tief in meinem Herzen rührt, wie sehr du dich um mich sorgst – du musst dir wegen mir keine Gedanken machen. Ich fühle mich heute schon viel stabiler.« Er spreizte die Hände auf der Tischplatte, und es stimmte, dass sie nicht mehr ganz so schlimm zitterten wie zuvor. Es war nur noch ein leises Beben, kein wildes Zucken mehr. »Ihr werdet euch wundern, wie schnell ich wieder in Form sein werde.«
    »Ich kann es kaum erwarten.« Vitari schlenderte aus der Küche, die Arme vor der Brust verschränkt.
    »Ich doch auch nicht, Schylo!« Cosca klopfte Espe auf den Arm. »Aber genug von mir! Welche Verbrecher, Straßenräuber, Schläger und anderes Gesindel habt ihr in den dreckigen Gässchen des alten Sipani aufgetan? Welche kämpfenden Künstler zieht ihr für uns in Erwägung? Musiker, die morden? Tödliche Tänzer? Sänger mit Säbeln? Gaukler, die …«
    »Leute umbringen?«, schlug Espe vor.
    Cosca grinste noch breiter. »Prägnant und präzise wie immer.«
    »Prägnant?«
    »Blöd«, übersetzte Vitari, die den letzten Stuhl heranzog und einen Bogen Papier auf dem vernarbten Tisch entfaltete. »Zunächst einmal habe ich eine Gruppe Musiker gefunden, die für ein paar Bruch unten am Hafen auftrat. Ich vermute allerdings, sie verdienen wesentlich mehr Geld, indem sie Passanten überfallen, als dass sie ihnen was vorspielen.«
    »Zupackende, wilde Gesellen, was? Genau die brauchen wir.« Cosca reckte den schrundigen Hals wie ein Hahn, der krähen will. »Rein mit euch!«
    Die Tür öffnete sich knarrend, und fünf

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