Racheklingen
erstickt. Er ist der wahre Feigling.« Damit hob er sein Glas und nahm einen langen, selbstzufriedenen Schluck Wein. Er war es nicht gewöhnt, schnell zu trinken, und wurde von starkem Brechreiz erfasst, aber er zwang sich dennoch, blass zu lächeln.
Coscas dünne Hand umklammerte den Tisch so heftig, dass die Knöchel weiß hervortraten, während er zusah, wie Morveer trank. »Wie wenig Sie mich verstehen. Ich könnte zu jeder Zeit mit dem Trinken aufhören. Und genau das habe ich bereits beschlossen. Ich werde es Ihnen beweisen.« Der Söldner hielt eine wild zuckende Hand hoch. »Wenn ich bloß ein halbes Glas bekommen könnte, um diese verdammten Krämpfe in den Griff zu bekommen!«
Die anderen lachten, die Spannung löste sich, aber Morveer hatte den tödlichen Glanz in Coscas Augen gesehen. Der alte Weinschlauch mochte so harmlos wirken wie ein Dorfdepp, aber er hatte einst zu den gefährlichsten Männern Styriens gezählt. Es wäre närrisch, einen solchen Mann zu unterschätzen, und Morveer war kein Narr. Er war nicht mehr der Waisenknabe, der nach seiner Mutter geheult hatte, als die anderen ihn traten.
Vorsicht stand immer an erster Stelle.
Monza saß ruhig da, sagte nicht mehr, als nötig war, und aß noch weniger, während ihre behandschuhte Hand ungeschickt das Messer führte. Sie schloss sich selbst aus, hier oben am Haupt des Tisches. Sie wahrte jenen Abstand, den ein General von seinen Soldaten haben muss, ein Dienstherr von seinen Handlangern und eine gesuchte Frau, wenn sie auch nur ein bisschen Verstand hatte, von allen anderen Menschen. Es fiel ihr nicht schwer. Jahrelang hatte sie diesen Abstand gewahrt und Benna das Reden überlassen, das Lachen und das Gemochtwerden. Ein Anführer kann es sich nicht leisten, gemocht zu werden. Als Frau schon gar nicht. Espe sah immer wieder zu ihr hinüber, und sie achtete sorgfältig darauf, seinen Blick nicht zu erwidern. Sie hatte sich in Westport nicht in der Gewalt gehabt und zugelassen, dass sie schwach wirkte. Das durfte nicht wieder geschehen.
»Ihr beide scheint euch ja recht gut zu kennen«, sagte Espe nun, während seine Augen zwischen ihr und Cosca hin- und herglitten. »Alte Freunde, was?«
»Eher Familie!« Der alte Söldner schwenkte die Gabel so heftig, dass er jemandem ein Auge damit hätte ausstechen können. »Wir haben als edle Mitglieder der Tausend Klingen, der berühmtesten Söldnertruppe im ganzen Weltenrund, Seite an Seite gekämpft!« Monza sah ihn bitter von der Seite an. Seine blutigen alten Geschichten erinnerten sie an Dinge, die sie getan, und an Entscheidungen, die sie getroffen hatte, aber nur zu gern in der Vergangenheit begraben hätte. »Wir sind fechtend durch ganz Styrien und zurück gezogen, als Sazine noch Generalhauptmann war. Das war eine herrliche Zeit für einen Söldner, bevor die Dinge … knifflig wurden.«
Vitari schnaubte. »Du meinst, blutig.«
»Verschiedene Worte für dieselbe Sache. Damals waren die Leute reicher und leichter einzuschüchtern, und die Mauern waren nicht so hoch. Schließlich bekam Sazine einen Pfeil in den Arm, dann verlor er den Arm, und dann starb er, und ich wurde zum nächsten Generalhauptmann gewählt.« Cosca stocherte in seiner Fleischsuppe. »Als wir den alten Wolf begruben, wurde mir klar, dass das Kämpfen viel zu harte Arbeit war und dass ich, so wie alle hochwohlgeborenen Menschen, möglichst wenig damit zu tun haben wollte.« Er lächelte Monza unruhig an. »Also teilten wir die Brigade in zwei Gruppen.«
»Du hast die Brigade geteilt.«
»Ich nahm die eine Hälfte, Monzcarro und ihr Bruder Benna nahmen die andere, und wir ließen das Gerücht verbreiten, wir hätten uns zerstritten. Dann ließen wir uns von den verfeindeten Seiten bei allen möglichen Auseinandersetzungen anheuern, und davon gab es reichlich, und dann … taten wir so, als kämpften wir.«
»Ihr habt so getan?«, fragte Espe leise.
Coscas zitternde Messer und Gabel stachen in der Luft nacheinander. »Wir marschierten wochenlang hintereinander her, plünderten währenddessen das Land, lieferten uns hin und wieder ein Scharmützel, damit es etwas zu sehen gab, und am Ende eines Feldzugs waren wir weitaus reicher als vorher, aber niemand war tot. Na ja, ein paar waren vielleicht verfault. Aber das war genauso lohnend, als wenn wir die Sache ernsthaft betrieben hätten. Wir haben sogar ein paar getürkte Schlachten stattfinden lassen, nicht wahr?«
»Ja, das haben wir.«
»Bis Monza sich von
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