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Rachekuss

Rachekuss

Titel: Rachekuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
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Mitschülerin vorbeiging.
    Carina zeigte dem Mädchen verächtlich einen Stinkefinger.

4. Kapitel
    Auszug aus dem psychiatrischen Gutachten, Prof. Dr. W. Metzler vom 02.12. d. J.
    »…Die Patientin erlebt sich als minderwertig und unzureichend. Sie meint, sowohl ihr privates Umfeld als auch die Gesellschaft allgemein seien ihr feindlich, negativ und ablehnend gesonnen. (…) Die Patientin neigt zu einem unrealistischen Selbst- und Weltbild. Sie ist einzig zu einer pessimistischen Beurteilung ihres Daseins und der Welt imstande…«
    Auch der Rest der zweiten Schulwoche wurde nicht wirklich angenehmer. Außer Carina schien niemand in der Klasse Interesse an Flora zu haben. Die Jungs begafften sie weiterhin, immer wieder bekam sie Zettelchen mit obszönen Inhalten zugesteckt, deren Urheber sie nicht ermitteln konnte. Sie fühlte sich so sehr auf ihr Äußeres reduziert, dass sie nur noch ungeschminkt und in weiten Sweatshirts herumlief, damit ja niemand auf die Idee kam, sie sei eingebildet und plane ohne Unterlass, alle Jungs der Klasse flachzulegen. Doch es half wenig. Gerade Marie und Xenia gebärdeten sich wie die Vorsitzenden eines Antiflora-Klubs und stichelten, wo sie nur konnten. Carina versuchte, Flora zu trösten: »Komm, die sind nur neidisch. Nach denen dreht sich keiner um, echt nicht!« Und dann griff sie in Floras volles, festes Haar und zog ihren Kopf zu sich heran: »Außerdem haben wir doch uns!«
    »Gott sei Dank!«, stieß Flora hervor und kraulte Carinas Nacken.
    Auch Yanniks Verhalten trug nicht gerade zu Floras Aufmunterung bei. Ständig lauerte er ihr in den Pausen oder nach der Schule auf, schickte ihr flehentliche SMS oder lungerte sogar in der Nähe ihres Hauses herum. Er bemühte sich, alles nach Zufall aussehen zu lassen, aber Flora hatte das ungute Gefühl, sie müsse ernsthaft mit ihm reden. Auch Carina war der Ansicht, Flora solle ihm lieber rasch klarmachen, dass sie nicht mehr von ihm wolle.
    Er schien, seiner Sporttasche nach zu urteilen, auf dem Weg zum Volleyballtraining zu sein, als sie ihm an einem kaltfeuchten Spätnachmittag an der nächsten Querstraße unweit ihres Hauses begegnete. Er strahlte schon von Weitem, als er sie sah, und noch erfreuter war er, als er bemerkte, dass sie offensichtlich mit ihm reden wollte.
    »Hi, Flora«, sagte er und lehnte sich lässig über seinen Fahrradlenker. »Volleyball wäre doch sicher auch was für dich, oder? Die suchen noch Spielerinnen in deiner Altersklasse. Carina macht auch mit.«
    Flora nickte. »Ich weiß. Mal sehen.« Sie verzog ein wenig den Mund, als suche sie nach den richtigen Worten. Fröstelnd zog sie ihren warmen Wintermantel um sich. Sie konnte sich an die deutsche Kälte einfach nicht gewöhnen. Alle andern liefen noch in dünnen Jacken herum, aber Flora klapperte ab Temperaturen unter 15 Grad mit den Zähnen.
    »Und? Gehen wir mal wieder ins Kino?«
    Yannik rührte sie in seiner Unverdrossenheit, in seinem Mut, sie weiter zu bearbeiten, obwohl sie ihn doch so offensichtlich abblitzen ließ. »Es tut mir leid, Yannik«, sagte sie aufrichtig. »Ich gehe gerne mit dir ins Kino. Echt. Und – ehrlich gesagt – du bist ein richtig guter Küsser.« Yannik begann zu strahlen und griff nach ihrer Hand. Flora zog sie weg und umklammerte die Einkaufstüte, die sie vor ihren Bauch hielt.
    »Aber, aber… ich bin noch nicht so weit, dass ich einen Freund haben will. Weißt du, ich hab so viel zurückgelassen in Rio. So viele… tolle Freunde. Auch Jungs.«
    »Du hast einen andern dort, oder?«
    »Nein«, Flora schüttelte den Kopf so heftig, dass ihre Locken flogen. »Nein, aber meine Sehnsucht nach dem Leben dort ist immer noch gewaltig. Du wärst nur eine Ablenkung oder so was. Und dafür bist du viel zu schade.«
    Er stierte auf den Gehweg zwischen ihnen.
    »Verstehe«, raunte er den Pflastersteinen zu. »Mit deinen brasilianischen Lovern kann ich natürlich nicht mithalten. Die sind sicher alle Six-Pack-bepackt und geile Tänzer, oder?« Flora hätte ihn am liebsten tröstend in den Arm genommen. Das wäre allerdings das falsche Signal gewesen.
    »Können wir nicht einfach Freunde sein? Das fehlt mir hier so sehr«, flehte sie.
    »Ist ein bisschen viel verlangt, finde ich.« Yanniks grünbraune Augen wurden eine Spur dunkler und drohender. »Ich soll dir die Zeit hier vertreiben, aber wehe, ich will was von dir. Nee, danke, ohne mich.« Bevor Flora etwas entgegnen konnte, schwang er sich auf sein Fahrrad und brauste

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