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Rachekuss

Rachekuss

Titel: Rachekuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
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Flora wurde es mit einem Mal eiskalt. Alle Härchen stellten sich auf, ihre Kopfhaut zog sich zusammen. Angstvoll sah sie ihre Mutter an, die ihr mechanisch den Unterarm streichelte.
    »Aber das ist doch totaler Unsinn!« Sie schrie laut auf.
    Schmittberger hob ratlos die Schultern. »Das mag ja sein. Und ehrlich gesagt erkennt man auf den ersten Blick, dass Sie das nicht sind – die Frau auf dem Video hat eine ganz andere Art, sich zu bewegen, ein ganz anderes Gesicht.«
    »Dann tun Sie doch etwas dagegen«, schaltete sich Leticia ein. »So was kann doch niemand ungestraft einfach behaupten.«
    »Natürlich nicht«, antwortete der Beamte und fuhr sich über den Kopf. »Aber erst mal muss man rausfinden, wer diese Behauptung in die Welt gesetzt hat. Meist loggen sich die Täter mit einem falschen Namen ein, laden den Film über Umwege hoch, versenden Mails über einen Freemailer und wir sind die Dummen. Tut mir leid! Das Einzige, was wir tun können, ist, die Löschung dieser Seite zu beantragen.«
    »Ja, aber…« Leticias Stimme zitterte vor Wut. »Irgendwo müssen doch Daten gespeichert sein von diesen Leuten, man muss sich doch überall anmelden…«
    »Na, schon, aber da ranzukommen, ist gar nicht so einfach. Das Einzige ist, dass wir die Seite bei YouTube und Facebook jetzt ganz schnell löschen lassen – das Video wurde ja immerhin erst gestern Nachmittag eingestellt – und dann sehen wir weiter.« Nachdenklich beobachtete Schmittberger Flora, die reglos am Tisch saß. Als sei sie eine der Skulpturen, die ihre Mutter herstellte.
    »Und Ihnen fällt nicht ein, wer Ihnen und warum so feindlich gesinnt sein könnte?« Flora schüttelte mechanisch den Kopf. Kein Wort, dass sie hätte sagen können.
    »Wir sind ja erst so kurz hier in Deutschland«, erklärte Leticia. »Meine Tochter ist ein guter Mensch – wer sollte sie so hassen?«
    Flora schrak unwillkürlich zusammen, als es an der Tür klingelte. Leticia machte auf und kam mit Carina zurück.
    »Meine Süße, es tut mir so leid!«, sagte Carina und schlang ihre Arme um Flora. »Aber sei sicher – in der Schule hat sich schon rumgesprochen, dass du nicht das Mädchen auf dem Video bist! Wir haben heute im Unterricht über nichts anderes gesprochen. Jeder Lehrer kam mit noch einer Predigt und noch einer, dass wir uns von diesem Internet-Teufelszeug nur ja fernhalten und unbedingt melden sollen, wenn irgendwem was Blödes widerfährt.« Flora sah Carina an und nickte nur stumm.
    »Und Sie sind?«, wandte sich Schmittberger an Carina.
    »Floras Freundin, Carina Meyer-Grabow«, erklärte sie und streichelte Floras Hand, die eiskalt war.
    »Ich will nach Hause«, flüsterte Flora plötzlich und sah weiter starr vor sich auf den Tisch. Schmittberger sah sie verwundert an.
    »Nach Brasilien, meint sie«, erklärte Leticia.
    »Na gut, wie auch immer.« Schmittberger erhob sich. »Wir veranlassen jetzt also die Sperrung der Seite. Ich rate Ihnen, gehen Sie die nächsten Tage erst mal nicht an Ihr Handy oder Ihren Computer.«
    »Was ist mit der Schmiererei auf der Garage?«, fragte Leticia.
    »Da schicke ich noch die Kollegen von der Spurensicherung vorbei, aber auch da kann ich Ihnen wenig Hoffnung machen«, sagte der Polizeibeamte im Gehen. »Lassen Sie es anschließend schnell überpinseln – ist für Ihre Tochter sicher besser.«
    Leticia brachte den Beamten zur Tür und kehrte dann zu den Mädchen zurück.
    »Vielleicht sollte Flora wirklich wieder für einige Zeit nach Brasilien«, sagte Carina. »Wenigstens bis sich die Wogen hier geglättet haben. Das war echt ’ne krasse Zeit die letzten Wochen.«
    Leticia sah nachdenklich auf Flora, die sich inzwischen auf das Sofa gesetzt hatte, aber immer noch so starr wirkte wie zuvor.
    »Ja, vielleicht hast du recht, Carina. Bloß ich bin mir nicht sicher, ob ich sie zurzeit alleine dorthin lassen kann. Ich müsste mitkommen. Und was ist dann mit Lucas? Den kann ich nicht schon wieder von der Schule nehmen. Mein Mann kann sich unmöglich um ihn kümmern. Ich denke, Flora sollte die Zeit bis zum Abi hier einfach durchstehen. Dann sehen wir weiter. Wir schaffen das schon.«
    »Aber in dem Zustand schafft sie doch niemals ihr Abi«, mutmaßte Carina. »Könnte sie das nicht in ihrer alten Klasse machen?«
    »Ich weiß es nicht.« Leticia klang verzweifelt. Carina setzte sich wieder zu Flora.
    »Kann ich etwas für dich tun?«, fragte sie leise. Flora starrte geradeaus, auf einen Fussel auf dem Boden, einen Fleck auf

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