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Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Titel: Rachel im Wunderland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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gut, dass sie sich tatsächlich übergab.
    Das war spitze.
    Als Mum von unserem Spiel erfuhr, nahm sie uns den Feuerhaken weg, und wir mussten uns von Stund an mit einem hölzernen Küchenlöffel behelfen, was nicht halb so echt war.
    Zufälligerweise fiel die Beschlagnahmung des Feuerhakens mit einem anderen Ereignis zusammen: Die Shaws schafften sich ein Planschbecken an, und Hilda Shaw wurde plötzlich mit Einladungen von ihren Möchtegernfreundinnen überschüttet.
    Claire, Margaret und ich reihten uns da mit ein. Wie immer zog man mich nicht näher in Betracht. Claire und Margaret hingegen kamen in die engere Wahl und erhielten schließlich in einem gelben Umschlag die Mitteilung, dass sie eingeladen waren.
    Als sie mit ihren rosafarbenen, auf dem Po gerüschten Badeanzügen abzogen, musste ich zu Hause im Garten bleiben, wie immer die Ausgeschlossene, und das Spiel Mutterärgern spielen.
    (»Mummy, warum ist der Himmel?«
    »Warum ist der Himmel was, Rachel?«
    »Nein, nur warum ist der Himmel?«
    »Du kannst nicht fragen, warum ist der Himmel, das ist keine richtige Frage.«
    »Warum nicht?«
    »Es ist eben keine.«
    »Warum nicht?«
    »Hör auf, warum zu fragen, Rachel, du gehst mir auf die Nerven.«
    »Warum?«
    »Geh und spiel mit Claire und Margaret.«
    »Geht nicht, die sind bei Hilda Shaw im Planschbecken.«
    Pause.
    »Mummy, warum ist das Gras?«
    »Warum ist das Gras was, Rach...?«)
    Jedenfalls sah Margarets wieder aufgestelltes Osterei auf dem Schrank ganz gut aus, dachte ich. Also ging ich frohgemut zu meiner Mutter. Sie war immer noch im Garten und sprach mit Mrs. Nagle, die auf der anderen Seite wohnte. Worüber sprachen sie nur?, fragte ich mich. Und wie konnten sie das so lange aushalten? Erwachsene waren einfach komisch. Besonders, weil sie nie etwas kaputtmachen wollten. Sie wollten auch keinen anderen kneifen.
    Ich lungerte herum, hielt mich am Rockzipfel meiner Mutter fest und lehnte mich an sie. Ich dachte, sie würde nie aufhören zu reden, deswegen sagte ich, um die Sache etwas zu beschleunigen: »Mummy, ich muss mal aufs Klo«, obwohl das nicht stimmte.
    »Oje!«, sagte sie zu Mrs. Nagle. »Nie hat man mal eine Minute für sich. Komm schnell!« Doch als wir im Haus waren, musste sie sich um Anna kümmern. Und ich hatte sie immer noch nicht für mich.
    Was sollte ich spielen? Und ungefragt tauchte in meinem Kopf der Gedanke an das halbe, noch ungegessene Osterei auf. Ich brauchte nur die Treppe hinaufzugehen. Es war ganz nah, und es wäre so einfach ...
    Nein! Das darf ich nicht, schalt ich mich.
    Aber warum denn nicht? lockte mich eine andere Stimme. Geh schon, es wird ihr nichts ausmachen.
    Also kehrte ich wieder zum Ort meiner Schandtat zurück. Ging zum Schrank, stellte mich auf den Stuhl, und runter kam das Osterei.
    Diesmal aß ich alles auf, und es war nichts mehr da, was ich in dem Karton drapieren konnte. Die Angst und die Scham kamen wieder, aber schlimmer, noch viel schlimmer als beim ersten Mal.
    Zu spät wurde mir bewusst, dass ich in der Patsche saß.
    Mein Herz klopfte mir vor Angst bis zum Hals, und ich wusste, dass ich die leere Schachtel nicht einfach auf dem Schrank stehenlassen konnte. Ich sah mich im Zimmer nach einem geeigneten Versteck um und wünschte mir intensiv, dass ich nie zur Welt gekommen wäre. Unterm Bett? Auf keinen Fall, die meisten unserer Spiele fanden dort statt. Hinter dem Sofa im guten Wohnzimmer? Nein, denn als ich Claires Puppe dort versteckt hatte, nachdem ich ihr die Haare abgeschnitten hatte, fand man sie beängstigend schnell. Ich entschloss mich für den Kohlenbunker, weil der nicht mehr benutzt wurde. (Ich war noch zu klein, um die Verbindung zwischen dem Sommerwetter und der Notwendigkeit zu heizen herzustellen.)
    Und dann überlegte ich mir fieberhaft, was ich sagen würde, wenn Margaret merkte, dass ihr wertvolles Osterei nicht mehr da war.
    Natürlich hatte ich nicht die Absicht, irgendetwas zuzugeben. Ganz im Gegenteil. Wenn jemand dagewesen wäre, auf den ich die Schuld hätte schieben können, hätte ich es sofort getan. Obwohl das normalerweise nicht klappte. Als Margarets Puppe mit abgerissenem Kopf gefunden wurde und ich versuchte, Jennifer Nagle die Schuld dafür zu geben, war das fürchterlich danebengegangen.
    Ich würde sagen, dass es vielleicht von einem Mann gestohlen worden war, beschloss ich. Einem furchteinflößen- den Mann mit einem schwarzen Cape, der herumzog und Ostereier stahl.
    »Was machst du da draußen?« Als

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