Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)
diesmal einen Puerto Ricaner namens José, der mindestens ebenso schwer zu fassen war wie Carlos vor ihm. Durch ihre neue Stelle hatte sie nicht mehr so viel Freizeit wie zuvor. Doch in dieser karg bemessenen Zeit wartete sie darauf, dass Josie (wie Luke und ich ihn nannten) anrufen würde. Plus ça change ...
»Warum lerne ich nie jemanden Nettes kennen?«, fragte sie mich eines Abends unter Tränen. »Warum können Josie und ich nicht wie du und Luke sein? José meine ich. Was habt ihr beiden nur, dass ihr Josies Namen nicht richtig aussprechen könnt? José, meine ich natürlich!«, fügte sie entnervt hinzu.
Es freute mich, dass Brigit unglücklich war. Das hieß nämlich, dass sie nicht daran dachte, sich über mich zu ärgern, solange sie sich über Josie ärgerte. Das war eine angenehme Neuerung.
»Was meinst du mit ›Luke und ich‹?«, fragte ich.
»Du weißt schon.« Sie wedelte mit den Händen. »Verliebt.«
»Ach, wohl kaum«, wehrte ich ab und spürte, wie es mich warm durchflutete bei dem Gedanken, dass Luke in mich verliebt war. Aber ich war mir nicht ganz sicher, ob er tatsächlich in mich verliebt war, obwohl er sehr freizügig mit seinen Liebeserklärungen war. Allerdings sagte er auch zu allen anderen, dass er sie liebte, einschließlich Benny, dem Bagel-Verkäufer. Immer, wenn ich etwas Nettes für ihn tat, sagte er: »Danke, Babe, ich liebe dich.« Und es musste nichts Großes sein, eine Kleinigkeit wie ein getoastetes Käsesandwich reichte da schon. Wenn wir in Gesellschaft waren, streckte er die Hand aus, zeigte auf mich und sagte: »Ich liebe diese Frau.« Manchmal tat er das sogar, wenn wir allein waren.
Brigit musterte mein verwirrtes Gesicht. »Willst du mir wirklich erzählen, dass du nicht in Luke Costello verliebt bist?«, fragte sie. »Lässt du ihn immer noch zappeln?«
»Ich mag ihn«, verteidigte ich mich. »Ich bin scharf auf ihn. Reicht dir das nicht?«
Das stimmte. Ich mochte ihn, und ich war scharf auf ihn. Ich fand einfach nur, dass da mehr sein sollte.
»Was willst du denn? Dass ein himmlischer Bote mit einer Posaune vorbeikommt und dir verkündet, dass du dich verliebt hast?«, fragte sie in aggressivem Ton.
»Immer mit der Ruhe, Brigit«, sagte ich besorgt. »Bloß weil Josie wieder nicht anruft, brauchst du doch nicht auf mir herumzuhacken, weil ich nicht die richtigen Gefühle für Luke habe.«
»Wenn es wie eine Ente aussieht und wie eine Ente quakt und wie eine Ente watschelt, dann ist es höchstwahrscheinlich auch eine Ente«, sagte Brigit mit finsterer Miene.
Ich sah sie verständnislos an. Warum verglich sie Josie mit einer Ente?
»Ich meine«, seufzte sie, »du magst Luke, du bist scharf auf ihn, du kaufst dir laufend neue Büstenhalter, du kannst die Finger nicht von ihm lassen. Du kommst jeden Abend nach Hause und sagst: ›Wir zwingen uns heute Nacht einmal dazu, getrennt zu schlafen‹, und fünf Minuten später rufst du ihn an, wenn er nicht schon angerufen hat. Und in null Komma nichts hast du eine Zahnbürste und eine frische Unterhose in deine Handtasche gestopft und rennst los zu seiner Wohnung wie ein Hase, der aus einer Falle springt. Mir kannst du nicht erzählen, dass du nicht in ihn verliebt bist.«
Sie hielt inne. »Die letzten Male hast du deine Zahnbürste nicht mitgenommen, du Dreckspatz. Putzt du dir nicht mehr die Zähne?«
»Doch.« Ich errötete.
»Ach so!«, rief sie aus. »ACH SO! Jetzt wird ja alles klar. Du hast eine neue Zahnbürste, die in Lukes Wohnung lebt. Eine besondere Liebes zahnbürste.«
Ich zuckte verlegen die Achseln. »Vielleicht.«
»Ich wette.« Brigit beobachtete meine Reaktionen haarscharf. »Ich wette, du hast auch ein herrliches neues Deospray und eine neue Dose Gesichtscreme bei ihm deponiert.«
Als ich es nicht leugnen konnte, brüllte sie los: »WUSSTE ICH ES DOCH!«
»Watte?«, fragte sie. »Reinigungsmilch?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Noch nicht in dem Stadium, in dem du dein Make-up vor ihm abnimmst«, seufzte sie. »Ah, ein junger Liebestraum.«
Dann fuhr sie fort: »Du hast für ihn gekocht. Ihr seid über das Wochenende verreist; er ruft dich jeden Tag bei der Arbeit an; du grinst so breit, dass dein Gesicht zu zerspringen droht, wenn du ihm die Tür aufmachst; seit Juni hat sich auf deinen Schienbeinen kein Härchen gezeigt. Er ist so liebevoll und romantisch. MIR kannst du nicht erzählen, dass du nicht in ihn verliebt bist.«
»Aber ...« Ich wollte etwas einwenden.
»Du bist so
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