Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)
widerborstig«, klagte sie. »Wenn er dich wie den letzten Dreck behandeln und dich sitzenlassen würde, dann wüsstest du ganz schnell, dass du verrückt nach ihm bist.«
Ich sah zu, wie Brigit an den Nägeln kauend im Zimmer auf und ab marschierte und überlegte, was sie noch sagen konnte, um mir klarzumachen, wie es um mich stand.
Ich konnte nicht leugnen, dass es die meiste Zeit, wenn wir zusammen waren, wunderbar war. Ich war unglaublich scharf auf ihn. Er war sexy und machohaft und süß und attraktiv. Manchmal verbrachten wir den ganzen Tag im Bett. Nicht nur der Liebe halber. Sondern wir unterhielten uns. Ich war so gern mit ihm zusammen, weil er so unterhaltsam war. Und er gab mir das Gefühl, dass ich auch unterhaltsam war. Er stellte mir Fragen und brachte mich dazu, Geschichten aus meinem Leben zu erzählen, und lachte an den lustigen Stellen.
Brigit hatte recht damit, dass er liebevoll und romantisch war. An meinem Geburtstag im August lud er mich für das Wochenende nach Puerto Rico ein. (Brigit wollte als blinder Passagier in meiner Tragetasche reisen, und als sie nicht reinpasste, bat sie mich, einen Jungen für sie zu entführen. »Er muss nur volljährig sein«, sagte sie, »alles andere ist unwichtig.«)
Und es stimmte auch, dass Luke mich jeden Tag bei der Arbeit anrief. Ich wartete regelrecht auf seinen Anruf, damit ich für eine Weile die stupide Arbeit an der Rezeption vom Barbados Motel unterbrechen und in ein verständnisvolles Ohr jammern konnte. »Sag diesem Eric-Typ, dass er sich in Acht nehmen soll«, drohte Luke jeden Tag. »Wenn er meine Frau unglücklich macht, bekommt er es mit mir zu tun.«
Und es war wunderbar, wenn ich mich nach einem langen Tag nach Hause schleppte, und er hatte Shake und Joey fortgeschickt und Essen für mich gemacht. Es tat gar nichts zur Sache, dass die Teller von Pizza Hut gestohlen waren, die Servietten von McDonald’s kamen und das Essen entweder Take-away war oder in der Mikrowelle zubereitet wurde und dass es statt Wein Bier gab. Er sorgte immer für die wichtigen romantischen Dinge – Kerzen, Kondome und ein ganzer Schokoladen-Käsekuchen, nur für mich.
Das Telefon klingelte und schreckte mich aus meiner Träumerei um Luke auf. Brigit warf sich quer durch das Zimmer auf das Telefon. Es war Josie.
Als sie in aufgesetzt-fröhlichem Ton mit ihm plauderte, erkannte ich plötzlich das Hauptproblem bei Luke und mir. Es lag nicht an der nur allzu offensichtlichen Tatsache, dass mir seine Art, sich zu kleiden, peinlich war. Es lag daran, dass wir unterschiedliche Prioritäten setzten. Er hatte eine Vielzahl von Interessen. Eine zu große Vielzahl für meinen Geschmack. Er überredete mich oft zu Dingen, zu denen ich keine Lust hatte, zum Beispiel, ins Kino oder ins Theater zu gehen. Während mein Hobby darin bestand, mich irgendwo, wo ich unter extravaganten, modebewussten Leuten war, zu amüsieren. Ich wollte viel öfter als er einfach feiern. Natürlich ging er gern aus und ließ sich volllaufen, aber ich entspannte mich am liebsten beim Koksen. Und Luke war entschieden gegen Drogen. Er stritt sich laufend mit Joey, weil der massenhaft Koks in seinem Zimmer bunkerte. Was mir sehr gut gefiel. Es war einfach eine schöne Gewissheit, dass immer was zur Hand war, wenn ich mal nichts hatte.
Brigit beendete das Telefongespräch. »Das war Josie«, strahlte sie. »Seine Schwester macht bei einer Art Theater-Installation in TriBeCa mit. Du musst mitkommen.«
»Wann?«
»Heute Abend.«
Ich zögerte. Brigit missverstand das.
»Ich zahle auch«, kreischte sie. »Ich zahle. Aber du musst einfach mitkommen. Bitte. Ich kann da nicht alleine hingehen.«
»Luke würde wahrscheinlich auch gern kommen«, sagte ich beiläufig. »Du weißt doch, wie gern er ins Theater geht.«
»Du gerissenes Luder.« Brigit Lenehan war nicht auf den Kopf gefallen. »Hattet ihr euch nicht vorgenommen, den Abend nicht zusammen zu verbringen?«
»Wir hatten darüber gesprochen«, sagte ich sachlich. »Doch angesichts dieser unvorhergesehenen Wendung ...«
»Du machst dich wirklich lächerlich!«, rief sie aus. »Du hältst nicht einmal einen Abend aus, ohne ihn zu sehen.«
»Keineswegs.« Meine ruhige Stimme leugnete meine Freude, ihn doch sehen zu können. Es war mir nämlich nicht klar gewesen, wie ich bis zum nächsten Abend ohne ihn überleben sollte. »Er wäre bestimmt traurig, wenn er einen Theaterabend versäumte. Besonders wenn er den Bruder von einer der
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