Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)
etwas.
»Und du Brigit?«
Brigit nickte stumm.
»Ich bin Luke«, sagte er und streckte die Hand aus. Brigit und ich schüttelten sie stumm.
»Ich hab euch beide schon oft gesehen«, sagte er. »Bei euch gibt’s immer was zu lachen. Das finde ich toll!«
Ich suchte nach dem spöttischen Ausdruck in seinem Gesicht, aber anscheinend meinte er es ernst. Allerdings hatte ich auch nicht angenommen, dass die Typen superintelligent wären.
»Kommt rüber, dann stell ich euch den anderen vor«, forderte er uns auf.
Und obwohl wir dazu keine Lust hatten, weil wir auf diese Weise wertvolle Zeit verschwendeten, die wir nutzen könnten, um uns an einen der gutaussehenden Männer heranzumachen, folgten wir ihm brav.
Dann mussten wir das Spiel »Ire trifft Iren im Ausland« spielen. Das fing damit an, dass wir so tun mussten, als hätten wir noch nicht gemerkt, dass die anderen auch aus Irland waren. Dann mussten wir entdecken, dass wir jeweils in unmittelbarer Nachbarschaft voneinander aufgewachsen waren oder dass wir zur selben Schule gegangen waren oder dass wir uns schon einmal gesehen hatten, nämlich in den Sommerferien, als wir elf waren, oder dass unsere Mütter Brautjungfern bei der Hochzeit der jeweils anderen gewesen waren oder dass sein älterer Bruder mit meiner älteren Schwester befreundet war oder dass seine Familie unseren Hund, als der sich verlaufen hatte, gefunden und zurückgebracht hatte oder dass mein Vater irgendwann einen Unfall mit seinem Vater hatte und die beiden mitten auf der Ausfallstraße von Stillorgan einen Streit anfingen, woraufhin beide wegen Störung der öffentlichen Ordnung vor Gericht erscheinen mussten, und endlos so weiter. Auf jeden Fall hatten sich unsere Wege schon einmal gekreuzt, darüber konnte es keinen Zweifel geben.
Und so war es auch. Innerhalb weniger Sekunden hatten Joey und Brigit festgestellt, dass sie sich vor neunzehn Jahren in einem Butlins-Sommerlager kennengelernt hatten, wo sie auf einem Kostümfest den ersten beziehungsweise zweiten Preis gewonnen hatten. Offensichtlich war Joey, damals neun, als Johnny Rotten gegangen und hatte so überzeugend gewirkt, dass sogar Brigit fand, er habe den ersten Preis verdient.
Kurz darauf stellten Gaz und ich eine Verbindung fest. Er sagte: »Du kommst mir bekannt vor«, und fing dann an, mich auszufragen: »Wie heißt du mit Nachnamen? Walsh? Wo wohnt ihr? Hast du eine ältere Schwester? War die mal in Wesley? Lange Haare? Enorme ehm ... Augen? Sehr unkompliziert ? Wie heißt sie noch? Roisin? Imelda, so in der Richtung? Claire! Genau! Mit der hab ich mal gevögelt auf einer Party in Rathfarnham vor ungefähr zehn Jahren.«
Alle waren entrüstet.
»So was kannst du nicht sagen!« riefen wir aus. »Das gehört sich nicht!«
Wir sahen uns angewidert an und wiederholten kopfschüttelnd: »Das gehört sich nicht!«
Ich sah Shake an, und er mich, und wir sagten beide: »Das gehört sich nicht!«
Brigit drehte sich zu Joey, und Joey drehte sich zu Brigit, und beide erklärten: »Das gehört sich nicht!«
Luke und Johnno sahen sich entsetzt an und sagten einstimmig: »Das gehört sich nicht!«
Melinda sah Tamara an, und Tamara zog die Augenbraue hoch, und Melinda sagte: »Wir müssen auf dem Weg nach Hause noch Milch kaufen.«
»Gaz, Mann«, sagte Luke, als die Empörung sich ein wenig gelegt hatte. »Ich habe dir schon oft gesagt, dass du so nicht über die Damen sprechen kannst, das tut man nicht als Gentleman.«
Gaz war verwirrt und verärgert. »Was habe ich denn gemacht?« , wollte er wissen.
»Du beleidigst sie, wenn du so von ihr sprichst«, erklärte Luke behutsam.
»Ich beleidige sie überhaupt nicht«, ereiferte sich Gaz. »Sie war eine supergeile Braut.«
Dann kam er näher an mich heran und fragte: »Seid ihr euch ähnlich, deine große Schwester und du?«
6
E s machte Spaß, sich mit den Echten Männern zu unterhalten. In New York gelang es mir so selten, die Aufmerksamkeit eines Mannes auf mich zu ziehen, dass es Balsam für mein Ego war, im Mittelpunkt des männlichen Interesses zu stehen. Auch wenn man die fraglichen Männer nicht zu nah an sich herankommen lassen würde. Brigit und ich wurden von ihnen umringt, sodass Melinda beleidigt und mit ihrem kleinen Kinderpopo wackelnd abzog. Wie ich sie um den beneidete! Kurz darauf stelzte auch Tamara davon, auf Beinen, die aussahen, als würden sie gleich abbrechen.
»Sie sind mit Blondheit geschlagen«, sagte ich, was allseitige Erheiterung hervorrief.
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