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Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Titel: Rachel im Wunderland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Helenkas Bestätigung.«
    »Könnten Sie mir mal sagen, was das alles mit Drogen zu tun hat?«
    »Jede Menge«, sagte sie mit einem Leuchten in den Augen, das nichts Gutes verhieß. »Sie werden schon sehen.«

    Nach dem Mittagessen fing Josephine wieder mit mir an. Nichts wünschte ich mir so sehr, als dass sie mich in Ruhe lassen würde. Ich war sehr, sehr müde.
    »Sie wollten wissen, was Ihr geringes Selbstbewusstsein mit Ihrem Drogenkonsum zu tun hat«, sagte sie und fuhr dann fort: »Auf den einfachsten Nenner gebracht kann man sagen, dass Sie Ihren Körper nicht bis zu dem Punkt, wo das zur Krankheit führen kann, mit schädlichen Substanzen vollpumpen würden, wenn Sie eine gesunde Selbstachtung hätten.«
    Ich starrte an die Decke, ich hatte keine Ahnung, was das sollte.
    »Ich rede mit Ihnen, Rachel!«, fuhr sie mich an, sodass ich zusammenzuckte. »Überlegen Sie doch, wie krank Sie waren, als Sie hierherkamen. Am ersten Morgen sind Sie beim Frühstück fast ohnmächtig geworden, eine Entzugserscheinung von Ihrem heißgeliebten Valium! Wir haben die leere Flasche in Ihrem Nachttisch gefunden«, sagte sie und sah mir direkt in die Augen. Ich wandte den Blick ab und wollte vor Scham im Boden versinken, gleichzeitig war ich wütend, weil ich die Flasche nicht ordentlich hatte verschwinden lassen. Bevor ich die Möglichkeit hatte, eine schwache Entschuldigung zu erfinden – »Das war nicht meine«, oder »Meine Mutter hatte mir das Fläschchen gegeben, es war Weihwasser drin« –, fuhr sie schon fort:
    »Das trifft auch auf die anderen zu.« Sie nickte in den Raum. »Wenn Sie sich selbst wertschätzten, würden Sie sich nicht an den Abgrund des Todes hungern oder sich mit übermäßigen Mengen vollstopfen, Sie würden sich auch nicht mit Alkohol vergiften oder wie Sie, Rachel, so viele Drogen nehmen, dass Sie ins Krankenhaus eingeliefert werden müssen.« Ihre Worte hallten in dem stillen Raum wider und versetzten mich in Schrecken.
    »Als man Sie ins Krankenhaus brachte, schwebten Sie in Lebensgefahr«, fuhr Josephine erbarmungslos fort, »weil Sie sich mit Drogen vollgepumpt hatten. Finden Sie das normal?«
    Es war seltsam, aber bis zu dem Moment hatte ich noch kaum an die sogenannte Überdosis gedacht.
    »Ich war nicht in Lebensgefahr«, widersprach ich ihr.
    »Doch, das waren Sie«, gab Jospehine zurück.
    Ich sagte nichts. Für einen Sekundenbruchteil konnte ich mich von außen wahrnehmen. Ich sah, wie die anderen im Raum mich wahrnahmen. Wie ich mich wahrnehmen würde, wenn ich es nicht selbst gewesen wäre. Und in Lebensgefahr zu geraten, weil man zu viele Drogen genommen hatte, schien mir schockierend und entsetzlich. Wenn es Mike oder Misty passiert wäre, dann wäre ich erschrocken darüber gewesen, wie tief sie durch ihren Alkoholkonsum gesunken waren.
    Doch dann schloss sich dieses Guckloch, und mit Erleichterung konnte ich mich wieder von innen sehen, mit dem Wissen über die Zusammenhänge, das nur ich hatte.
    »Es war ein Unfall«, erklärte ich.
    »Es war kein Unfall.«
    »Doch, ich hatte nicht absichtlich so viel nehmen wollen.«
    »Sie hatten einen Lebensstil, in dem die Einnahme starker Drogen eine Routinesache war. Die meisten Menschen nehmen gar keine Drogen«, erläuterte sie.
    »Das ist deren Problem.« Ich zuckte die Achseln. »Wenn sie sich mit all dem Scheiß, den das Leben ihnen in den Weg wirft, rumplagen wollen, ohne zur Erholung Drogen zu nehmen, dann sind sie eben blöd.«
    »Woher haben Sie denn diese quälerische Einstellung?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Rachel, um der Sache auf den Grund zu gehen«, sagte sie lächelnd, »müssen wir uns Ihre Kindheit vornehmen.«
    Überdeutlich verdrehte ich die Augen.
    »Es ist schwer, in einer Familie zu leben, in der man das Gefühl hat, die Dümmste, die am wenigsten Begabte und am wenigsten Geliebte zu sein, nicht wahr?«
    Es war, als hätte sie mir einen Schlag in die Magengrube versetzt. Vor Schreck und Schmerz wurde mir schwarz vor Augen. Ich wollte etwas einwenden, aber es hatte mir die Sprache verschlagen.
    »In einer Familie, in der die älteste Schwester gescheit und charmant ist«, sagte sie mit schrecklicher Grausamkeit. »Wo die zweite Schwester eine Heilige in Menschengestalt ist. Und wo Ihre beiden jüngeren Schwestern außergewöhnlich hübsch sind. Es ist schwer, in einer Familie zu leben, in der jeder ein Lieblingskind hat, aber Sie werden jedes Mal übergangen.«
    »Aber ...«, hob ich an.
    »Es ist schwer, mit einer

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