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Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Titel: Rachel im Wunderland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Welt, und sie haben es nicht durch Freundlichkeit so weit gebracht. Wie vorausgesehen, fuhr sie mir mit den Fingern durch die Haare, schnalzte abschätzig mit der Zunge und schüttelte den Kopf.
    »Himmel«, sagte sie angewidert, »das ist ja völlig hinüber. Was haben Sie bloß damit gemacht?«
    »Nichts, soweit ich weiß.«
    »Vermutlich erzählen Sie mir jetzt, dass Sie es föhnen.«
    »Manchmal.«
    »Wie können Sie nur? So feine Haare dürfen Sie doch nicht föhnen. Und tun Sie Conditioner rein?«
    »Ja, natürlich tue ich Conditioner rein!« Mit den Grundzügen der Haarpflege kannte ich mich schließlich aus. Blöde Kuh!
    »Na ja, wenn Sie es sagen ...« Sie sah mich mit zusammengekniffenen Augen an.
    »Wenn ich sage, ich tue Conditioner rein«, verteidigte ich mich, »meine ich damit nicht, dass ich es einmal in der Woche mit warmem Öl und einem angewärmten Handtuch und so mache. Aber ich benutze normalen Conditioner, wenn ich mir die Haare wasche.«
    »Aha«, sagte sie mit schmalen Lippen. »Na, damit sollten Sie aber mal anfangen. Wenn man so trockene Haare hat wie Sie, dann braucht man einen echt guten Conditioner.«
    Sie hielt inne.
    Ich wartete.
    Ich wusste, was kommen würde.
    »Wir haben da ein ganzes Programm«, sagte sie genau im richtigen Moment.
    Ich machte mich auf den Verkaufsjargon gefasst und hörte nur die Schlüsselwörter wie »laborgetestet«, »exklusives Angebot«, »essenzielle Wirkstoffe«, »wirksame Zusammensetzung«, »Ihre letzte Rettung«.
    »Wieviel?«, fragte ich.
    Sie nannte eine astronomische Summe.
    »In Ordnung.« Ich schluckte. »Ich nehme es.«
    »Aber Sie brauchen auch das Shampoo und die Mousse und den Conditioner und das Antikräuselserum und das...«
    »Moment«, sagte ich. Und dann nahm ich all meinen Mut zusammen und sagte die Worte, die für mich die schwierigsten überhaupt waren.
    Ich wartete eine Sekunde, atmete tief ein und sagte: »Ich kann mir das alles nicht leisten.«
    Ihre Augen fixierten meine im Spiegel. Ich wusste, dass sie mir nicht glaubte. Ich wusste, dass sie dachte: »Du eingebildete, vornehme Ziege.«
    Ich wartete angespannt darauf, dass sie mich an der Gurgel packen und brüllen würde: »Und Was Ist Mit Meiner Provision?« Aber das tat sie nicht. Ich versuchte, mir klarzumachen, dass ich keinen Grund für Schuldgefühle hatte. Aber es half nichts.
    »Sie müssen es selber wissen, wenn Sie das nicht kaufen wollen«, sagte Jasmine zögernd. »Ich persönlich finde, es lohnt sich, aber Sie müssen es wissen.«
    »Ich bin arbeitslos«, erklärte ich und hoffte, dass sie dann etwas verständnisvoller sein würde.
    Ungnädig warf sie den Kopf zurück, wie eine verärgerte Ehefrau, die die Erklärungen ihres Mannes nicht hören will. »Wieviel soll denn ab?«, fragte sie kalt.
    »Nur die Spitzen, bitte.«
    »Nein«, sagte sie.
    Nein?
    Offenbar nicht.
    »Die Spitzen sind alle gespalten. Ich muss es schon bis hierhin abschneiden.« Sie zeigte eine Linie in Höhe meiner Schultern.
    Ich spürte das Vorgefühl des Verlusts. Jede Zelle in meinem Körper wehrte sich dagegen, dass meine Haare geschnitten wurden.
    Nein, Jasmine, bitte keine kurzen Haare. Sei gnädig. Bitte.
    »Mir macht es nichts aus, wenn es bis oben hin gespalten ist«, versicherte ich ihr mit Überzeugung. »Wirklich, das ist ganz in Ordnung, ich kann damit gut leben.«
    »Aber es ist alles gespalten und abgestorben. Spliss praktisch bis zu den Haarwurzeln. Gucken Sie mal!«, befahl sie mir. »Sehen Sie? Das hier ist alles Spliss.«
    »Ich sehe es«, sagte ich, »aber...«
    »Nein, Sie gucken ja gar nicht«, sagte sie.
    »Aber es macht mir nichts aus«, sagte ich, als ich das Gefühl hatte, jetzt lange genug geguckt zu haben. »Ich möchte lieber lange, gespaltene Haare haben als kurze, nicht gespaltene Haare.«
    »Das geht nicht«, sagte Jasmine. »Sie können nicht mit Spliss im Haar rumlaufen. Das geht nicht.«
    Wir wurden von Grainne unterbrochen.
    »Maura«, sagte sie zu Jasmine, »Mammy ist am Telefon. Sie sagt, sie kann heute Abend nicht auf Elroy aufpassen, du musst nach Hause kommen.«
    »Nein, Scheiße noch mal, ich mach heute Abend einen drauf... Du musst auf ihn aufpassen.«
    »Aber ...«
    »Willst du hier morgen wieder arbeiten?«, fragte Maura.
    »Oh«, sagte Grainne mit resigniertem Blick und holperte davon.
    Mein Blick traf den von Jasmine im Spiegel.
    »Meine Schwester«, sagte sie zur Erklärung.
    Ich lächelte nervös.
    »Wir sind uns also einig«, sagte sie

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