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Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Titel: Rachel im Wunderland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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einen nervösen Blick zu. Wahrscheinlich befand sie sich nur selten im selben Raum mit einer Frau, die attraktiver war als sie. Dann sammelte sie sich so weit, dass sie für mich und Dad ein professionelles, anteilnehmendes Lächeln zustande brachte.
    »Sie hat, ehm, in letzter Zeit, wissen Sie, mit Drogen und so ...«, sagte Dad.
    »Mmm, ja.« Sie nickte. »Dr. Billings erwartet Sie. Ich sage ihm, dass Sie hier sind.«
    Sie presste den Knopf der Sprechanlage, lächelte Dad strahlend und mich besorgt an, warf Helen einen finsteren Blick zu und sagte dann: »Er kommt sofort.«
    »Es ist doch nicht zu spät, oder?«, fragte Dad. »Für Rachel, meine ich. Man kann ihr doch helfen, oder?«
    Die Quirlige sah ihn überrascht an. »Das kann ich nicht sagen. Dr. Billings macht die Aufnahme, und nur er ist in der Lage ...«
    Entrüstet stieß ich Dad in die Rippen. Wieso fragte er dieses Kind, ob für mich Hoffnung bestand?
    Normalerweise tat mein Vater so, als wüsste er alles. Was hatte ich getan, dass er so verändert war?
    Während wir auf Dr. Billings warteten, nahm ich einen Hochglanzprospekt in die Hand, der auf dem Schreibtisch lag. »Cloisters. In den geschichtsträchtigen Wicklow Hills gelegen ...« Es las sich wie der Aufkleber auf einer Mineralwasserflasche.
    Dr. Billings sah John Cleese von Monty Python zum Verwechseln ähnlich. Er war ungefähr zwei Meter fünfzig groß und fast kahl. Seine Beine reichten ihm bis zu den Ohren, sein Po saß kurz unterhalb des Nackens, und seine Hose ging ihm bis zur halben Wade, wo sie den Blick auf mindestens zwanzig Zentimeter weiße Socken freigab. Er sah aus wie jemand, der nicht ganz dicht war. Später erfuhr ich, dass er Psychiater war. Das passte haargenau.
    Während Helen im Hintergrund hämisch kicherte, folgte ich ihm zur »Aufnahme« in sein Büro. Die darin bestand, dass wir uns gegenseitig davon zu überzeugen versuchten, dass es sich lohnte, mich aufzunehmen. Die meiste Zeit blickte er versonnen, sagte »hmhmm« und schrieb fast jedes Wort auf, das ich sagte.
    Es verwirrte mich ein bisschen, dass er keine Pfeife rauchte.
    Er fragte mich nach den Drogen, die ich nahm, und ich versuchte, ihm wahrheitsgemäß zu antworten. Also, mehr oder weniger wahrheitsgemäß. Merkwürdigerweise klang die Vielfalt und die Menge der Drogen, die ich nahm, so aus dem Zusammenhang gerissen, viel schlimmer, deswegen milderte ich die Sache ziemlich ab. Ich meine, ich wusste ja, dass ich meine Situation völlig unter Kontrolle hatte, aber wer weiß, ob er das kapierte. Er schrieb einiges auf eine Karteikarte und sagte so etwas wie: »Ich verstehe, ja, da haben Sie wirklich ein Problem.«
    Was ich gar nicht gern hörte. Besonders deswegen nicht, weil ich gelogen hatte. Bis mir einfiel, dass meine Drogensucht für ihn ein Einkommen von mehreren Tausend Pfund bedeutete.
    Dann tat er das, worauf ich schon die ganze Zeit gespannt wartete: Er stützte die Ellbogen auf den Tisch und legte die Finger zu einem spitzen Dreieck zusammen. Er beugte sich vor und sagte: »Rachel, Sie haben offensichtlich ein chronisches Drogenproblem und so weiter und so fort ...«
    Das hieß, er nahm mich auf.
    Anschließend gab er lauter Erklärungen ab.
    »Keiner zwingt Sie hierherzukommen, Rachel. Das hier ist keine Zwangseinweisung. Haben Sie bereits Erfahrung mit anderen Institutionen?«
    Ich schüttelte den Kopf. Eine bodenlose Frechheit!
    »Nun«, fuhr er fort, »bei vielen unserer Klienten ist das der Fall. Aber wenn Sie bereit sind hierherzukommen, erwarten wir, dass Sie gewisse Bedingungen einhalten.«
    Ach ja? Bedingungen? Was für Bedingungen, bitte?
    »Gewöhnlich bleiben unsere Klienten zwei Monate hier«, sagte er. »Manche wollen den Aufenthalt vielleicht vorzeitig abbrechen, aber wer aufgenommen wird, verpflichtet sich, mindestens drei Wochen zu bleiben. Danach kann jeder gehen, es sei denn, wir sind der Auffassung, dass er damit gegen seine eigenen Interessen handeln würde.«
    Was er sagte, verursachte in mir ein eisiges Kribbeln, ein kleines Angstgefühl. Ich hatte gar nichts dagegen, drei Wochen zu bleiben. Im Gegenteil, ich beabsichtigte ja sogar, die vollen zwei Monate auszuhalten. Aber was mir nicht gefiel, war sein Tonfall. Warum betrachtete er das alles so ernst? Und warum wollten manche Leute gehen, bevor die zwei Monate um waren?
    »Verstehen Sie diese Bedingung, Rachel?«, fragte er.
    »Ja, Dr. Cleese«, murmelte ich.
    »Billings«, sagte er stirnrunzelnd, griff nach meiner Karte und

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