Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)
Chris, der hinter mir war, schlug die Tür zu, damit Wind und Regen draußen blieben.
Wir waren in einem winzig kleinen Raum, der wunderbar warm war. Darin standen eine Waschmaschine und ein Trockner, die beide ihre Runden drehten. Der Lärm hallte von den Steinmauern und dem Fußboden zurück. Ich sah Chris erwartungsvoll an, weil ich dachte, er würde weitergehen.
»Wir können, wenn du so weit bist.« Ich lächelte, aber ich war ein wenig beunruhigt, weil es außer der Tür, durch die wir gekommen waren, anscheinend keine weiteren gab.
»Das solltest du zu einem Mann in meiner Lage nicht sagen.« Er lachte.
Ich versuchte ein Lächeln, aber es gelang mir nicht. Er legte seine kalte Hand auf die vibrierende Maschine, dann fuhr er sich mit beiden Händen durch die Haare.
»Puuh«, sagte er. »Du siehst, warum wir das die Sauna nennen.«
»Das hier ist die Sauna?«, fragte ich mit bebender Stimme.
»Ja.«
Ich sah mich um. Doch wo waren die Wände und Pritschen aus Kiefernholz, die großen, weichen Handtücher, die Poren, die sich öffneten und entgiftet wurden? Es gab nur diesen kleinen Raum mit den unverputzten Betonwänden, einem Betonboden und ein paar roten Plastikwäschekörben.
»Wie eine Sauna sieht es eigentlich nicht aus«, brachte ich heraus.
»Es wird nur Sauna genannt«, sagte Chris und musterte mich. »Weil es so heiß wird, wenn wir hier unsere Wäsche waschen, verstehst du?«
»Gibt es denn überhaupt eine Sauna?«, fragte ich und hielt die Luft an.
Und die Pause schien eine Ewigkeit zu dauern, bevor er antwortete: »Nein.«
Alles in mir brach zusammen. Aber es war dumpfe Verzweiflung, die ich spürte, keine helle Wut. Ich hatte es gewusst. Irgendwie hatte ich es immer gewusst. Es gab keine Sauna. Vielleicht gab es auch kein Fitnessstudio. Und keine Massage.
Bei dem Gedanken erfasste mich Panik.
»Können wir wieder in den Speiseraum gehen?«, fragte ich mit zitternder, schriller Stimme. »Kann ich dich was zu unserem Stundenplan fragen?«
»Klar.«
Ich packte ihn an seinem Sweatshirt, rannte los und zerrte ihn durch den Sturm. Diesmal hatte ich keine Phantasien, dass ich stürzen könnte. Ich stand schon vor dem Studenplan, lange bevor Chris ankam.
»Also gut«, keuchte ich, und mein Magen krampfte sich zusammen. »Hier, was hier steht, Gruppentherapie und noch mal Gruppentherapie und AA-Treffen und schon wieder Gruppentherapie ... gibt es sonst noch irgendwas, was nicht auf der Liste steht?«
Ich bemerkte, dass die anderen, um Neil gescharten, interessiert aufsahen.
»Zum Beispiel?«
Ich wollte nicht plump sagen: »Gibt es ein Fitnessstudio?« , falls es eben keins gab. Also näherte ich mich auf indirektem Wege: »Na ja, macht ihr hier manchmal Gymnastik?«
»Also, ich mache ab und zu ein paar Liegestütze«, sagte er, »aber was die anderen machen, weiß ich nicht.« Dann fügte er hinzu: »Aber ich glaube kaum, dass sie was machen.«
»Wo?«, fragte ich atemlos. »Wo machst du deine Liegestütze?«
»In meinem Zimmer, auf dem Fußboden.«
Wieder eine Hoffnung zerschmettert, aber noch war nicht alles verloren. Es gab also kein Fitnessstudio, aber vielleicht bekam man andere Anwendungen. Ich merkte, dass Chris den Wunsch hatte, nett zu mir zu sein, obwohl er meine Fragen nicht verstand, also wagte ich einen Sprung.
»Gibt es ...?« Ich zwang mich, es zu sagen. Sag es, sag es! »... ein Solarium?«
Im ersten Moment sah Chris so aus, als wollte er lachen. Dann nahm sein Gesicht einen unendlich mitleidigen und weisen Ausdruck an, und mit einem sanften Kopfschütteln sagte er: »Nein, Rachel, kein Solarium.«
»Keine Massage?«, flüsterte ich.
»Keine Massage«, bestätigte Chris.
Ich fragte gar nicht erst die ganze Liste durch, die ich im Kopf hatte. Wenn es schon keine Massage gab, was schließlich nichts Besonderes war, dann konnte ich mir sicher sein, dass es auch keine Algenkur, keine Schlammpackungen und sonstigen Anwendugen gab.
»Kein ... kein Schwimmbad?« fragte ich noch.
Um seinen Mund zuckte es leicht, aber er sagte nur: »Kein Schwimmbad.«
»Aber was macht ihr dann?«, fragte ich.
»Es steht alles hier auf der Liste«, sagte Chris, sodass ich meine Aufmerksamkeit wieder auf das Schwarze Brett lenkte.
Ich guckte wieder hin, aber es gab auch jetzt nur massenhaft Gruppentherapie und gelegentlich zur Abwechslung ein AA-Treffen. Als ich das Schwarze Brett anstarrte, fiel mir auf, dass der Speiseraum als Speisesaal bezeichnet wurde. Speisesaal, ich fass es
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